Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
einzustehen", rief ich ihm zu und lenkte damit seinen finsteren Blick wieder auf mein Gesicht. Heute Nacht hatte ich nicht nur geschworen, einen anderen Vampir vor dem Konvent zu beschützen, sondern auch noch einen Menschen. Jedes bisschen Schutz durch den Konvent war bestenfalls unsicher und flüchtig, etwas, das sich mit jedem Sonnenuntergang ändern konnte. Valerio hatte mir zwar immer noch nicht verziehen, aber wenigstens hatte ich ihm etwas zum Nachdenken gegeben. Das war immerhin ein Anfang.
Den restlichen Weg zum Thronsaal legten wir unbehelligt zurück. Zwar waren wir nach wie vor von einer beträchtlichen Gruppe ziemlich verärgerter Nachtwandler umringt. Aber im Moment gaben sie sich damit zufrieden, dass mich erst mal die Ältesten in die Mangel nehmen würden.
7
Der Thronsaal des Konvents lag nahe an der unserem Ankerplatz gegenüberliegenden Seite der Insel, aber immer noch so weit von der Küste entfernt, dass jeder, der dort an Land ging, noch ein paar Dutzend Meter bis zum Haupteingang hätte laufen müssen. Das große dreistöckige Gebäude war ganz aus dunkelgrauem Stein erbaut und erinnerte mit seinen hohen, schmalen Fenstern, in denen sich das blasse Mondlicht spiegelte, an eine alte Festung. Es ragte aus der Insel empor wie ein kalter, stiller Wächter, dem die ewige Ruhe versagt blieb. Es gab keine Beleuchtung, die den Weg zum Gebäude gewiesen hätte, nichts, was Neugierige hätte anlocken können, die zufällig einen gemütlichen Spaziergang über die Insel machten.
Als wir die Eingangstreppe emporstiegen, öffneten zwei muskelbepackte Männer die schweren Türen aus Holz und Stahl vor uns. In dem großen Gebäude trieben sich noch andere Menschen herum, eine Ansammlung von Bediensteten und Gespielen - und auch von bequem verfügbarem Essen, wenn die Umstände es erforderten.
Das war besser, als sich um einen Bissen aus dem nahen Hotel kümmern zu müssen, wenn es schon langsam dämmerte.
Ich würdigte die beiden Pförtner kaum eines Blickes, als ich an ihnen vorbei den langen düsteren Flur bis zu einer weiteren Pforte entlangschritt. Ein lautes Krachen hallte durch den Eingangsbereich, als die vorderen Türen geschlossen wurden, und das Geräusch brach sich an den Wänden, während es sich nach oben ausbreitete und schließlich an die hohe Decke hämmerte.
Ein Schauer lief mir den Rücken hinab, aber ich sagte kein Wort, während ich die alten Erinnerungen beiseiteschob, die sich in meinem Kopf breitmachen wollten. Ich ballte die Fäuste neben dem Körper und zwang mich, einen Schritt durch den Torbogen in den Thronsaal zu machen. Ich gestattete mir keinen Blick zurück zu Danaus, um ihm irgendwie Mut zu machen, obwohl ich es mir wünschte. Ich ging einfach weiter und hielt den Blick fest auf die Dreiergruppe gerichtet, die auf der leicht erhöhten Plattform am anderen Ende des Raumes saß.
Der kalte, unebene Stein, der im Eingangsbereich jeden Quadratzentimeter bedeckt hatte, machte im großen Saal beeindruckendem Luxus Platz. Polierte schwarze Marmorböden schimmerten im Kerzenlicht, so als erstreckte sich ein See aus flüssiger Nacht vor uns. Das Dach über den drei Stockwerken verlor sich in der Tintenschwärze über uns, die das flackernde Kerzenlicht nicht zu erhellen vermochte. Es war dem Konvent gelungen, die Nacht selbst hier in einen Käfig zu sperren, wenn er auch immer noch nach einem Weg suchte, die Zeit anzuhalten.
Es gab in diesem Raum keine Fenster, was ihn im Notfall zu einem sicheren Zufluchtsort vor dem Sonnenaufgang machte, aber der große Schlafsaal lag ein paar Meter unter der Erde. Die Wände waren von ausgesuchten Gemälden, Wandteppichen und Fahnen bedeckt - eine Kunstsammlung, fast so alt wie die Menschheit. Von der Decke hingen Kronleuchter aus Gold und Kristall, die im Kerzenlicht glänzten und funkelten. Aber so schön das alles auch war, es war zugleich auch kalt und still. Der Raum brachte es irgendwie fertig, zugleich die Atmosphäre eines eleganten Ballsaals und eines verstaubten Grabmals zu verströmen.
An der Stirnseite des Saals führten drei flache Stufen zu einem erhöhten Podest, auf dem vier reich verzierte Blattgoldthrone standen. In der Mitte saßen Jabari und Macaire, während Elizabeth sich auf dem Thron ganz links befand. Der Thron rechts neben Jabari war leer. Das war Tabors Platz gewesen. Dieser leere Platz wirkte jetzt, da ich einen Vampirjäger hergebracht hatte, mit einem Mal noch bedrohlicher. Obwohl es kein Konventsmitglied
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