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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Banning
stieß, zog ich sie vorsichtig aus der Mitte des Stapels heraus. Zwischen zwei Teufeln – eine Geschichte des
Hitler-Stalin-Pakts wurde mit den Worten FÜNF WOCHEN LANG
BESTSELLER DER NEW YORK TIMES angepriesen. Es war 1985 erschienen.
Das zweite Buch trug den Titel Davon haben wir nichts gewusst. Banning verglich darin das Verhalten weiter Teile der deutschen
Bevölkerung unter Hitler – die stillschweigende Billigung
der Judenvernichtung – mit Ereignissen und Haltungen in
Russland: Auch dort hatten die Menschen kaum protestiert, als die
Juden nach 1950 massenweise nach Sibirien deportiert wurden. Dieses
Buch, 1992 veröffentlicht, trug nicht den Aufdruck BESTSELLER.
Beide Bücher waren mit vielen Unterstreichungen und Anmerkungen
versehen, ganze Passagen waren in Lila, Gelb oder Pink markiert.
    Der dritte Band, ein dünnes und großformatiges Buch,
trug den Titel Blondi, der Schicksalshund und war 1997 von der
White Truth Press in Ojai, Kalifornien, herausgegeben worden. Auf der
Titelseite war es mit Füllfederhalter in kühner Schrift
signiert: »Für Rob und alle Kinder der Zukunft – ein
Vermächtnis von Tatsachen, verbürgt von Rudolph
B.«
    Ich reichte Lissa das Buch über Blondi, worauf sie die
schlichten Illustrationen mit gerunzelter Stirn betrachtete.
»Hitler hatte einen Hund?«, fragte sie.
    »Offenbar.«
    Ich stellte den Aktenkoffer, den ich nie aus den Augen ließ,
auf den Boden, legte die beiden anderen Bücher Bannings darauf
und wühlte mich dann durch den Schrank. Neben einem Stapel der San José Mercury News befand sich ein kleiner, am
Schrankboden festgeschraubter Safe, dessen Tür offen stand.
    Mein Bruder war nie ein leidenschaftlicher Sammler gewesen. Ebenso
wie ich war er stets mit leichtem Gepäck gereist. Dieses
chaotische Durcheinander sah ihm gar nicht ähnlich und deutete
entweder auf ein in großer Eile durchgeführtes,
unvollendetes Projekt hin oder auf eine wirkliche Veränderung
seiner Persönlichkeit.
    Ich beugte mich nieder und sah in den Safe. Leer.
    Durch die dünnen Wände konnte ich hören, wie ein
kleiner Kompressor ansprang und leise losratterte, offenbar stand
irgendwo ein Kühlschrank. Wie ich gleich darauf feststellte, kam
das Geräusch aus dem dritten Zimmer, das am Ende des Flurs
lag.
    Es war der größte Raum in der Wohnung und maß
etwa sechs auf vier Meter. Auf einem kleinen Konferenztisch in der
Mitte des Zimmers stand ein winziger weißer Kühlschrank,
auf der entgegengesetzten Seite ein medizinisches Mikroskop.
Dazwischen herrschte ein wüstes Durcheinander aus Flaschen mit
Chemikalien, Schachteln mit Laborbedarf, Brot, Käse, Salat,
eingetrockneter Mayonnaise und Frühstückswurst. Käse,
Brot und Wurst waren längst verschimmelt, die Salatblätter
verfault.
    Auf dem Fußboden stand eine kleine Kochplatte, darauf eine
Pfanne, deren Boden mit einer eklig schillernden Pilzschicht
überzogen war.
    Eine zwei Meter lange weiße Tiefkühltruhe nahm
große Teile der rechten Wand ein. Bis auf eine dünne
Staubschicht war sie makellos sauber und summte geschäftig vor
sich hin. Auffällig war nur das große Sicherheitsschloss.
Als ich einen flüchtigen Blick auf die beiden großen
Landkarten warf, die oberhalb der Truhe an ein Korkbrett geheftet
waren, erkannte ich Russland und Nordamerika.
    »Typische Junggesellenwohnung«, stellte Lissa ironisch
fest. Sie machte den kleinen Kühlschrank auf und entnahm ihm
eine Petrischale. »Moskitos«, sagte sie, ihren Fund in die
Höhe haltend, und holte gleich darauf weitere Schalen heraus.
»Blumenblätter, glaube ich. Noch ein Salat. Apfelscheiben.
Jede Menge Schimmel.« Sie streckte ein Gestell mit
Teströhrchen hoch, die mit einer milchigen Flüssigkeit
gefüllt waren.
    »Bakterienproben«, erklärte ich.
    Kurz darauf griff sie erneut in den Kühlschrank und zog ein
kleines Tablett mit sechs weiteren Petrischalen hervor.
»Fleisch, glaube ich«, sagte sie, stellte das Tablett
vorsichtig zurück und wischte sich die Finger am Kleid ab.
    Ich blieb vor der Kühltruhe stehen und sah mir die beiden
Landkarten genauer an. Auf beiden Karten markierten rote und blaue
Stecknadeln bestimmte Orte. Ich beugte mich vor. In Sibirien steckte
eine rote Nadel am Nordende des Baikalsees. Auf der Karte von
Nordamerika kennzeichneten rote Nadeln verschiedene Gegenden in
Süd-Kalifornien, in Utah – insbesondere am Großen
Salzsee – und im Yellowstone Nationalpark. Drei blaue Nadeln
bildeten vor der Küste von Oregon und Washington

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