Jäger der Nacht (German Edition)
Lucas und Sascha langsam zum Wagen folgten, sprach Faith ihn an. „Sie denken, ich hätte mir das ausgedacht. So ist es aber nicht.“
„Worum geht es dann?“
„Die Anfälle. Ich habe Aufnahmen von V-Medialen gesehen, die zusammenbrachen, nachdem sie zu vielen Berührungen ausgesetzt waren.“
Er verzog das Gesicht. „Wollen Sie mir erzählen, Sie sind noch nie angefasst worden?“
„Alle sechs Monate werde ich körperlich und geistig untersucht, da sind Berührungen unvermeidlich. Und natürlich brauche ich manchmal auch medizinische Betreuung.“ Sie stolperte und stützte sich mit einer Hand an seinem Rücken ab, um das Gleichgewicht wiederzufinden, eine flüchtige weibliche Berührung, die schon wieder fort war, kaum dass er sie gespürt hatte. „Entschuldigung.“
„Nur Ärzte berühren Sie? Sie wurden niemals in den Arm genommen?“
„Vielleicht als Kind. Die Erzieherinnen könnten so etwas getan haben.“
Trotz allem, was Sascha ihm über ihre Rasse erzählt hatte, konnte er sich immer noch nicht vorstellen, dass es eine solche unmenschliche Kälte tatsächlich geben sollte. „Wir sind am Wagen.“
Sie ließ sich von ihm in den Wagen bugsieren. Er setzte sich neben sie und zog die Tür zu; sie fuhren fast sofort los. Faith saß starr wie eine Statue neben ihm. Wenn er nicht gesehen hätte, wie sich ihre Brust hob und senkte, wenn er nicht den leichten weiblichen Geruch wahrgenommen hätte, hätte er gedacht, sie wäre aus …
Leichten weiblichen Geruch.
Das Tier ging in Lauerstellung. Anders als die Wachposten, deren Geruch er deutlich in der Umgebung ihres Hauses wahrgenommen hatte, roch Faith überhaupt nicht wie eine Mediale. Genau wie Sascha. Die meisten ihrer Rasse verströmten einen metallischen Gestank, der Gestaltwandler abstieß, aber nichts an Faith wirkte abstoßend, obwohl weder das Tier noch der Mann ihre Kälte besonders mochten. Das Fehlen des typischen Geruchs konnte reiner Zufall sein. Andererseits war es vielleicht ein Anzeichen dafür, dass diese Medialen noch nicht völlig unter der unmenschlichen Kontrolle von Silentium standen.
Neugierig lehnte er sich etwas zur Seite und sog noch einmal die Luft ein. Faith versteifte sich noch mehr und Sascha drehte sich zu ihm um. Er lächelte. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich wieder nach vorn.
„Warum glauben Sie, dass Ihre Gaben sich verändern?“, fragte er und rückte näher an sie heran, obwohl er wusste, dass sie es nicht mochte.
„Meine Vorhersagen betreffen normalerweise geschäftliche Dinge. Das hat man mir beigebracht, und so haben sich meine Fähigkeiten auch immer gezeigt.“
„Immer?“
Sie wandte ihm den Kopf zu, obwohl sie ihn nicht sehen konnte. „Glauben Sie mir etwa nicht?“
„Die Medialen können Gaben abtrainieren, die ihnen nicht gefallen.“ Ihre schöne Haut faszinierte die Katze in ihm. Sie sah so glatt und cremig aus, fast so, als könnte sie auch wie Sahne schmecken.
„Man kann die Fähigkeit zur Vorhersage nicht verlernen.“
„Nein, aber vielleicht kann man sie in bestimmte Bahnen lenken“, mischte sich Sascha ein. „Wenn man einem Kind etwas oft genug erzählt, glaubt es schließlich daran.“
Lucas strich mit seinen Fingern über ihre Wange und Vaughn hätte gern dasselbe bei Faith getan. So zart und unterkühlt, wie sie war, gehörte sie zwar nicht zu dem Frauentyp, der ihn normalerweise anzog, aber irgendetwas an ihr war unwiderstehlich faszinierend.
„In welchem Alter hat Ihre Ausbildung begonnen?“, fragte er seine Mediale. Er hatte sie zuerst gefunden, daher gehörte sie ihm. Das sagte die Katze in ihm und Vaughn wollte ihr nicht widersprechen.
„Mit drei Jahren kam ich in die Obhut des Clans.“
„Was heißt das?“
„Die meisten Kinder werden von einem oder beiden Elternteilen aufgezogen. Bei mir taten das die Schwestern und Ärzte des Clans. Zu meinem eigenen Besten – V-Mediale müssen isoliert leben, sonst werden sie geisteskrank.“
Sein Tier strich an den Wänden seines Verstandes entlang. „Sie haben Sie mit drei Jahren isoliert?“ Er streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern durch ihr Haar. Sie schien nicht zu reagieren, aber er spürte, wie angespannt sie war. Sehr schön. Er wollte sie durcheinanderbringen – die verdammte Schale, in der sie eingeschlossen war, machte ihn völlig verrückt.
„Ja, haben sie.“ Sie bewegte sich und die Haare glitten aus seinen Fingern. „Die Lehrer und Ausbilder, die ich brauchte, kamen alle zu mir. Ich
Weitere Kostenlose Bücher