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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Kafkaville
zurückversetzt.
    »Und es hat nicht gewirkt?«
    »Ich bin noch hier und werde es auch noch in hundert Jahren
sein, falls ich keinen Unfall habe… oder die Kontrolle
verliere.«
    »Aber Sie sagten, dass Sie wahnsinnig wurden.«
    »Man geht durch die grauenvollsten Tore, um dem Tod zu
entkommen.« Die Verwalterin seufzte wie ein kleines Kind.
»Ich erinnere mich noch an die Zeit unserer Zusammenarbeit,
daran, wie er sich während meines Zwischenstadiums um mich
kümmerte, mich pflegte, aus meinem Beispiel lernte und seine
Behandlungen änderte, um die offenkundigsten Nebenwirkungen zu
beseitigen. Es war ein Fehler von ihm, mich hier zurückzulassen.
Ich hätte ihm helfen können, den Kleinen Müttern
zuzuhören. Das ist das Wichtigste dabei, nicht wahr?«
    »Ihnen zuhören – wo?«
    »Unten. In den Tanks. Alles andere, was wir gemacht haben,
war falsch. Er hat mich zu dem hier gezwungen. Maxim hat sich
geirrt.«
    Nortons Augenbrauen zuckten. »Zeitverschwendung«,
knurrte er.
    »Sagen Sie mir, welche Fehler ich gemacht habe«,
verlangte Rob und seine Miene war dabei so konzentriert wie die einer
Katze über einer Schüssel Milch. »Er muss noch an
anderen Vorhaben gearbeitet haben, an anderen Forschungsprojekten.
Wie können wir vermeiden, dieselben Fehler wie er zu
machen?«
    Die Verwalterin blickte zu Norton hinüber.
    »Geschissen drauf. Erzähl hier keine Romane«,
schnaubte Norton und bohrte den Lauf seiner Pistole in Robs Nacken.
»Wie blockierst du die Markierung?«
    Rob blinzelte. Wir befanden uns auf Messers Schneide. Und er
entdeckte soeben, was Mut ist.
    »Wie?«, insistierte Norton.
    Die Verwalterin hob ihre Hand. So unscheinbar diese Geste auch
war, sie ließ Norton zurückweichen – doch nicht
für lange. »Arbeiten Sie mit uns zusammen?«, fragte
sie.
    »Es liegt auf der Hand, dass wir von unserem Wissen
gegenseitig profitieren könnten.«
    Rob blinzelte gequält und schüttelte entschieden den
Kopf. »Niemals.«
    »Geben Sie denen, was sie wollen!«, schrie ich.
    »Die brauchen mich doch gar nicht«, erwiderte Rob.
»Das ist alles nur eine Farce.«
    »Wir mussten es wenigstens versuchen«, sagte die
Verwalterin. »Wir sind keine Ungeheuer, wissen Sie?« Sie
wandte sich zu der Wand mit den Fotos um und neigte den Kopf nach
rechts und links, als habe sie alles andere ausgeblendet.
    »Sagen Sie es ihnen«, beschwor ich Rob. »Geben Sie
ihnen irgendwas.«
    Norton wedelte mit seiner kleinen Pistole. »Also los.«
Die Verwalterin drehte sich auf ihren winzigen Füßen um
und schwebte aus dem Büro.
    Wir standen auf und traten auf den Hauptkorridor hinaus, wo Stuart
auf uns wartete.
    »Fertig?«, fragte er mich.
    •
    An einer breiten Tür blieben wir stehen. Dahinter lag ein
Raum, der aussah, als sei hier früher einmal ein türkisches
Bad gewesen. Glatte graue Oberflächen, die entlang der
Wände zu Sitzbänken anstiegen. Sieben blaugraue, gekachelte
Bassins, jedes etwa doppelt so groß wie eine Badewanne, nahmen
das Zentrum des Raums ein. Zwischen zwei Reihen von je drei Bassins
stellte eines die Verbindung her, so dass dieses Arrangement wie ein
H aussah. Eine dunkle, zähe Flüssigkeit wallte, von
unsichtbaren Schaufeln bewegt, in den Bassins auf. Lange, mit
Belüftern verbundene Schläuche hingen seitlich von den
Becken herab. Ich konnte leise blubbernde Geräusche hören.
Der Raum lag zum größten Teil im Dunkeln.
    »Ziehen Sie sich aus«, sagte die Verwalterin.
    Die Luft roch vage nach Dschungel. Nach Meerwasser in einem
fauligen Gezeitentümpel. Nach frischem Schweiß auf Janies
Armen an einem heißen Sommertag. Ich konnte nicht alle
Gerüche, die aus den Wannen stiegen, identifizieren, aber sie
jagten mir mehr Angst ein als der Verwesungsgestank von Leichen oder
der metallische Geruch von vergossenem Blut.
    Ich wartete darauf, dass die Wachsamkeit der drei einen Augenblick
lang nachließ und ich eine bühnenreife Nummer abziehen
konnte – obwohl dazu eigentlich nicht viel Schauspielerei
nötig war –, die allen Anwesenden unmissverständlich
klarmachen würde, dass einer der »Gezeichneten« die
Fassung verlor. Ein »Gezeichneter« ist jemand, der nur
allzu gut weiß, dass er bald totes Heisch sein wird. So nannten
wir in Laos diejenigen, auf die ein Himmelfahrtskommando wartete: »Schaut euch all diese Gezeichneten an.«
    »Wie alt sind Sie?«, fragte Rob die Verwalterin.
»Warum bin ich wie Sie? Welche Rezeptoren habe ich
durchtrennt?« Neugierig bis zum Ende. Wie ein junger Stier

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