Jäger
Was, zum Teufel, haben Sie denn für
ihn getan, das so großartig war?«
Als K den Blick abwandte, hatte ich den Eindruck, er wolle meiner
Frage ausweichen. Er sah nach Osten, zu den Bergen hinüber.
Meine Nase begann zu jucken: Es roch nach Rauch.
»Wo wohnen Sie, Dr. Cousins?«, fragte er.
Als ich mich umdrehte, sah ich, nicht weit entfernt, ein Feuer
grell aufflackern. Es musste nahe beim Claremont-Hotel sein. Die
Flammen loderten gut zwanzig bis fünfundzwanzig Meter hoch in
den windstillen Nachmittagshimmel. In ihrem Widerschein leuchtete die
weiße Fassade des Hotels wie bei einem Sonnenuntergang.
Eine Rauchsäule driftete träge nach Westen, weiß
und ölig wie – ich konnte mir den Vergleich nicht versagen
– die Wolke über einem Unterwassergeysir.
»Ganz in der Nähe«, sagte ich. »Dort
drüben.«
»Wir sollten uns vergewissern«, bemerkte K. Der Anflug
von Tatendrang brachte ein wenig Farbe in sein Gesicht. Für
einen Augenblick sah er mehr denn je wie Errol Flynn aus. »Gut
möglich, dass die Ihren Nachbarn schon was angehängt
haben.«
•
Mit kurzen Pausen spurteten wir den Hang am Rande des Campus
hinauf, vorbei an sorgfältig restaurierten
Straßenzügen, die sich mit solchen abwechselten, in denen
die Reichen noch nicht Einzug gehalten hatten, die Hausfassaden
blätterten und die Vorgärten mit Unkraut überwuchert
waren.
Die Angst schnürte mir die Kehle zu, obwohl sich nichts
Wichtiges in meiner Wohnung befand (inzwischen war ich mir sicher,
dass der Rauch aus meiner Wohnung kommen musste). Außerdem
machte ich mir Sorgen um die Vermieterin und ihre malenden
Freundinnen. Und um die Häuser in der Nachbarschaft.
Trotz meiner Vorahnung war der Anblick ein Schock. Feuerwehrautos
blockierten die kurze, schmale Straße, in der ich gewohnt
hatte. Prall vom Wasserdruck lagen graue Schläuche wie Schlangen
auf dem mit Teerflecken ausgebesserten alten Asphalt.
Feuerwehrmänner stemmten sich gegen die Schläuche, die sich
aufbäumten, und hielten die Rohre auf die Flammen gerichtet.
Weiß schäumende Wasserböen tanzten über die
Flammen.
Mir wurde übel vor Entsetzen. Drei Häuser standen in
Flammen: das Fachwerkhaus einschließlich meiner Garagenwohnung
und die beiden Häuser rechts und links davon. Der Rauch war
inzwischen größtenteils in Dampf übergegangen, denn
von den Häusern standen fast nur noch die Grundmauern. Die
Bananenstauden waren zu schwarzen Stummeln geschrumpft, das
Eisengerippe des alten Gewächshauses hatte sich in der
glühenden Hitze des Feuers verbogen. Jenseits der
Wacholderbüsche, die immer noch lichterloh brannten, konnte ich
das schwarze Skelett der Dachwohnung über der Garage ausmachen.
Gleich darauf stürzte es mit aufstiebenden Funken und einer
wabernden Hitzewelle in sich zusammen, so dass die Feuerwehrleute ein
paar Schritte zurückweichen mussten.
Als der Hubschrauber eines Nachrichtensenders die Luft mit
aufdringlich röhrenden Rotoren aufpeitschte, wirbelte der Abwind
einen Teil des Rauchs in einer grauen, beißenden, dichten
Spirale auf die Straße hinunter.
»Ihre Wohnung, nehme ich an.« K packte mich bei der
Schulter.
»Ja«, murmelte ich.
»Schade. Ich hatte gehofft, Sie würden mir für
heute Nacht Obdach gewähren.« Sein Tonfall zeugte von einem
geradezu philosophischen Gleichmut. »Es ist ein Krieg, der schon
lange währt, Dr. Cousins. Tut mir Leid.«
»Vielleicht war es ein unglücklicher Zufall«, sagte
ich, verschränkte die Arme in einer Pose vor der Brust, die
– wie ich hoffte – nach kühler Schicksalsergebenheit
aussah, nahm auf einem Poller Platz und atmete seufzend tief aus. Ehe
K mir widersprechen konnte, hatten mich meine Vermieterin und ihre
beiden kurzhaarigen Freundinnen entdeckt.
»Gott sei Dank, Mr. Vincent, Sie sind hier!«, rief die
alte Dame. Tränen hatten helle Bahnen auf ihren
rußverschmierten rosa Wangen hinterlassen. »Wir haben es
alle nach draußen geschafft. Ich bin ja so froh.«
Nervös fasste sie sich mit der rußgeschwärzten Hand
ins Haar. »Haben Sie irgendjemanden gesehen?«, fragte sie.
»Jemanden, der Ihnen verdächtig vorkam? Es ist alles so
schnell gegangen. Die Feuerwehrleute halten es für
Brandstiftung. Aber warum nur? Warum ausgerechnet hier?«
Sie sah mit verschleiertem Blick zu der riesigen weißen
Rauchfahne empor.
»Das war kein unglücklicher Zufall«, flüsterte
mir K ins Ohr. »Lassen Sie uns verschwinden. Man kennt Sie hier, Mr. Vincent. Es ist möglich, dass sie das Feuer
gelegt
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