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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Gesicht. Seine Augen verdüsterten sich so, dass sie
fast schwarz wirkten.
    Der Mann, der die Schüsse abgegeben hatte, rannte, keine zehn
Meter entfernt, die Verandastufen eines schindelgedeckten Hauses
hinunter. In einer Hand, die er mit der anderen stützte, hielt
er einen .45er Colt, bereit, ein drittes Mal abzudrücken. Er
trug rote Shorts und ein weißes T-Shirt, das unterhalb seines
Bauchs, der sein mittleres Alter verriet, aus der Hose gerutscht war.
Seine Arme und Beine waren dick und sehr behaart, die feisten
Hände weich und rosa. Während er mit gerunzelter Stirn auf
die beiden Hunde blickte, murmelte er traurig: »O Gott. Es tut
mir Leid.«
    Die Kugeln des .45ers hatten die Hunde seitlich in die Brust
getroffen, direkt hinter den vorderen Schulterblättern. Zwei
schnelle, tödliche Schüsse.
    Die kleinen Brüste der Frau hoben und senkten sich unter dem
dicken, schwarzen Rollkragenpullover. Gespenstisch blass und mager
wie sie war, hätte sie eher in ein Cafe voller Poeten und
Zigarettenrauch gepasst als nach draußen, wo sie offenbar
nichts Besseres zu tun hatte, als ihre Hunde auf Fremde zu hetzen.
Sie richtete sich auf, warf die kurzen schwarzen Haare trotzig
zurück und schleuderte die beiden Spulen der Laufleinen zur
Seite. Sie sausten, die Leinen mit leisem Surren aufrollend,
über den Asphalt, schlenkerten hin und her und verhedderten
sich, bis sie etwa einen Meter vor den Dobermännern, die Seite
an Seite auf dem blutbefleckten Gehsteig lagen, scheppernd liegen
blieben.
    »O Gott«, ächzte der Schütze erneut und
ließ sich neben den Hunden auf die Knie sinken. Ich
fühlte, wie sich mein Magen zusammenkrampfte und mir Galle
– vermischt mit dem Scotch, den ich in der Bar getrunken hatte
– in die Kehle stieg.
    »Wir haben hier nichts mehr verloren, überhaupt
nichts«, versicherte K und half mir auf die Beine. »Die da
werden jeden Augenblick wieder zur Besinnung kommen und dann ist hier
erst recht der Teufel los.«
    Die Hundehalterin fing zu weinen an. Ihr Schluchzen schwoll
zunächst zu einem traurigen Heulen, dann zu einem
misstönenden Kreischen an.
    Erst jetzt bemerkte ich den Gestank in der Luft. Anfangs hatte ich
die Hunde dafür verantwortlich gemacht, doch jetzt erinnerte
mich der Gestank an Dave Press in der Tauchkapsel.
    Es war die magere Frau im Rollkragenpulli: Sie stank wie ein
faulender Dschungel.
    K steckte Robs Umschlag wieder in sein Jackett, dann verband er
meine Hand mit seinem Taschentuch und knotete die Enden fest um mein
Handgelenk.
    Wir rannten los.
    Bis heute wundere ich mich, dass uns niemand verfolgte. Die Frau
zog alle Aufmerksamkeit auf sich, denn sie ging auf den Mann los, der
mir wahrscheinlich das Leben gerettet hatte, und schlug mit ihren
knochigen Fäusten auf ihn ein.
    K stützte mich beim Rennen, dann beim Gehen und
schließlich trug er mich fast zu einem alten braunen Plymouth.
Ich stieg ein, ganz benebelt von dem flauen Gefühl in meinem
Magen, und er fuhr mich zum Alta Bates Hospital. Als wir durch die
Glastüren in die Notaufnahme stürmten, war ich weiß
wie die Wand und kaum mehr in der Lage, auf eigenen Beinen zu
stehen.
    Die Schwester am Empfang bereitete alles Nötige für die
Aufnahme vor und fragte mich nach meiner Krankenversicherung.
    »Wie lange leben Sie schon hier?«, fragte K,
während ich nach meiner Brieftasche fischte.
    »Ich bin doch gar nicht schlimm verletzt«, versicherte
ich, bis ich das Blut an meinem Hals spürte.
    »Fassen Sie das nicht an«, mahnte die Aufnahmeschwester
und verzog das Gesicht, während sie irgendetwas notierte.
    »Wie lange sind Sie schon hier?«, wiederholte K.
    »Ein paar Minuten. Ich habe keine Versicherung.«
    »Ich meine doch nicht im Krankenhaus«, sagte K. »In
Berkeley.« Er warf ein Bündel Geldscheine auf den Schalter,
weit mehr als tausend Dollar. »Reicht das? Bringen Sie meinen
Freund zu einem Arzt.«
    K steckte voller Überraschungen.
    »Zwei Monate«, erwiderte ich. Eine zweite Schwester
schob mich durch eine kleine, von Schnupfen, Schürfwunden und
verknacksten Knöcheln geplagte Menschenansammlung. Mein Hemd war
inzwischen blutdurchtränkt, viele Blicke folgten mir.
Irgendjemand schob schließlich einen Rollstuhl in meine
Richtung.
    Gleich nachdem mir bewusst geworden war, wie viel Blut ich
verloren hatte, sackte ich auf die Knie, bekam eine Armlehne des
Rollstuhls zu fassen und fiel nach vorn. Dann spürte ich nur
noch den kalten Druck des staubigen Linoleums an meiner Wange.
    Bakterien

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