Jäger des Einhorns
auf die riesige, steile Felsformation im Westen der Insel Quin geworfen hatte, ging der Kurs genau nach Norden.
Casson, der so gut wie nur irgend möglich einem Lyrländer ähnlich war, unterhielt sich bis in die späten Nachtstunden mit Rauco.
Als die Männer den letzten Becher leerten, sagte Rauco:
»Denke daran! Wenn wir die Leuchttürme der beiden Widder passiert haben, seid ihr allein. Ich werde euch kaum helfen können!«
»Wir kennen die Schwierigkeiten.«
Von Rauco hatte Casson alles erfahren, was er für einen Besuch dieser Stadt wissen mußte. Er hoffte es wenigstens. Er war sicher, daß es ihm als Begleiter des angeblichen Luminaten ebenso wie den anderen Kriegern gelingen würde, Ausrüstung und Waffen mitzunehmen.
Für die letzte Nacht an Bord des Schiffes vertraute er sich der Wachsamkeit der Zaketer an.
Im nächsten Zwielicht sahen sie alle die Umrisse der Insel aus dem morgendlichen Nebel hervortreten. Hellrot flackerten die Feuer der hohen Leuchtfeuer. Über dem stillen Wasser der Flußarme lag der graue Rauch aus vielen Feuerstellen.
Fröstelnd hüllte sich Rauco in den bodenlangen Umhang. Tautropfen hatten sich auf dem dritten Auge niedergeschlagen. Im Windschutz der Insel war eine deutliche Trennungslinie zwischen kräftigen Wellen und fast glattem Wasser auszumachen. Die langen Riemen wurden aus den Pforten des Unterschiffs herausgeschoben.
Kein einziger Laut war aus der Richtung der Stadt zu hören. Undeutlich erkannte Casson die einzelnen Inselbezirke, deren Gebäude sich über das Wasser erhoben. Die Mannschaft des kleinen Schiffes verließ rasch das Heck der Ayadon und bemannte lautlos Ruder, Segel und Riemen des Schiffes aus Lyrland.
Das Tau wurde eingeholt.
Dann wurden beide Schiffe auf die mittleren Leuchttürme zugerudert. Die Kommandos und die Geräusche von Riemen und Wellen hallten über das stille Wasser. Hinter den dichten Nebeln erhob sich leuchtendgelb die Sonne.
3.
Das Delta aus mehreren, von wuchtigen Mauern, Dämmen, Gebäudefronten und den zahlreichen Fundamenten eingegrenzten Flußarmen des Ca’Tuhan lag vor ihnen. Aus dem Mittelteil des Hafens, zwischen beiden schlanken Türmen hindurch, schoß ein schlankes Boot hervor, von zweimal sechs Männern gerudert.
»Geradeaus«, rief Rauco aus dem Heck herunter, »liegt die Hauptinsel. Du weißt, daß jedes Hafenbecken seinen eigenen Turm hat, ein eigenes Feuer brennt.«
Casson hob, als Zeichen, daß er verstanden hatte, den Arm. Er stand am Ruder des Schiffchens.
Das schnelle Boot, in dem ein vierschrötiger Mann stand und herrische Gesten machte, näherte sich der Ayadon. Deren Segel waren zwar schlaff und feucht vom Tau, ließ aber das Bildnis deutlich erkennen.
»Wohin wollt ihr?«
»Wir bringen Botschaft aus Lyrland. Wir halfen dem Luminaten«, rief Rauco. »Wichtige Botschaft, ich denke, für die Magier!«
»Dann rudert dort hinüber! Unter der Brücke hindurch.«
»Fährst du vor uns?«
»Nein. Ihr findet es leicht. Vor dem Widderköpfigen dort, nach links, oder wie ihr sagt: nach Backbord.«
»Wir danken. Wie ist es bei euch – heute, in diesen Tagen?«
»Nichts Besonderes. Ruhe herrscht in der Stadt.«
Die Ayadon drehte ebenso wie das namenlose Schiff nach Steuerbord und wurde auf den Turm zu gerudert. Im Kielwasser folgte das Schiffchen. Die monströsen Mauern, deren Sockel von Linien gezeichnet waren, waren fast schwarz von Feuchtigkeit.
Die Schiffe bewegten sich an einer Böschung entlang, die mit riesigen Quadern gepflastert war. In den breiten Spalten wuchsen Bäume und Gebüsch. Unter der geschwungenen Brücke ruderten sie einige Steinwürfe weit und bogen dann in den Hafen ein.
Casson deutete einmal hierhin, einmal dorthin, und als der wuchtige Rumpf der Ayadon an ihm vorbei war, sah er, vor Buganker und am Heck mit zwei Springleinen belegt, die Stolz von Logghard. An Bord zeigte sich nicht die Spur von Leben.
Casson und seine abenteuerlich aussehenden Begleiter wechselten lange, schweigende Blicke.
»Hier sind sie also«, brummte Casson, steuerte um die beiden Schiffe herum und drehte das Schiff so, daß sie es am Heck belegen konnten. Um die eigentlichen Hafenanlagen erstreckten sich ausgedehnte Grünflächen. Auf schwellenden Graspolstern stolzierten farbenprächtige Vögel. Riesige Bäume überragten die langgestreckten, säulengeschmückten Nebengebäude. Zwischen den Bauwerken ragten düstere Tempel auf, die so aussahen, als würden die eigentlichen Bewohner der Stadt dort selten
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