Jäger des verlorenen Schatzes
in seiner Gegenwart wurde. Nach einiger Zeit sagte Dietrich: »Es geht gut voran, nicht wahr?«
Belloq nickte und legte wieder die Hand über die Augen. Er dachte an etwas anderes, das ihn störte. Es war die Nachricht, die einer von Dietrichs Lakaien aus Nepal mitgebracht hatte. Indiana Jones.
Natürlich hätte er sich denken können, daß Jones früher oder später zur Stelle sein würde. Jones war ein Ärgernis, auch wenn die Rivalität zwischen ihnen stets mit einer Niederlage für ihn endete. Er ist zu wenig verschlagen, dachte Belloq. Der Instinkt fehlt ihm. Genau das, worauf es ankommt.
Aber nun war er mit dem Mädchen, Ravenwoods Tochter, in Kairo gesehen worden.
Dietrich drehte sich zu ihm herum und sagte: »Sind Sie in der anderen Sache zu einer Entscheidung gelangt?«
»Ich denke schon«, sagte Belloq.
»Ich nehme an, es ist die Entscheidung, mit der zu rechnen war.«
»Man sollte nie voreilig sein, mein Freund.«
Dietrich sah den anderen stumm an.
Belloq lächelte. »Aber in diesem Fall haben Sie vermutlich recht «
»Soll ich mich darum kümmern?«
Belloq nickte. »Ich glaube, die Einzelheiten kann ich Ihnen überlassen «
»Versteht sich«, sagte Dietrich.
Kairo
Die Nacht war warm und windstill, die Luft wie Vakuum, trocken, schwer zu atmen, als sei untertags die ganze Feuchtigkeit verdunstet. Indy saß mit Marion in einer Kaffeestube und blickte immer wieder zur Tür.
Stundenlang waren sie durch Seitenstraßen und Gassen gelaufen, hatten sich von den Hauptstraßen ferngehalten - und trotzdem hatte er das Gefühl, ständig beobachtet zu werden. Marion wirkte erschöpft und ausgelaugt, ihre langen Haare waren feucht vom Schweiß. Indy konnte nicht übersehen, daß sie immer ungeduldiger mit ihm wurde. Sie starrte ihn jetzt über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg vorwurfsvoll an. Er beobachtete die Tür, sah sich jeden genau an, der hereinkam oder hinausging, und drehte ab und zu das Gesicht nach oben, um die schwache Luftbewegung aufzufangen, die vom Deckenventilator kam.
»Du könntest wenigstens den Anstand haben, mir zu sagen, wie lange wir noch so herumschleichen«, sagte Marion.
»Tun wir das?«
»Daß wir uns verstecken, sieht doch ein Blinder, Indiana. Ich frage mich langsam, warum ich aus Nepal weggegangen bin. Mein Geschäft lief schließlich sehr gut, und deinetwegen ist der Laden abgebrannt.«
Er sah sie an und lächelte. Es gefiel ihm, daß sie so lebhaft wurde, wenn sie in Zorn geriet. Er griff über den kleinen Tisch und berührte ihre Hand. »Wir verstecken uns vor solchen Burschen, wie wir sie in Nepal am Hals hatten.«
»Na schön, das sehe ich ein, aber wie lange soll das dauern?«
»Bis ich das Gefühl habe, daß es sicher ist, zu gehen.«
»Wohin? Was hast du im Sinn?«
»Ich bin nicht völlig ohne Freunde.«
Sie seufzte und leerte ihre Tasse, lehnte sich zurück und schloß die Augen. »Weck mich, wenn du dich entschlossen hast, ja?«
Indy stand auf und zog sie hoch. »Es ist soweit«, sagte er. »Wir können gehen.«
»Mensch«, murrte sie. »Gerade, wenn ich mich auf Schönheitsschlaf einrichte.«
Sie traten hinaus in die Gasse, die fast völlig verlassen war.
Indy blieb stehen und blickte nach links und rechts, dann griff er nach ihrer Hand und zog sie mit.
»Würdest du mir vielleicht verraten, wohin wir gehen?«
»Zu Sallah.«
»Und wer ist Sallah?«
»Der beste Ausgräber in ganz Ägypten.«
Er konnte nur hoffen, daß Sallah noch im selben Haus lebte. Und dahinter verbarg sich eine zweite Hoffnung, eine tiefergreifende, nämlich die, daß Sallah bei den Ausgrabungen in Tanis beschäftigt war.
Er blieb an einer Ecke stehen, wo zwei schmale Gassen abzweigten.
»Dahin«, sagte er und zog Marion mit.
Sie seufzte, gähnte breit und ließ sich mitzerren.
In den Schatten hinter ihnen bewegte sich etwas, lautlos über den Boden huschend, bemüht, dem Paar auf den Fersen zu bleiben.
Indy wurde in Sallahs Haus begrüßt, als hätten sie sich erst vor wenigen Wochen zum letztenmal gesehen.
Dabei lag das Jahre zurück. Trotzdem hatte Sallah sich kaum verändert. Dieselben klugen Augen im braunen Gesicht, dieselbe energische Fröhlichkeit, die gleiche Gastfreundlichkeit und Wärme. Sie umarmten sich, und Sallahs Frau Fayah, groß und breit, bat sie ins Haus. Die Herzlichkeit der Begrüßung berührte Indy tief. Er fühlte sich im Haus sofort wohl. Als sie sich im Eßzimmer an den Tisch setzten und Speisen vorgesetzt bekamen, die Fayah mit Windeseile
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