Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
ihm einen letzten finsteren Blick zu, riss den Duschvorhang zurück und trat wieder unter das Wasser. Als ich nach dem Waschlappen griff und mich weiter abschrubben wollte, lachte Danaus. In Wahrheit gab der Jäger keinen Laut von sich, aber ich konnte ihn innerlich lachen hören. Er provozierte mich, weil er mich aus der Reserve locken wollte. Früher am Abend hatte er meine Hand berührt und seine Kräfte durch mich fließen lassen. Unsere Verbindung war immer noch stark, wenn wir uns in unmittelbarer Nähe zueinander befanden. Wir hatten die Naturi getötet und überlebt, aber an den Nachwirkungen hatten wir immer noch zu knabbern. Ich konnte seine Gedanken nicht deutlich lesen, aber seine Gefühle strömten ungehindert zu mir hinüber. Und ich hatte den Verdacht, dass er meine ebenso leicht empfangen konnte.
„Bastard", knurrte ich und schrubbte mir den rechten Unterarm. Ich hegte keinerlei Zweifel daran, dass er mich durch das Wasserrauschen hören konnte. Ich wusste nicht, was Danaus war, aber ein Mensch war er ganz sicher nicht. Oder jedenfalls nicht ganz. Er fühlte sich zwar menschlich an, aber sein Gehör schien scharf wie das eines Nachtwandlers zu sein. Er verfügte über die Schnelligkeit und Beweglichkeit eines Lykanthropen, aber nicht über dessen Stärke. Er konnte zwar keine Sprüche wirken wie ein Zauberer, hatte aber eine finstere Gabe, die es ihm erlaubte, das Blut eines Wesens zum Kochen zu bringen. Wenigstens diese Kombination war es, die mich gelehrt hatte, vor ihm auf der Hut zu sein.
„Das sind Fanatiker", sagte Danaus einen Augenblick später. Seine Stimme klang müde, zu einem tonlosen Murmeln herabgesunken. „Sie haben genauso viele Menschen getötet wie echte Vampire. Warum?" „Tristan und ich haben heute Nacht drei von ihnen getroffen", antwortete ich. Ich seifte den Waschlappen erneut ein und fuhr mir damit über den Bauch, wobei ich erleichtert feststellte, dass die scheußliche klaffende Wunde von heute Nacht vollkommen verheilt war. „Oder nein, das stimmt nicht. Wir sind einem Mitglied der Coalition, einem Lykaner und einer Hexe begegnet."
„Die zusammen unterwegs waren?" „Ja. Der Mensch war da, um die Hexe und den Lykaner abzuholen." „Habt ihr sie getötet?" „Danaus!", rief ich und ballte die Faust um den nassen Waschlappen. „Habt ihr?" Ich warf den Waschlappen zu Boden, drehte mich um und zog erneut den Duschvorhang zurück, sodass ich ihn ansehen konnte. „Spielt es eine Rolle, dass sie uns zuerst angegriffen haben und es darauf abgesehen hatten, uns umzubringen?", schimpfte ich. „Nein." Obwohl Gesicht und Stimme bei seiner Antwort ruhig blieben, spürte ich, wie sich in seiner Brust momentlang etwas anderes regte. Ein Aufblitzen von Ärger und Enttäuschung. Vielleicht ein bisschen Angst.
Aber er hatte seine Gefühle wieder fest unter Verschluss, bevor ich einen der rasenden Wirbel in seinem Geist klar erkennen konnte.
„Der Mensch ist immer noch am Leben", sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen und riss den Vorhang wieder zurück, sodass die Metallringe, an denen er aufgehängt war, ein leises Quietschen von sich gaben. „Ich habe dem Mann die Hand gebrochen und ihn bewusstlos geschlagen. Die Hexe ist verschwunden, nachdem sie versucht hat, mich und Tristan zu flambieren." „Und der Werwolf?" „Der Lykaner ist tot", stieß ich hervor. Werwölfe können eine Menge einstecken, aber eine Kugel in den Kopf bei hohem Blutverlust - da kommt keiner wieder zu sich.
„Er hat unser Gesetz gebrochen. Wenn ich das nicht getan hätte, hätte er vielleicht dem Bund von uns allen erzählt." Ich sprach die Worte aus und glaubte auch an die Logik dahinter, aber erneut zog sich irgendetwas in meiner Magengrube zu einem Knoten zusammen. Es war mein vollkommener Mangel an Gewissensbissen. Die Tatsache, dass ich nicht eine Sekunde gezögert hatte, ihn umzubringen. Knox, mein Assistent in Savannah, hatte mich einmal eine skrupellose Mordmaschine genannt. Und diese Beschreibung war noch freundlich gewesen.
Ich stand unter dem heißen Wasser und versuchte die Erinnerung an diese Begegnung und an Danaus' Worte von mir abzuwaschen. Es bedeutete ihm gar nichts, dass wir einander gelegentlich aufzogen und miteinander scherzten. Mein Respekt vor seinen Fähigkeiten und seinem Ehrgefühl war wertlos. Letztendlich wollte er einfach nur alle meiner Art tot sehen. Er wollte meinen Tod, weil er in mir nicht mehr als eine Mörderin sah. „Verdammt, du verstehst nicht, worum es
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