Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
hatte mich vor ein paar Jahren kontaktiert, weil ich einen Vampir ausschalten sollte, der in einem kleinen Dorf in Nepal Arger machte. Eine Menge Leichen pflasterten seinen Weg. Das sorgte für zu viel Aufmerksamkeit, und ein großes Medien-unternehmen begann, sich dafür zu interessieren. Ich hatte den Nachtwandler vernichtet, und die Sache war vertuscht worden, indem man eine seltene Krankheit vorgeschoben hatte, die diese abgelegene Gegend angeblich heimgesucht hatte. Nach getaner Arbeit hatte ich auf dem Weg nach Hause einen Zwischenstopp in Venedig eingelegt, um einen Höflichkeitsbesuch zu absolvieren. Damals hatte nur Elizabeth auf der Insel residiert.
„Ja. Nun, es scheint, dass du in letzter Zeit ziemlich aktiv in England warst." Ich setzte zum Protest an und machte einen Schritt nach vorne, aber Macaire brachte mich mit erhobener Hand zum Schweigen. „Jabari hat uns erzählt, dass du nicht weit von London von einer Horde Naturi angegriffen wurdest. Üble Geschichte." Macaire wiegte den Kopf, während er die Ellenbogen auf die Armlehnen des Throns stützte. Er faltete die Hände über dem Bauch und musterte mich einen Moment, so als überlegte er.
„Wir sind dir sehr dankbar dafür, dass du Sadira und Jabari aus unseren Reihen das Leben gerettet hast. Das wäre ein schrecklicher Verlust gewesen." Er legte eine winzige Pause ein, und ich glaubte, etwas in seinen Augen zu erkennen, aber er fuhr eilig fort. „Allerdings hat es den Anschein, dass deine kleine Machtdemonstration für einige Probleme gesorgt hat, um die wir uns jetzt kümmern müssen." „Was für Probleme?", erschrak ich, während meine Schultermuskeln sich anspannten. Welcher neue Schrecken kam jetzt auf mich zu? Ich trat einen kleinen Schritt vor und wünschte, ich könnte Danaus und Sadira hinter mir etwas besser abschirmen, aber ich konnte nur ein gewisses Maß an Schutz bieten.
„Ich überlasse es unserem Gast, das zu erklären", sagte Macaire sanft.
In diesem Augenblick öffnete sich zur Linken des Podestes eine Tür, und eine Frau trat herein. Sie war Afroamerikanerin, mit vollem schwarzen Haar, das ihr über die Schultern fiel, und wunderschönen großen, braunen Augen. Sie durchquerte den Raum mit einer natürlichen Leichtigkeit und verführerischen Anmut, die Männer buchstäblich auf die Knie fallen ließ. Das hatte ich schon einmal gesehen. Ihr Name war Alexandra Brooks, und sie war ein Werwolf. Ich kannte sie seit fast fünf Jahren, bezweifelte aber, dass der Rat davon wusste. Lykaner und Nachtwandler hatten im Lauf vieler Jahrhunderte gelernt, einander zu tolerieren.
Äußerst selten kam es sogar vor, dass Nachtwandler und Gestaltwechsler sich zum gegenseitigen Vergnügen zusammentaten, aber der Friede schien nie lang zu währen. Einmal hatten wir einen Wettbewerb veranstaltet. Das war Valerios Idee gewesen. Wir fingen uns einen Dichter und zwangen ihn zu entscheiden, welche Wesen anziehender seien: Vampire oder Lykaner. Armer Idiot.
Das war wirklich eine ausweglose Situation für ihn, aber wir hatten unseren Spaß dabei. Nach etwas über zwei Wochen, in denen er seine Sinne an einer Reihe Vampire und einer ausgesuchten Palette von Werwölfen gewei-det hatte, teilte er uns ein paar interessante Beobachtungen mit. Diesem Dichter zufolge konnten Vampire ausgesprochen sexy sein, wenn sie sich still verhielten und einfach reglos dastanden, schlank und schön wie die weiße Venus von Milo. Lykaner wiederum schienen immer dann die größte sexuelle Anziehungskraft auszuüben, wenn sie sich in Bewegung setzten. Ihre Energie flammte auf, erfüllte den ganzen Raum und streifte jeden, der sich darin aufhielt; eine vollkommene Mischung aus Tier und Mensch.
Zu meiner Überraschung ließen wir den Dichter nach diesem Urteil laufen. Beide Seiten schienen mit der Einschätzung zufrieden, und Valerio hatte das Interesse verloren. Später hörte ich, dass der Mann, einige Monate nachdem er unseren Klauen entkommen war, Selbstmord begangen hatte.
Hinter Alexandra kam ein Prachtexemplar männlicher Schönheit in den Raum geschlendert. Er war über einen Meter achtzig groß und sah aus, als bestünde er aus reiner Muskelmasse und einer Spur Granit. Der Fremde war offenbar ein Kind der Sonne, mit vollem blondem Haar und bronzefarbener Haut. Er hatte weiche Gesichtszüge, volle Lippen und ein kleines Grübchen im markanten Kinn. Auch er war ein Lykanthrop. Seine Bewegungen waren zu geschmeidig für einen Menschen, und ein Hauch von
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