Jaegerin der Daemmerung
immer wieder dazu benutzt worden, Verbrechen zu begehen, doch sein Geist, die Essenz dessen, was Razvan ausmachte, war nicht daran beteiligt gewesen.
Sie machte Platz und gewährte dem Heiler Zutritt. Gemeinsam bahnten sie sich ihren Weg durch sein Bewusstsein, sorgsam nach Zeichen von Xaviers Anwesenheit suchend. Während sie arbeiteten, teilten sie Razvans Erinnerungen an ein Leben, das aus Schmerz, Leid und Seelenqualen bestanden hatte. Und dennoch, er hatte sich gewehrt, hatte sich an seinen gesunden Verstand, seine Robustheit und das Ehrgefühl eines Drachensuchers geklammert. Als sich ihr Herz vor Mitleid für diesen einsamen Krieger zusammenzog, spürte sie, wie auch der unerschütterliche Gregori mit ihr weinte. Die ganze Zeit hindurch suchten sie in Razvans Erinnerungen nach etwas, das Xaviers Fingerabdrücke trug - einen Weg, wie Xavier ganz nach Bedarf Razvans Willen ignorieren und seinen Körper übernehmen konnte.
Es war ein Ding der Unmöglichkeit, Jahrhunderte der Grausamkeit zu durchforsten, ohne dass dies seinen Tribut forderte. Als Ivory erschöpft war, verließ sie seinen Körper und atmete tief durch. Gregori tat es ihr nach.
»Als er seinen Körper aufgegeben hat, um seiner Schwester das Leben zu retten, war er noch nicht einmal zwanzig gewesen. Und später hat er einen Teil seiner Seele eingetauscht, um seine Tochter zu retten.« Ivory sah Gregori durch tränenfeuchte Wimpern an, ehe sie sich an ihren Seelengefährten wandte. »Das ist dein schlimmstes Verbrechen.«
»Eines, das auf Pflichtbewusstsein und Liebe basiert«, fügte Gregori hinzu. »Du bist kein Verbrecher, Razvan. Du bist ein wahrer Drachensucher.« Er tauschte einen flüchtigen Blick mit dem Prinzen aus. »Zweifelsohne werde ich noch oft zu hören bekommen, dass ich deinen wahren Charakter zu spät erkannt habe.«
»Mit Sicherheit«, murmelte Mikhail.
»Kannst du etwas dagegen unternehmen, dass Xavier Zugriff auf meine Seele hat?«, wollte Razvan wissen. »Wenn er in diesem Moment die Hand nach mir ausstrecken würde, könnte er euch alle sehen und mich dazu benutzen, den Prinzen oder meine Gefährtin anzugreifen. Das Risiko kann ich einfach nicht eingehen.«
»Wenn Xavier eine Hintertür eingebaut hat, um in deinen Körper zu schlüpfen, werden wir sie finden und eliminieren«, warf Ivory ein. »Ich habe ihn lange Jahre beobachtet, und jedes Mal, wenn ich auf ein Werk gestoßen bin, das er geschaffen hatte, habe ich einen Weg gefunden, es unschädlich zu machen. Ich bin mir sicher, dass wir es schaffen können.«
Gregori atmete tief ein. Hast du gehört, was sie gesagt hat, Mikhail?
So alt bin ich noch nicht, dass ich taub bin.
Gregori lächelte in sich hinein. Diese beiden sind im Besitz von mehr Informationen über unseren Erzfeind, als wir bisher zusammentragen konnten.
Bis vor Kurzem wussten wir aber auch nicht, dass Xavier noch lebt.
»Ivory«, meldete sich Sara zu Wort. »Weißt du, wie man den endlosen Strom seiner Mikroben stoppen kann? Irgendwie hat er sie mutieren lassen, sodass sie die Erde durchsuchen und uns finden können. Sie verursachen Fehlgeburten. Laras unablässige Bemühungen in allen Ehren, aber sie allein kann nicht viel ausrichten. Wir brauchen schnell eine endgültige Lösung.«
»Wenn Xavier sein böses Gift verwendet hat, bin ich mir sicher, dessen Wirkung aufheben zu können. Ich habe viel Zeit damit verbracht, seine Methoden zu studieren, und habe bislang noch für jeden seiner Zaubersprüche einen Gegenzauber gefunden.« Ivory sprach voller Zuversicht, nicht um aufzuschneiden, sondern aus Erfahrung. »Dazu müsste ich die Mikroben allerdings untersuchen. Habt ihr Proben?«
»Die können wir besorgen«, antwortete Sara.
»Tut das, und ich werde sie mit in mein Labor nehmen.« Ivory blickte hinauf in den nächtlichen Himmel. »Uns bleiben zwar noch einige Stunden, aber ich fürchte, die Zeit reicht dafür nicht aus. Ich schlage vor, dass ich morgen um dieselbe Zeit herkomme, damit du sie mir geben kannst. Da ich die meiste Zeit meines Lebens unter der Erde zugebracht habe, reagiere ich höchst empfindlich auf Sonnenlicht.«
Wieder etwas, das wir gemein haben. Razvans dunkle Augen blitzten kameradschaftlich auf. Da auch er die letzten Jahrhunderte in den Eishöhlen unterhalb der Erde verbracht hatte, war er ähnlich empfindlich.
Wie zuvor umfing ihn ein Gefühl der Wärme. Eine Empfindung, die er nur mit ihr in Verbindung brachte, die ihn tröstete, die die unerträgliche Einsamkeit in
Weitere Kostenlose Bücher