Jägerin der Dämonen (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
sicher, nicht Opfer meiner Einbildungskraft geworden zu sein.
Im nächsten Moment war der Schatten verschwunden. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte ihn nirgends mehr sehen.
"Was glaubst du, was das war?" fragte Tom.
"Wenn ich das wüßte..."
Tom fuhr den Wagen an der Baumgruppe vorbei und parkte vor dem imposanten Portal des Landhauses.
Wir stiegen aus.
Ich blickte zu der Baumgruppe hinüber. Aber dort war nichts zu sehen. Keine Spur von der schattenhaften Erscheinung.
Aber ich glaubte etwas zu spüren. Die Anwesenheit einer Kraft. Ich fühlte einen geistigen Druck und faßte mir unwillkürlich an die Schläfen. Irgend etwas war hier ganz in der Nähe. Ich wußte es, aber meine Augen sagten etwas anders.
Nebel kroch jetzt bis zum Portal.
Bald würde es ganz dunkel geworden sein. Der Mond war bereits aufgegangen. Als verwaschener Fleck leuchtete er durch die tiefhängenden Wolken hindurch und tauchte alles in ein geisterhaftes, fahles Licht.
Tom hatte eine Kamera dabei.
Schnell machte er ein paar Fotos von dem alten Landhaus.
1589 stand auf dem dicken Sturzbalken über der Eingangstür.
Wir schritten die Stufen des Portals empor.
In einem der oberen Stockwerke sah ich Licht brennen.
Eine schattenhafte Gestalt hob sich dunkel ab.
"Wir werden beobachtet", murmelte ich.
Tom ergriff den großen gußeisernen Ring und klopfte heftig.
Keine Reaktion.
Tom versuchte es noch einmal. Oben an dem beleuchteten Fenster war eine Bewegung zu sehen. Die dunkle Gestalt war verschwunden.
"Mr. Meany scheint an einem Interview wohl kein Interesse zu haben", meinte Tom.
"Aber die Möglichkeit, uns vorher anzumelden, hat er uns ja nicht gegeben", erwiderte ich.
Tom klopfte noch einmal.
"Mr. Meany! Sind Sie im Haus? Wir wollen mit Ihnen reden und Ihnen ein paar Fragen stellen!"
Auf der anderen Seite der Tür war ein schabendes Geräusch zu hören. Dann Schritte.
"Sind Sie von der Polizei?" rief eine brüchige Stimme.
"Dann stecken Sie ihren Ausweis bitte unter der Tür hindurch, damit ich ihn überprüfen kann..."
Tom zog seinen Presseausweis aus der Jackettinnentasche heraus.
"Vielleicht ist er ja auch damit zufrieden", raunte er mir zu und schob ihn unter der Tür hindurch.
Es gab keine Reaktion.
Schließlich rief ich: "Vielleicht wäre es auch für Sie günstig, wenn Ihre Position zu den jüngsten Vorfällen in der Öffentlichkeit bekannt wird, Mr. Meany."
Es folgte Schweigen.
Tom zuckte die Achseln.
Vielleicht war es eine Ahnung, die mich den Kopf in diese Moment zu der Baumgruppe drehen ließ. Die Blätter raschelten heftig, die Äste wiegten sich hin und her...
Erst machte ich den Wind dafür verantwortlich.
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe ich begriff, daß er im Moment gar nicht blies. Das Gras auf den Wiesen bewegte sich nicht einen Zentimeter. Desgleichen die Sträucher, die in gewissen Abständen um das Haus herum gepflanzt waren.
Kein Luftzug war zu spüren.
Und schon gar nicht eine heftige Windböe, wie sie nötig gewesen wäre, um die Äste der uralten, knorrigen Bäume derart heftig hin und her zu bewegen.
Was geht hier vor sich? fragte ich mich schaudernd. Ich taumelte beinahe unter der mentalen Kraft, die mich in diesem Moment traf. Ich konnte manchmal übersinnliche Kräfte mit Hilfe meiner Gabe spüren. Jedenfalls führte ich das darauf zurück.
"Dort ist nichts, Patti", hörte ich Tom sagen.
"Aber..." Ich sprach nicht weiter. Mir fehlten die Worte.
Ein dicker Kloß steckte mir im Hals. Ich versuchte zu schlucken.
Ein klagender Laut ließ uns beide zusammenzucken.
Ein Stöhnen, von dem schwer zu bestimmen war, ob es von einem Menschen oder einem Tier stammte.
Ich starrte in Richtung der alten Bäume und fühlte mich an die Szenerie meiner Vision erinnert. Für Sekundenbruchteile glaubte ich schon, sehen zu können, wie sich die Konturen eines Gesichtes aus einem der dicken Stämme herausbildete.
In diesem Moment wurde in der schweren Holztür ein Schlüssel herumgedreht.
Mit einem knarrenden Geräusch öffnete sie sich.
Vor uns stand ein hochgewachsener, breitschultriger Mann, dessen Kopf vollkommen kahl war. Tom überragte er mindestens um anderthalb Köpfe. Eine langgezogene Narbe zog sich über seine linke Wange. Die Augen waren blau. Der Blick flackerte unruhig.
Der Mann trug ein doppelläufiges Jagdgewehr unter dem Arm, das in unsere Richtung zeigte.
*
Das Kahlkopf musterte uns einige Augenblicke lang nachdenklich. Er machte zunächst keine Anstalten, uns
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