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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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beim
Rodeo, ehe er in die Arena gelassen wird.
    Stuart und Norton stellten sich in Positur. Ich fing an, mich
auszuziehen, jedoch langsam. Schiebe das Unvermeidliche so lange wie
möglich hinaus.
    Die Verwalterin ging zu einem der Belüfter und nahm ein
schwarzes Rohr mit einer Messingdüse in die Hand. Zwei
Schläuche hingen von dem Rohr herab, von denen einer in das
Bassin mündete und der andere sich zu einer Reihe von
Rohrstutzen aus Messing in der hinteren Wand schlängelte.
    Sie inspizierte die Düse, die aussah wie ein Duschkopf und
ihre Billigung zu finden schien. Als sie das Sperrventil vorsichtig
aufdrehte, quoll ein kleiner Klumpen einer glibberigen Masse auf ihre
Handfläche. Sie näherte sich Rob, den Norton fest im
Schwitzkasten hatte. Selbst wenn man den Altersunterschied
berücksichtigte, war es kein fairer Kampf.
    Rob bog den Kopf zurück. Behutsam wie eine Kosmetikerin, die
Make-up aufträgt, tunkte die Verwalterin den Finger in die
glibberige Masse und schmierte sie um Robs Augen und unter seine
Lippen. Als er den Kopf zur Seite warf, malträtierte Norton
seine Ellbogen, bis er aufstöhnte. Mit kräftigen Strichen
schmierte sie die grünliche Masse auf sein Zahnfleisch, seine
Wangen, seine Schläfen und unter sein Kinn, wobei ihre Arme so
schnell wie Wespenflügel flatterten.
    »Gier und Dummheit«, sagte sie, »gehören der
alten Geschichte an.«
    Die Melone ließ Rob los, der sofort anfing, sich mit
panischen Bewegungen das Gesicht abzuwischen.
    Inzwischen hatte ich mein Hemd ausgezogen.
    Die Verwalterin zielte mit der Düse auf mich. »Das
genügt«, sagte sie und drehte das Ventil ganz auf. Das Zeug
brannte, als es wie Farbe aus einer Spritzpistole auf meine Haut
klatschte. Ich spürte ein Prickeln und saugte unabsichtlich
etwas von dem Glibber in Nase und Mund, hustete, keuchte, würgte
und versuchte, es wieder auszuspucken. Ich fiel auf den Rücken,
wischte mir die Augen aus, schleuderte die klebrigen
Schleimfäden auf den Boden und die Seitenwand eines Bassins.
    »Ich war seit 1924 Maxim Golochows Studentin und Assistentin.
1936 wurde ich seine Frau. Berija und Stalin waren Gäste bei
unserer Hochzeit. Wir lebten lange Jahre in Irkutsk und in Moskau und
unser Leben bestand aus Arbeit und Lernen. Fast jeden Tag lernten wir
Neues.«
    Verschwommen sah ich, während ich auf ihren nächsten
Schritt wartete, dass sie immer noch weinen konnte. »Nachdem wir
unsere Arbeit in Russland abgeschlossen hatten, nach unserer Flucht,
half ich ihm, diese Einrichtung hier aufzubauen. Das Politbüro
wollte nichts mit uns zu tun haben, obwohl wir die Leute gerettet
hatten. Maxim war ein mutiger Mann, aber er hatte andere Dinge im
Kopf als unsere Ehe. 1965 ging er auf die Inseln und ließ mich
hier zurück, als Verwalterin. Ich verdiente meinen
Lebensunterhalt damit.«
    Das Brennen ließ nach.
    Ich begann, Gefallen am Klang ihrer Stimme zu finden. Sie
inspizierte meine Augen, meine Nase und Lippen wie ein Tierarzt, der
einen Hund untersucht. »Ihr Freund hat Sie mit irgendwas
behandelt, mit einem Gegenmittel vielleicht?«, erkundigte sie
sich mit vertraulich gesenkter Stimme.
    Als ich nickte, troff Schleim von meinem Kinn.
    »Aber nicht fachkundig. Mögen Sie mich?«
    Ich mochte sie – wirklich.
    »Rob Cousins ist ein toter Mann. Verstehen Sie das? Verstehen
und fühlen Sie, warum?«
    Ihre Stimme war wirklich eine Wucht. Ich fühlte mich wie ein
alter Baum, der jeden Augenblick umkippen würde, aber irgendwie
blieb ich auf den Beinen.
    »Sie sind mit Kleinen Müttern bedeckt, die überall
auf Ihrer Haut und bald auch in Ihrem Körper eine ganze Palette
chemischer Substanzen produzieren werden. Substanzen, die Sie
gefügig machen und Ihnen einflüstern, was Sie tun sollen.
Es ist nicht unangenehm, oder?«
    Es war tatsächlich nicht unangenehm. Ich fühlte mich
inzwischen ziemlich gut. Selbstsicher und zuversichtlich.
    »Hören Sie mir zu, Mr. Bridger. Ich sage Ihnen die
Wahrheit. Und dann verrate ich Ihnen, was Sie tun sollen.«
    »Machen Sie ein bisschen schneller!«, sagte Stuart.
»Woher wollen Sie wissen, dass die Droge tatsächlich wirkt?
Silk konnte sie nicht kirre machen.«
    »Mein Mann könnte noch einiges von mir lernen«,
entgegnete sie. »Allerdings glaube ich nicht, dass er noch mit
dem Herzen bei der Sache ist. Vielleicht weiß er mittlerweile
alles, was er wissen will.« Ich hätte schwören
können, dass ein süffisantes Grienen über dieses
verwelkte, faltige Gesicht huschte. Sie sah mich an.

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