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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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leicht
grünlich.
    »Geht’s Ihnen nicht gut?«
    »Ich fühle mich wirklich komisch. Obwohl ich gar nichts
von diesem verdorbenen Dessert gegessen habe, das kann ich
schwören.«
    Ich zwang mich, den Greifarm und die wertvollen Exemplare für
kurze Zeit zu vergessen, und setzte mich auf. »Sie sehen aus,
als hätten Sie sich eine Erkältung eingefangen.« Als
ich die Hand ausstreckte, um Daves Stirn zu fühlen, schlug er
sie weg.
    »Sohn einer Schildkröte«, bellte Dave.
    »Gottverdammt, Mann!«, zischte ich beinahe gleichzeitig
und war urplötzlich und ohne ersichtlichen Grund so maßlos
wutentbrannt, als sei in meinem Kopf ein Blitzlichtgewitter von
Grobheiten losgebrochen, die alle zugleich über meine Lippen
wollten. »Wollen Sie die ganze Tauchfahrt vermasseln, nur weil
Sie was Falsches gegessen haben, verdammt?«
    Er krümmte sich zusammen und presste die Hände gegen den
Bauch; seine Augen verloren jeden Ausdruck, als eine weitere
Schmerzwelle über ihn hinwegrollte. »Hüten Sie sich,
den Namen Gottes in meiner Gegenwart unnütz im Munde zu
führen, Sie Wichtigtuer«, stieß er hervor.
»Holen Sie sich Ihre Proben, und dann machen wir, dass wir hier
wegkommen. Aber schnell!«
    Ich lehnte mich in meinen Sitz zurück, zog den Greifarm mit
einem Ruck zu den Druckkammern herüber und ließ ihn die
letzten Röhrchen – eins, zwei, drei – in die
Behälter spucken. Es gab noch so vieles, was ich gern
eingesammelt hätte. Doch schließlich siegten Anstand und
menschliche Anteilnahme über den Forschungsdrang.
    Dave, der mit angezogenen Knien in seinem Sessel kauerte, sah gar
nicht gut aus.
    Ein beißender, tropischer Geruch erfüllte die Kugel. Es
roch nicht nach Daves Blähungen, sondern nach seinem
Schweiß. Der Gestank, der aus seiner Haut drang, verursachte
inzwischen auch bei mir Übelkeit.
    Das Deck der Sea Messenger befand sich achttausend
Fuß über uns – auf geradem Weg. Für den
Rückweg würden wir mindestens drei Stunden brauchen.
    Ich warf einen letzten Blick auf den Garten Eden – das
Paradies auf dem Meeresgrund, das Mark McMenamin den Garten Ediacara
genannt hatte. Friedlich, unberührt, abgeschieden, unbefleckt
vom Auswurf der Geysire, genau so, wie ich es auf den Fotografien
gesehen und mir in meinen Träumen vorgestellt hatte. Mein
Triumph, der Höhepunkt meiner bisherigen Forschung, vielleicht
sogar der Schlüssel zu all meinen Projekten…
    »Sehen wir zu, dass wir an die Oberfläche kommen«,
sagte ich.
    »Na bestens – alle Maschinen volle Kraft«, murmelte
Dave. Sein Blick huschte unstet und wild hin und her wie bei einem
Tier, das man in einen Käfig gesperrt hat. Gleich darauf schlug
er auf die glatte Innenseite der Acrylkugel ein. Da die Kuppelwand
mehr als fünfzehn Zentimeter dick war, bestand allerdings keine
Gefahr, dass er sie mit bloßer Faust zertrümmern
würde. »Es ist mir zu… zu eng hier drin,
verdammt«, knurrte er. »Und kälter als an
Hexentitten«, fügte er hinzu und fixierte mich dabei so,
als wolle er für seinen Ausraster Beifall oder Kritik
einheimsen.
    Ganz offenkundig war er nicht sonderlich versiert, was das Fluchen
anging. Ich unterdrückte ein Lachen.
    »Ich kann Sie doch Hal nennen oder Henry, nicht?«,
fragte er und würzte seinen plötzlich wieder ganz
vernünftig klingenden Tonfall mit einer Prise
Aufrichtigkeit.
    »Klar«, erwiderte ich. »Aber wir müssen jetzt
an die Oberfläche zurück, Dave.«
    »Ich muss Sie etwas fragen.« Als er die Hand
ausstreckte, krümmten sich die Finger und zuckten so, als
würden sie nach etwas greifen, das zwischen uns im Raum
schwebte. Ein Stück weiter nach links, und er hätte mir die
Kehle zugedrückt. »Es interessiert mich wirklich einen
Scheißdreck… einen feuchten Kehricht, ob Sie Owen Montoya
kennen oder nicht. Aber hat er Sie jemals angerufen?«
    »Ja, ich glaube schon. Dave…«
    »Hat er Ihnen je gesagt, was Sie mit Ihrem Leben anfangen
sollen?«
    Das ergab keinen Sinn. »Kann sein«, antwortete ich
ausweichend.
    »Hat Ihr Vater Sie je angerufen, obwohl er schon lange tot
ist?«
    »Nein«, sagte ich. Seine Frage erschreckte mich,
allmählich bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun. Mein
Bruder hatte mich mehr oder weniger dasselbe gefragt.
»Wieso?«
    »Ich scheiße auf sie alle. Auf all die unwichtigen und
armseligen kleinen Chefs dort draußen, die unwichtige Anrufe
machen und mir – ausgerechnet mir – erzählen, was ich
tun und lassen soll. Ich verstehe nicht ein Wörtchen von dem,
was sie sagen,

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