Jäger
Haltung
in der Röhre stecken blieb.
Als das Tauchboot in ein Wellental sackte, gab mein Bein unter mir
nach. Für einen Augenblick verkeilte sich mein angezogenes Knie
in dem Rohr, so dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Ich
versuchte, mich wieder zurückgleiten zu lassen, und als das
nicht funktionierte, weiter nach oben zu kriechen.
Ich steckte festgeklemmt in dem Rohr, wie der Korken in einem
Flaschenhals.
Eine Welle schwappte durch die obere Luke herein und klatschte auf
mich herab. Prustend stemmte ich beide Hände auf den
Oberschenkel und schob das Knie mit einem schmerzhaften Ruck
über eine Schweißnaht nach unten, dann drehte ich mich
herum und griff nach einer Sprosse.
Ich schob den Kopf aus der Luke. Das letzte Licht der
Dämmerung tauchte den westlichen Horizont in ein prachtvolles
Orange, das zunächst in ein Tiefrot, dann in Blau und
schließlich in Schwarz überging. Am Zenit glitzerten
Sterne, die selbst durch die Gischt der heranrollenden Wellen
auszumachen waren.
Dave war nirgendwo zu sehen. Die nächste Welle, die mir
mitten ins Gesicht schlug und für kurze Zeit die Sicht nahm,
wirbelte die Tauchkapsel herum. Ich wischte mir das Salzwasser aus
den Augen und spähte blinzelnd in den schäumenden Albtraum:
Die Sea Messenger war im Rückwärtslauf näher
herangekommen – die Strecke bis zu ihrem Steuerbord konnte nicht
mehr als zweihundert Meter betragen – und wühlte die See zu
brodelndem Schaum auf.
Vom Schiffsdeck schoss eine Leuchtkugel in den Himmel und flog in
hohem Bogen über die Mary’s Triumph hinweg. Also
wussten sie, wo ich mich befand.
»Sucht Dave!«, brüllte ich und schwenkte die Arme
über dem Kopf.
Eine weitere riesige Welle stieg vor mir in die Höhe, ein
schaumgekröntes Ungetüm, so hoch, dass ich gerade noch
einen letzten Zipfel des Tageslichts erkennen konnte. Sie rollte
über den winzigen Lukenaufbau des Tauchboots hinweg und warf
mich gegen den Metallrand. Als der Lukendeckel, der sich gelöst
hatte, auf meinen Schädel und meine Finger krachte, rastete ich
vor Schmerz fast aus, spürte nur noch blinde Wut. So heftig ich
konnte, knallte ich den Deckel wieder auf die Öffnung, aber er
prallte zurück. Erst beim dritten Versuch rastete er
schließlich ein.
Als meine Wut einigermaßen verraucht war, machte ich mich
mit gefühllosen Fingern und pochendem Schädel daran, die
Luke zu versiegeln und stieg wieder nach unten, in die Kabine. Ich
hatte nicht vor, bei diesem Seegang irgendein Risiko einzugehen. Ich
zitterte so heftig, dass ich fürchtete, ich könnte damit
die ganze Kapsel zum Vibrieren bringen. Einen Moment lang glaubte
ich, Dave im Wasser draußen vor der Acrylkugel um sich schlagen
und ertrinken zu sehen, doch es war nur ein tiefer kleiner Strudel
wirbelnder Blasen.
Ich war am Ende – ich würde sterben.
Ich ertappte mich dabei, dass ich wie ein geprügelter Hund
wimmerte. Aber dann hörte ich Wasser auf dem Boden der Kugel hin
und her schwappen, und mir fielen die Organismen ein, die sicher
weggesperrt in ihren Druckkammern lagen. Nur wegen dieser Organismen
war ich hier. Sie waren der Lohn für Monate, in denen ich die
Klinken reicher Gönner geputzt hatte. Ich hatte die Angriffe
eines verrückten Tauchbootpiloten überlebt; ich war wieder
an die Oberfläche zurückgekehrt; und immer noch besaß
ich den Lohn für alle Mühen: das, was ich für den
Apfel vom Baum der Erkenntnis, für das Goldene Vlies der
Götter hielt.
Kein Mensch hatte je behauptet, dass es ein Spaziergang sein
würde.
Ich fummelte an der Funkverbindung zum Mutterschiff herum und
probierte verschiedene Frequenzen aus, bis eine atemlos klingende
Stimme schließlich antwortete.
»Hier Messenger. Sind Sie das, Dave?«
Ich erkannte Jason, den Kontrollingenieur, der die Tauchfahrten
der Mary’s Triumph vorbereitete, und schaltete das Mikro
ein. »Hier ist Hal. Dave ist ausgerastet und über Bord
gegangen. Lasst ein Suchboot herunter, vielleicht schwimmt er noch
irgendwo dort draußen.«
»Verdammte Scheiße.« Jason hatte sein Mikro auf
Empfang gelassen, und ich glaubte, ein leises Schluchzen zu
hören. »Steuern Sie das Tauchboot?«, fragte er.
»Es ist auf Autopilot geschaltet.«
»Wir haben hier eine unerfreuliche Situation, Hal. Jemand
ballert wie ein Irrer auf dem Schiff herum. Wir haben Verletzte,
vielleicht auch Tote. Hal?«
»Ich bin noch dran.«
»Paul und Stan sind vor zehn Minuten zum Achterdeck gegangen.
Wir können nicht an den Kran heran, solange sie
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