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Jäger des verlorenen Schatzes

Jäger des verlorenen Schatzes

Titel: Jäger des verlorenen Schatzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campbell Black
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hoffte, rasch einschlafen zu können - aber die Erschöpfung in ihm schien so groß zu sein, daß der Schlaf sich nicht einstellen wollte.
    Er warf sich ruhelos herum. Warum konnte er nicht aufhören zu denken und einfach schlafen? Du gibst der Versuchung nicht nach, Indy? Er preßte die Fäuste auf die Augen, warf sich herum, aber was er vor sich sah, war Marion in ihrem Bett. Er stand auf, ging zur Tür und öffnete sie. Leg dich wieder hin, Indy, ermahnte er sich. Du weißt nicht, was du tust.
    Er trat in den Korridor hinaus und ging langsam zu Marions Zimmer. Ein Einbrecher auf Zehenspitzen, dachte er. Vor ihrer Tür blieb er stehen. Kehr um. Leg dich ins Bett, auch wenn du nicht schlafen kannst. Er drückte die Klinke nieder, betrat das Zimmer und sah sie auf dem Bett liegen. Mondlicht durchflutete das Zimmer, wie der silberne Widerschein von den Schwingen eines riesigen Nachtfalters. Marion rührte sich nicht. Sie lag auf dem Rücken, das Gesicht zur Seite gedreht, die Arme auf dem Bauch. Das Licht warf sanfte Schatten auf ihren Mund. Geh zurück, dachte er. Mach schon.
    Wunderschön. Sie sah so schön aus, so ungeschützt. Eine schlafende Frau im Mondlicht, man hätte schwindlig werden mögen. Er ertappte sich dabei, daß er zum Bett ging und sich auf den Matratzenrand setzte. Er starrte auf ihr Gesicht, hob die Hand, berührte ihre Wange mit den Fingerspitzen. Sie schlug sofort die Augen auf.
    Lange Zeit schwieg sie. Ihre Augen waren schwarz. Er legte den Finger an ihre Lippen.
    »Du willst wissen, warum ich hier sitze, nicht?« fragte er leise.
    »Ich kann es kaum erraten«, gab sie zurück. »Willst du mir die Zusammenhänge von Mr. Roosevelts New Deal erklären? Oder vielleicht erwartest du, daß ich dir im Mondlicht in die Arme sinke.«
    »Ich erwarte gar nichts.«
    Sie lachte. »Das ist nicht wahr. Jeder erwartet etwas. Das habe ich inzwischen gelernt.«
    Er griff nach ihrer Hand. Sie zitterte ein wenig.
    Sie sagte nichts, als er den Kopf senkte und sie auf den Mund küßte. Sie erwiderte den Druck seiner Lippen kurz, fest und ohne Erregung. Er hob den Kopf und sah sie an. Sie setzte sich auf und zog ein Laken hoch. Ihr Nachthemd war durchsichtig, man sah ihre Brüste - feste Brüste, nicht mehr die einer Heranwachsenden.
    »Ich möchte, daß du gehst«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Der Grund ist unwichtig.«
    Indy seufzte. »Haßt du mich wirklich so sehr?«
    Sie starrte zum Fenster hinüber. »Schöner Mond«, sagte sie.
    »Ich habe dich etwas gefragt.«
    »Du kannst nicht einfach wieder in mein Leben hineintrampeln, Indy. Du kannst nicht alles umwerfen, was ich mir aufgebaut habe, und erwarten, daß ich da anknüpfe, wo wir aufgehört haben. Begreifst du das nicht?«
    »Doch«, sagte er.
    »Mein Vortrag ist zu Ende. Jetzt brauche ich Schlaf. Also geh.«
    Er stand langsam auf.
    Als er an der Tür war, hörte er sie sagen: »Ich will dich auch. Spürst du das nicht? Laß uns Zeit, ja? Wir wollen sehen, was geschieht.«
    »Gewiß.« Er trat hinaus in den Korridor und schien nicht fähig zu sein, den Widerhall der Enttäuschung, die in seinem Kopf dröhnte, zum Schweigen zu bringen. Er stand im Mondlicht, das durch das Fenster am Ende des Flurs hereindrang, und während seine Begierde nachließ, fragte er sich, wie dumm das gewesen war, was er getan hatte. Aber es ist nicht meine erste Narretei, dachte er.
    Als er fort war, konnte sie nicht mehr schlafen. Sie saß am Fenster und starrte auf die Silhouette der Stadt, ihre Kuppeln, Minarette und flachen Dächer. Warum mußte er so früh kommen? Geduld war seine starke Seite nicht, wie? In Herzensdingen war er so unbekümmert wie in allen anderen. Er konnte nicht begreifen, daß andere Menschen Zeit brauchten; letztere mochte nicht alle Wunden heilen, aber viele. Sie, Marion, konnte sich nicht einfach aus der Vergangenheit herausreißen und wie ein fremdes Geschöpf von einer fernen Galaxie in Indiana Jones' ruppige Gegenwart treten Das mußte sanfter vor sich gehen.
    Wenn überhaupt etwas geschehen konnte.
     
    Die Gestalt huschte durch den Abstellraum, wo Indy und Marion ihre Koffer zurückgelassen hatten. Hände befühlten Kleidungsstücke, öffneten Gepäckstücke, holten Papiere heraus, untersuchten sie gründlich, kramten.
    Die Erscheinung fand nicht, was sie suchte. Sie wußte, daß sie etwas ganz Bestimmtes finden mußte - eine Zeichnung, einen Gegenstand, es spielte keine Rolle, solange die Form die richtige war. Als nichts zu finden war, begriff die

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