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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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»Sie sind
kein reicher Mann, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Weit davon entfernt.«
    »Rob Cousins bittet die Reichen und Mächtigen um Geld.
Als Gegenleistung verspricht er ihnen Unsterblichkeit. Aber
würden Sie diesen Geldsäcken Ihr wertvollstes Gut
anvertrauen? Würden Sie Ihre Kinder und Enkel für
zehn oder hundert Generationen dem Einfluss dieser Leute
überlassen? Möchten Sie zulassen, dass sich diese
falsche Entwicklung ständig wiederholt? Es sind reiche,
gierige, unwissende Menschen, Tyrannen, Ausbeuter, Kapitalisten, und
sie wollen alle Reichtümer, alle Schätze, alles Geld an
sich raffen – für immer und ewig. Wollen Sie denen eine
solche Macht anvertrauen, für immer und ewig?«
    Und wie um dem Gesagten besonderen Nachdruck zu verleihen,
sprühte sie Rob einen kräftigen Strahl voll ins Gesicht.
Hustend und nach Luft ringend, fiel er auf Hände und Knie. Sie
streckte das Rohr hoch, drehte sich um und richtete die flackernden
Augen auf Stuart und die Melone – Norton, verbesserte ich
mich. In einer Situation wie dieser war es besser, ein bisschen
Respekt zu zeigen.
    Sie wichen zurück. Sie waren abgelenkt, nicht mehr auf der
Hut. Aber es war bereits viel zu spät, irgendetwas zu versuchen.
Ich selber lag flach, wand und krümmte mich auf dem Boden und
spürte, wie kleine Orgasmen mein Rückgrat emporgeisterten.
Die Haut meines Rückens und Hinterns saugte sich am glitschigen
Fußboden fest.
    Ich fragte mich, wie es Rob wohl ging. Die Verwalterin beugte sich
über ihn und hielt ihm den Handrücken vors Gesicht, als
wolle sie ihm gleich ins Gesicht schlagen.
    »Weißt du, wie alt ich bin?«, fragte sie mit
schriller Stimme. »Ich bin hundertsieben Jahre alt. Ich werde
nicht mehr altern. Ich werde für immer und ewig hässlich
sein. Weißt du, wie viele Jahre ich wahnsinnig war?«
    Ich wälzte mich herum, um Robs Reaktion zu beobachten. Dabei
spürte ich, wie ich langsam sauer auf ihn wurde, weil er uns in
diese Lage gebracht hatte. Und weil er bei all diesen reichen Leuten
betteln ging.
    »Zehn Jahre war ich wahnsinnig. Und Maxim hat auf mich
aufgepasst. Ich wurde in einen Käfig gesperrt, während er
Notizen machte und Verbesserungen bei der Behandlung entwickelte. Er
wollte deshalb lange leben, um die Stimmen all der Kleinen
Mütter aus den Tiefen der Meere und der Salzseen
entschlüsseln zu können, aber Berija und Stalin dachten
praktischer. Sie bestanden darauf, als Nächste behandelt zu
werden, andernfalls wollten sie uns alle hinrichten lassen. Sie
hatten schon so viele umgebracht und waren trotzdem elende Feiglinge.
Sie wurden nicht ganz so verrückt wie ich.« Wieder
geisterte ein totes Lächeln über ihr Gesicht.
    »Erschieß uns endlich!«, rief ich Stuart mit
letzter Widerstandskraft zu.
    Stuart richtete tatsächlich die Pistole auf mich. Also hatte
er noch einen Funken Anstand im Leib.
    »Was kann sie denn noch von ihm erfahren?«, fragte ihn
die Melone. Stuart ließ die Pistole sinken.
    Die Verwalterin wandte sich ein letztes Mal an Rob. »Da ist
immer noch Ihr Bruder.«
    Als Rob sie zu packen versuchte, schlug die Melone seinen
ausgestreckten Arm nieder und trat ihm in den Magen. Er krümmte
sich zusammen, würgte und erbrach sich.
    Die Verwalterin beugte sich über mich und stülpte wie
ein runzliger kleiner Gibbonaffe die Lippen vor. »Ich lese Ihnen
jetzt ein paar Zahlen vor«, sagte sie und zog einen Zettel aus
der Tasche ihres Kleides. »Sagen Sie mir, was diese Zahlen Ihnen
persönlich bedeuten.«

 
     
     
Fünfter Teil
     
     
Hal Cousins

 
Kapitel 33
     
13. August – Arizona
     
    Noch immer fuhren wir mit dem blutroten Mercedes in östlicher
Richtung durch die Wüste, als uns der Morgen einholte. Bridger
und ich hatten seit Stunden geredet und uns gegenseitig unsere
Geschichten erzählt. Banning sagte nur selten etwas und zog
immer wieder seine Karten zu Rate. Bridgers Geschichte näherte
sich einem Ende, das ich nicht hören wollte.
    »Die Jugendlichen haben uns mit Wasser abgespritzt, um den
Schleim abzuwaschen«, erzählte Ben. »Wir waren
inzwischen beide hackedicht. Ich hatte Visionen. Ich glaubte fliegen
zu können und stand mit mächtigen Menschen überall auf
der Welt in Verbindung. Ich konnte hören, wie meine Eingeweide
mit mir redeten – als wisperten sie mit Engelszungen.
    Irgendwann brachten sie uns auf den Parkplatz und stießen
uns in den verdammten Crown Victoria. Ich weiß noch, dass wir
die Sitze ganz nass machten. Rob redete ununterbrochen

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