Jäger der Schatten
Die größte Gefahr bestand darin, aufgrund des Verlangens nach Blut einen Menschen völlig leer zu saugen. Doch nachdem der Heilige Kuss vollzogen worden war, waren die Menschen für immer vor den Vampiren geschützt.
Demin starrte Paul an. Sein Hemdkragen war offen und sie sah es wieder. Direkt an seinem Hals. Die Triglyphe mit den Symbolen aus dem Geiselvideo. Das Schwert, das einen Stern durchbohrte, Luzifers Zeichen. Das Symbol für den Bund und zuletzt das Bild des Lamms.
Sie hatte es zum ersten Mal gesehen, als sie ihn in die Arme genommen und ihre Fangzähne in ihn gebohrt hatte. Sie hatte ihn auserwählt, sie hatte ihn zu ihrem Vertrauten gemacht. Sie hatte es aus Liebe und aus Pflicht getan. Er hatte sie gebeten, es nicht zu tu n – aber nur, um genau das Gegenteil zu erreichen, um ihren Entschluss noch zu verstärken.
»Du hast eins nicht bedacht«, sagte Demin und schwang ihr Schwert, »du bist kein Mensch.«
Paul versuchte, sie mit seinem Säbel abzuwehren, doch ihr Schwert schlug seine Waffe in zwei Hälften. Er rang nach Luft und fiel auf die Knie. Zum ersten Mal sah er ängstlich aus.
»Denk an deine Liebe zu mir!«, flehte er.
Demin sah erbarmungslos auf ihn herab. »Das tue ich«, sagte sie und stieß ihr Schwert tief in sein Herz.
Die Mätresse
Florenz, 1452
Der höchste Turm in Florenz war die unvollendete Kuppel der Basilika und noch einmal bestiegen Tomi und Gio das Mauerwerk oben auf dem Gebäude.
»Hier ist nichts«, sagte Gio und schüttelte den Kopf.
Tomi ging noch weiter am Rand der Mauer entlang. Sie sah durch das offene Dach in den nächtlichen Himmel hinaus. Dann kniete sie sich hin und klopfte den Steinboden ab. Er war hohl. Das Dach der Kuppel mochte noch nicht fertig sein, aber die Etage darunter war es.
»Die Treppe runter!«, rief Tomi. »Folge mir!«
Der oberste Treppenabsatz endete in einem leeren Gang, der zu einer Geheimtür führte. Tomi schlug dagegen und sie öffnete sich auf ihr Geheiß.
In dem Raum dahinter stand eine menschliche Frau. Sie galt als eine der größten Schönheiten in ganz Florenz. Ihr Porträt war von vielen bekannten Künstlern gemalt worden, die alle in sie verliebt waren.
»Simonetta!«, rief Tomi. Simonetta Vespucci war mit einem Edelmann aus dem näheren Umfeld der Medicis verheiratet und es wurde gemunkelt, dass sie die Mätresse des großen Lorenzo de Medici war. Sie war in der Stadt schon lange nicht mehr gesehen worden, und jetzt wusste Tomi auch, warum.
»Kommt mir nicht zu nahe!«, schrie Simonetta und hielt schützend die Hände vor ihren dicken Bauch. Sie war hochschwanger.
Als sie ihren Leib umfasste, bemerkte Tomi ein Zeichen an ihrem Arm. Es war dasselbe dreiteilige Symbol, das der Mann aus der Zitadelle getragen hatte.
Simonetta war nicht Medicis Mätresse.
»Wo ist dein Geliebter?«, fragte Gio. »Wo ist der Vater deines ungeborenen Kindes?«
Tomi wusste, wonach er in Wirklichkeit fragt e – in welcher Gestalt wandelte der Dunkle Prinz wieder auf Erden? Der Morgenstern war zurückgekehrt, das war sicher. Aber welche Erscheinung hatte er angenommen?
Als Simonetta antwortete, war Tomi nicht überrascht.
Das Baby war von Andreas.
Vierter Teil
41
Der Petruvianerorden
Skyler
S kyler fand einen Raum für Mari-Elena im Nordwestflügel von Santa Maria del Fiore, einem kleinen versteckten Nebengebäude des großen Basilika-Komplexes, in dem der Petruvianerorden untergebracht war. Sie hatten Florenz vor ein paar Stunden erreicht. Nachdem Skyler Ghedi aus dem Bann erlöst hatte, hatte er darauf bestanden, das Mädchen zu den Priestern zu bringen.
Es war eine Erleichterung, zurück in der Welt zu sein, und der Anblick der belebten italienischen Straßen und vielen Touristen, die den Platz bevölkerten, hatte sie wieder gestärkt.
Soweit sie und Jack feststellen konnten, waren nur noch sehr wenige Petruvianer übrig. Sie hatten bei ihrer Ankunft gerade mal eine Handvoll Priester gezählt. Die Geistlichen hatten sie in einem Zimmer neben Mari-Elenas untergebracht. Dort warteten sie, bis die heiligen Männer bereit waren, sie zu empfangen.
Es klopfte an der Tür und ein weiterer junger afrikanischer Priester betrat den Raum. »Wir sind so weit. Bitte folgt mir.«
Er führte sie durch dunkle Gänge in einen einfachen Raum mit einem Tisch und ein paar Stühlen. Ghedi und zwei ältere Priester erwarteten sie bereits.
Skyler und Jack setzten sich ihnen gegenüber.
»Ich bin Pater Arnoldi. Ich kann verstehen, dass ihr Pater
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