Jäger der Nacht (German Edition)
Wagen steigen und weiterfahren. Dann fiel ihr ein, dass eine Katze, die fähig war, ihren Wagen anzuhalten, wahrscheinlich auch klug genug gewesen war, ihn außer Betrieb zu setzen.
Etwas raschelte rechts von ihr und sie presste ihren Rucksack an sich, entspannte sich aber wieder, als nichts weiter geschah. Obwohl dies ein völlig unbekannter Ort war, fühlte sie sich wohler als in einer Stadt. Bei ihren seltenen Besuchen in Städten hatte sie sich danach immer gefühlt, als wäre ihr Gehirn durchlöchert worden – als hätte es unter Dauerbeschuss gestanden. Nach dieser Erfahrung war ihr Heim ihr nicht mehr wie ein Gefängnis, sondern wie ein sicherer Hafen vorgekommen.
Sie wandte noch einmal den Kopf, um die Gegend zu überprüfen, und spürte, wie sich jeder Muskel in ihrem Körper dabei anspannte.
Raubtieraugen starrten sie ganz ruhig an. Wäre sie ein Mensch gewesen, wäre sie wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen. Sie musste all ihre Kraft aufbringen, um ruhig zu bleiben. „Du bist sehr leise“, sagte sie und war sich der nur wenige Zentimeter entfernten tödlichen Gefahr nur zu bewusst. „Ich nehme an, das gehört zu den Qualitäten eines Leoparden.“
Ein leises, grollendes Knurren war die Antwort.
„Ich verstehe dich nicht.“ Womit hatte sie seinen Unwillen erregt?
Plötzlich lief der Leopard davon und ließ sie wieder allein. „Warte!“ Aber er war schon fort. Ihr Verstand sagte ihr, sie sollte jetzt aufstehen und weitergehen. Früher oder später würde sie auf ein weiteres Mitglied der DarkRiver-Leoparden treffen. Sie stellte den Rucksack auf den Boden, stand auf und ging ein paar Schritte in die Richtung, in der die Raubkatze verschwunden war, weil sie hoffte, dort einen Weg zu finden.
Eine Hand legte sich um ihren Hals und ein kräftiger Männerkörper schmiegte sich wie eine lodernde Flamme an ihren Rücken. Sie stand vollkommen still. Auch wenn er jetzt eine menschliche Gestalt angenommen hatte, wusste jede Faser in ihr, dass er noch dasselbe Raubtier war, das sie gerade angeknurrt hatte. Die Hand an ihrem Hals tat ihr nicht weh, aber sie spürte die Kraft und wusste, er hätte ihre Luftröhre zerquetschen können, ohne sich groß anzustrengen.
„Ich bin kein Leopard“, raunte er ihr ins Ohr und seine Stimme klang so rau, dass sie sich fragte, ob er das Tier wirklich schon vollständig abgelegt hatte.
„Oh!“ Der Irrtum überraschte sie nicht wirklich – sie hatte nicht die leiseste Ahnung vom Leben der Gestaltwandler. Sie waren in ihrer Welt bisher noch nicht aufgetaucht. „Es tut mir leid, wenn ich Sie gekränkt habe.“
„Wollen Sie nicht wissen, was ich bin?“
„Doch.“ Sie hätte auch gern sein menschliches Antlitz gesehen. „Kann ich mich umdrehen?“
Sein leises Lachen vibrierte in ihr und nahm sie gefangen. „So dunkel ist es nun auch wieder nicht, Rotfuchs – und ich habe nichts zum Anziehen dabei.“
Ihr Gehirn brauchte einen Augenblick, um diese Mitteilung zu verarbeiten. Aber dann war sie sich plötzlich der bloßen Hitze, die sein Körper ausstrahlte, unglaublich bewusst. Ein Teil von ihr, der sich nach neuen Erfahrungen sehnte, wollte sich umdrehen, aber sie wusste, es wäre der reine Wahnsinn gewesen. Dieser Mann würde wohl kaum intellektuelle Neugier in Bezug auf seinen Körper zulassen. Schließlich hatte er ihr fast den Garaus gemacht, weil sie ihn der falschen Gattung zugeordnet hatte.
„Bitte, lassen Sie mich los.“
„Nein.“
Das klare Nein überraschte sie. Niemand verweigerte ihr etwas, nicht auf diese Art. Man versuchte stets, es in eine höflichere Form zu kleiden. Dadurch war sie immer kooperativ und rational gewesen, hatte aber auch nicht gelernt, wie man sich in einer Welt verhielt, in der man nicht diesen Regeln folgte. „Warum nicht?“
„Warum sollte ich?“
Sie fasste nach der Hand, die um ihren Hals lag und zog daran. Es rückte und rührte sich nichts. Eine klare Botschaft: Er würde ihr nichts tun, aber er würde sie auch nicht loslassen. „Wenn Sie kein Leopard sind“, sagte sie, bemüht, ein normales Gespräch zu beginnen, „was sind Sie dann? Sie befinden sich doch auf dem Territorium der DarkRiver-Leoparden.“
„So ist es.“ Wie geistesabwesend strich er mit dem Daumen über ihre Haut. Sie unterdrückte ihre körperliche Reaktion im Keim. Wenn ihr Körper etwas spürte, würde ihr Verstand dieses Gefühl begreifen wollen, und das war völlig inakzeptabel.
„Sie gehören nicht zu den DarkRiver-Leoparden?“ Hatte
Weitere Kostenlose Bücher