Jäger der Nacht (German Edition)
mitfühlend zu erreichen, doch es schien keinerlei Wirkung zu haben. Als wäre Faith NightStar in einer harten Schale eingeschlossen und nichts käme hinei n – oder heraus.
„Warum sind Sie zu mir gekommen?“ Sascha hatte es geschafft, ihren mürrisch dreinblickenden Mann zu umrunden und stand nun direkt vor Vaughns Medialer.
Faith verlagerte ihr Gewicht auf den anderen Fuß, aber ihre Stimme blieb ruhig. „Sie sind die einzige mir bekannte Mediale, die mich nicht sofort dem Rat übergeben würde.“
Das Tier in Vaughn reagierte sofort auf die Einsamkeit, die aus Faiths Geständnis sprach – es konnte nicht verstehen, dass jemand so vollkommen alleine war. Obwohl er seinem Wesen nach ein Einzelgänger war, wusste er doch, dass jeder im Rudel sein Leben für ihn gelassen hätte. Lucas würde nicht einmal mit der Wimper zucken. Dasselbe galt für Clay und die anderen Wächter. Selbst die verdammten Wölfe würden ihn gegen jeden verteidigen, der kein Wolf war.
Sascha schüttelte den Kopf. „Was ich zu sagen habe, wird Ihnen vielleicht nicht gefallen.“
„Wenn ich gewollt hätte, dass man mir Lügen erzählt, wäre ich zum Rat oder zu meinem Clan gegangen.“
Vaughn fühlte unerwartet etwas Stolz in sich aufsteigen. Diese Frau vor ihm war zwar klein, aber sie besaß eine große Kraft.
„Ab wann wird Sie jemand vermissen?“
„Ich habe denen gestern gesagt, dass ich drei Tage lang nicht erreichbar sein werde, aber ich glaube nicht, dass sie so lange warten. Spätestens im Laufe des morgigen Abends werde ich wieder auf dem Gelände sein müssen.“
Sascha wandte den Kopf. Lucas beantwortete die wortlose Frage mit einem finsteren Blick, sah dann aber zu Vaughn hinüber. „Fällt dir etwas ein?“
„Die alte Hütte.“ Sie lag weit genug entfernt von den Schutzbedürftigen des Rudels und so versteckt, dass sie ungestört bleiben würden. „Wir müssen ihr die Augen verbinden. Sascha kann dafür sorgen, dass sie keine Medialentricks aus dem Hut zaubert.“
„Reden Sie nicht über mich, als wäre ich gar nicht da.“ Ein harscher Kommentar, aber Vaughn fragte sich, warum sie das gesagt hatte. Mediale waren normalerweise nicht gekränkt, denn dafür hätten sie ja etwas fühlen müssen.
„Irgendwas einzuwenden gegen eine Augenbinde?“
„Nein, falls Sascha mich führt.“
„Warum?“
„Lass Sie in Ruhe, Vaughn.“ Auf Saschas Stirn erschienen ein paar Falten. „Sie kann mit deiner Energie nicht umgehen.“
„Kommt nicht infrage, sie fasst dich nicht an.“ Vaughn blickte zu Lucas.
„Vaughn hat völlig recht. Wir wissen überhaupt nichts von ihr.“
Sascha wollte widersprechen und wandte sich um, aber Vaughn wusste, dass Lucas in diesem Punkt nicht nachgeben würde.
Lucas packte seine Frau am Handgelenk und sagte zu Faith: „Entweder Sie lassen sich von Vaughn führen oder Sie können gleich wieder gehen.“
Sascha war offensichtlich klar geworden, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen würde. „Er wird Sie nicht mehr als notwendig anfassen“, versuchte sie Faith zu beruhigen.
„In Ordnung.“ Faiths Haare flogen auf, als sie nickte. Da Vaughn so nahe bei ihr stand, konnte er nicht widerstehen und fuhr mit den Fingern durch dieses Feuer, das selbst im Dunkeln aufleuchtete. Sie erstarrte, obwohl sie die federleichte Berührung kaum hatte fühlen können.
„Fang!“ Sascha nahm ihren Schal und warf ihn hinüber.
Vaughn fing die behelfsmäßige Augenbinde auf und legte seine Arme um Faith. Sie bewegte sich nicht, als er den weichen Stoff über ihre Augen legte, obwohl er seine Brust an ihren Rücken presste. Er wollte sie provozieren, wollte sie reizen. Nie wäre er auf so einen Gedanken gekommen, wenn er geglaubt hätte, sie sei schwach und leicht einzuschüchtern. Diese Frau war trotz ihrer offensichtlichen Zartheit sicher stark genug, um es mit ihm aufzunehmen.
Doch während er den Schal verknotete, spürte er, wie sie in eine andere Art von Starre verfiel. Er stellte sich vor, wie es sich anfühlen musste – sie konnte nichts mehr sehen und musste darauf vertrauen, dass die, die sie erst seit zehn Minuten kannte, ihr nichts antun würden. Es sprach für sie, dass sie einfach nur ruhig dastand, als könne sie nichts erschüttern. Er wollte sie nicht noch mehr in die Enge treiben, nahm ihre Hand und ließ sie mit zwei Fingern in eine seiner Gürtelschlaufen greifen.
Ein leichter Zug war zu spüren, als sie ihre Finger einhakte. „Danke.“
„Auf geht’s.“
Während sie
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