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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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meinen
blutverschmierten Kopf. »Du lieber Himmel, was ist
passiert?«
    Der gute Christ war wieder da.
    »Sie sind ausgerastet.«
    Seine Augen blickten traurig, als habe ich ihn soeben schwer
beleidigt. »Stimmt ja gar nicht«, erwiderte er. »Sie
haben versucht, mich zu schlagen.«
    »Sie haben Ihren Steuerknüppel herausgerissen und damit
auf die Kuppel eingeschlagen«, knurrte ich. Ich hatte nicht die
Absicht, mit dem Mann zu diskutieren; nicht, nachdem ich drei Stunden
lang mit ihm in einer dunklen, stinkenden und entsetzlich engen Kugel
eingepfercht gewesen war.
    Dave starrte die Kratzer und Furchen in der Acrylkuppel an.
»Wir haben doch Proben gesammelt«, murmelte er mit schwerer
Zunge.
    »Halten Sie den Mund.«
    »Ich kann das Steuer wieder übernehmen«,
erklärte er.
    »Sie haben Ihren Steuerknüppel herausgerissen. Der
Autopilot hat übernommen. Halten Sie einfach den Mund.«
    Daves Gesicht verriet Skepsis und ein schlechtes Gewissen.
    Als wir auftauchten, schalteten sich automatisch die Signallichter
ein. Durch die über die Tauchkapsel hinwegrollenden Brecher
– wie bei unserem Glück nicht anders zu erwarten war,
hieß uns eine raue See willkommen – versuchte ich, das
Mutterschiff auszumachen. Ich konnte weit und breit nichts erkennen.
Höchste Zeit, zum Mast oberhalb der Kuppel hinaufzusteigen, und
wenn es nur wegen der frischen Luft war. Ich kroch nach hinten
über die dritte, nicht benutzte Liege hinweg, um die Luke zu
öffnen.
    »Es ist zu stürmisch draußen«, sagte
Dave.
    »Mach doch, was du willst«, knurrte ich und kroch in den
Tunnel, ein L-förmiges Rohr, kaum mehr als einen halben Meter
breit. Vor mich hin fluchend, kniete ich mich in die Wasserlache, die
sich wie üblich am Boden der Röhre gebildet hatte, stemmte
mich mühsam hoch und beugte die Arme vor, um weitere Hebel und
Räder herumzuwuchten.
    Nachdem sich die Luke mit einem Ächzen geöffnet hatte
und sprühende Gischt hereinließ, explodierte es in meinen
Ohren. Gierig sog ich die kalte Meeresluft – unglaublich frisch
und belebend – in meine Lungen. Sofort hielt ich nach der Sea
Messenger Ausschau und entdeckte sie schließlich in einer
Position von drei Uhr, gut tausend Meter entfernt.
    Ich brüllte in den Wind und schwenkte die Arme, wagte jedoch
nicht, noch weiter hinauszukriechen. Schließlich war es
durchaus möglich, dass Dave die Luke einfach zuwarf und wieder
abtauchte. Mit verkantetem Bein klammerte ich mich ans Maschennetz
hinter der Kuppel.
    Dave, der noch immer auf seinem Sitz thronte, warf mir durch die
Acrylscheibe bitterböse Blicke zu, wirkte aber gleichzeitig
verängstigt. Gleich darauf griff er zum Funkmikro, was durchaus
vernünftig war, allerdings war ich noch nicht bereit, zu
vergeben und zu vergessen. Eigentlich hätte sich die Sea
Messenger längst in unmittelbarer Nähe befinden und auf
unsere Notsignale reagieren müssen, indem sie ihren
H-förmigen Kran zur Bergung ausfuhr und die schwimmende Rampe
wie eine Zunge herausstreckte.
    »Sie antworten nicht«, brüllte Dave durch die Luke
zu mir herauf. »Kommen Sie wieder rein und machen Sie die Luke
zu.«
    »Ganz bestimmt nicht!«, rief ich zurück. »Ich
bleibe hier draußen.«
    »Schauen Sie«, sagte er mit heiserer, kratzender Stimme,
»wir haben schwere See. Wenn Sie draußen bleiben wollen,
gehen Sie ganz raus und machen gefälligst die Luke zu. Sonst
dringt Wasser ein und wir sinken.«
    Die Wellen rollten heftiger denn je gegen die Tauchkapsel. Der
Wind peitschte mir, Nadelstichen gleich, die Gischt der Wellenkronen
ins Gesicht. Die Lichter der Sea Messenger waren nicht
eingeschaltet, obwohl es bereits dunkel wurde. Eigentlich hätten
sämtliche Betriebs- und Positionslampen leuchten und die
Lichtfinger der Suchscheinwerfer die See nach uns abtasten
müssen.
    Nichts. Die Sea Messenger sah wie ein Totenschiff aus.
    »Ich bringe uns näher an das Schiff heran«, rief
Dave. »Und ich mache jetzt die Luke zu, verdammt!«
    »Na schön«, sagte ich. Widerwillig ließ ich
mich in den Tunnel hinunter und schloss die obere Luke. Doch ich
blieb im Tunnel, den Rücken fest an die kalte Metallwand
gepresst.
    »Mir geht’s wieder gut, wirklich wahr«, beteuerte
Dave, dessen Stimme in der Tauchkugel dumpf widerhallte. »Ich
hab wirklich keine Ahnung, was passiert ist, das kann ich
schwören.«
    »Sie haben versucht, uns umzubringen.«
    »Das kann nicht wahr sein! Ich schwöre es.«
    Ich ließ es dabei bewenden. Dave setzte sich in meinen Sitz
und versuchte,

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