Jäger: Thriller (Ein Marina-Esposito-Thriller) (German Edition)
schien kurz davor einzulenken. Doch dann machte er sich von ihr los und stand auf. Er wandte sich von ihr ab und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen.
»Das war echt nicht schlecht«, sagte er und lachte. Es war kein angenehmes Lachen. »Ich bin alles, was du hast.« Er ging umher und nickte dabei, als fände in seinem Kopf noch eine ganz andere Unterhaltung statt. »Alles, was du hast …« Er fuhr zu ihr herum. Zeigte mit dem Finger auf sie. »Und wo hast du all die Jahre gesteckt? Na? Wo warst du, als ich ganz allein war, als ich …« Er schüttelte aufgebracht den Kopf, als wolle er etwas abschütteln. »Klar. Ich weiß, wo du warst. Bei deinem Lover, dem Bullen.« Er spie die Worte förmlich aus. »Bei deinen tollen Freunden von der Uni. Klar. Du wolltest nichts mehr mit mir zu tun haben, stimmt’s? Mit keinem aus der Familie.« Er wandte sich ab und setzte sich erneut in Bewegung.
»Das beruht ja wohl auf Gegenseitigkeit, Sandro«, sagte sie und stand vom Bett auf. »Wo warst du denn die ganze Zeit?«
Er drehte sich wieder zu ihr um. Sein Gesicht war vor Zorn gerötet, und er kam ihr ganz nahe. »Du wolltest doch gar nichts von mir wissen. Du wolltest mit uns allen nichts mehr zu tun haben. Das hast du doch unmissverständlich klargemacht. Weil wir nicht gut genug für dich waren.«
»Das … das ist nicht wahr …«
»Und ob das wahr ist, verdammte Scheiße noch mal! Du hast dich für uns geschämt. Das hast du selbst gesagt.«
Marina schwieg. Sandro funkelte sie an. Fasste ihr Schweigen als Zustimmung auf.
»Siehst du?« Wieder ein freudloses Lachen. »Sag ich doch.«
Ihre Verletztheit wich Wut. So etwas würde sie sich von ihm nicht sagen lassen. »Ach ja? Vielleicht habe ich mich wirklich für was Besseres gehalten. Und weißt du, was? Vielleicht hatte ich auch allen Grund dazu. Ich wollte nämlich was aus mir machen. Irgendwas Sinnvolles mit meinem Leben anfangen. Nicht nur mit diesem widerlichen Mistkerl zu Hause sitzen und mich von ihm verdreschen lassen.«
Sandro sagte nichts, sondern drehte ihr erneut den Rücken zu.
Sie folgte ihm. So einfach wollte sie ihn nicht davonkommen lassen. Sie senkte die Stimme. Versuchte, an seine Vernunft zu appellieren. »Und jetzt bin ich hier. Und ich bitte dich, mir zu helfen. Bitte.«
Er schnaubte. »Bitte? Jetzt bettelst du auf einmal. Du brauchst meine Hilfe, und ich soll springen? Hast du dir das so vorgestellt? Du schnippst mit den Fingern, und ich komme gleich angerannt. Ja? Weiß du was? Leck mich doch am Arsch.«
Sie starrten sich an. »Du klingst genau wie unser Vater.«
Er hob den Arm und holte aus. »Ich sollte dir echt eine scheuern …«
»Du bist wie er. Haargenau wie er.« Sie sah ihn mit unverhohlener Verachtung an.
Etwas in Sandros Augen brach. »Nein, bin ich nicht. Ich bin nicht …« Seine Stimme zitterte, als versuche er vergeblich, sich von der Wahrheit seiner Worte zu überzeugen. »Ich bin kein bisschen so wie er …«
Sie trat ganz nahe an ihn heran. Ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. »Dann beweis es. Beweis mir, dass du anders bist.«
»Sei still.« Er sah sie an. Seine Augen schimmerten glasig.
»Zeig mir, dass du anders bist, und hilf mir, meine Tochter zu finden.«
Er machte einen Versuch, sie anzusehen, brachte es jedoch nicht über sich. Er drehte ihr den Rücken zu. »Geh einfach«, sagte er. »Hau ab.«
Marina rührte sich nicht vom Fleck.
»Ich hab gesagt, geh …« Sandro knurrte fast vor Wut.
»Also schön«, sagte sie und bewegte sich auf die Tür zu. »Ich gehe. Und du kannst hierbleiben und zusehen, wie du klarkommst. Genau wie Vater. Kannst wirklich stolz auf dich sein.«
»Halt den Mund …«
Sie war bei der Tür angekommen und drehte sich noch einmal um. »Ich bin nur froh, dass Mutter nicht mehr am Leben ist und dich so sehen muss.«
»Was?« Sandro zuckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen.
»Du hast mich gehört.« Sie griff nach der Türklinke. Sie hörte ihn hinter sich tief Luft holen. Es klang wie der letzte Atemzug eines Sterbenden. Oder der erste eines neugeborenen Kindes.
»In Ordnung.«
Sie drehte sich um. »Heißt das, du hilfst mir?«
Er hielt sich die Hände vor die Augen. Konnte sie nicht ansehen.
»Was soll ich machen?«
64 Jessie hatte gerade mit der Befragung von Dee Sloane begonnen. Deepak saß neben ihr.
»Fahren Sie einen Fiat Punto?«
Bei dieser Frage weiteten sich Dee Sloanes Augen unwillkürlich. Ihre Antwort kam stockend. »Nein … Was hat
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