Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
Patricia..."
"Nein, womit dann?"
"Es ist... schwer." Er schluckte. "Ich möchte niemanden in Gefahr bringen. Und schon gar nicht eine junge Frau, an der mir viel liegt." Er drehte den Kopf und der Blick seiner graugrünen Augen ging mir durch und durch.
Ich sah Zuneigung in diesem Blick.
Vielleicht auch mehr, wobei ich mich fragte, ob mir da nicht vielleicht meine innersten Wünsche einen Streich spielten, in dem sie mich das sehen ließen, was ich sehen wollte. Ich war verwirrt. Ich atmete tief durch und fühlte das unruhige Pochen meines Herzens.
In seinem Blick war aber auch noch etwas anderes.
Seelischer Schmerz...
"Von was für einer Gefahr sprichst du, Tom?" fragte ich.
Und dann begriff ich.
Es fiel mir wie Schuppen von den Augen.
"Der Leichenwagen", flüsterte ich. "Dieses seltsame Wesen aus schwarzem Licht oder Gas, das darin wohnt... Er hat dich gejagt!"
"Ja", gab er zu, während die Ampel auf grün sprang und der Wagen wieder anfuhr.
"Erklär es mir, Tom. Bitte! Wir müssen einen Weg finden, dieses mörderische Ding zu stoppen..."
"Es ist kein Ding, Patti. Es lebt."
"Was ist es?"
"Wirklich erklären kann ich es auch nicht. Ich bin kein Okkultist oder Parapsychologe. Es scheint eine Kreatur zu sein, die wie ein Rachegeist durch die Straßen Londons zieht und den Tod bringt..."
"Was hat das alles mit dem Namen Bascomb zu tun? Und weshalb hat uns dieses Wesen gestern nicht getötet?"
"Um auf deine letzte Frage zuerst zu antworten: Weil ich es aufgehalten habe."
"Was?"
Ich sah ihn erstaunt an.
Er zuckte die Schultern.
"Ich kann es nicht erklären, aber ich habe festgestellt, daß dieser Leichenwagen sich durch Konzentration aufhalten läßt. Nicht für immer, sondern nur für kurze Zeit. Und es kostet gewaltige Kräfte..."
"Geistige Kräfte?"
"Man kann es so nennen."
"Hast du schon einmal darüber nachgedacht, ob du vielleicht übersinnlich begabt bist?"
Tom lächelte.
"Nein, das glaube ich nicht..." Er machte eine Pause. "Du bist der erste Mensch, mit dem ich über diese Dinge spreche", sagte er dann. "Und vermutlich wirst du mir meine Geschichte auch kaum abnehmen..."
"Käme es nicht auf einen Versuch an?" erwiderte ich.
"Vielleicht. Und dieser Leichenwagen ist ja immerhin eine Realität, an der keiner von uns beiden zweifeln würde..."
"Das ist wahr, Tom!"
Ich schaute ihn aufmerksam an.
Er atmete tief durch.
"Weißt du, ich habe während meiner Zeit in Asien ein paar Monate in einem Tempel zugebracht, der irgendwo im Dschungel zwischen Laos, Thailand und Kambodscha liegt... Ich war sozu-sagen für ein paar Monate verschwunden, obwohl ich eigentlich nur für eine Reportage dorthin gekommen war."
Seine Stimme bekam jetzt ein eigenartiges, vibrierendes Timbre. Ich erfaßte sofort, daß die Geschehnisse, über die er nun berichtete, ihn sehr stark beeindruckt haben mußten. Er war innerlich tief bewegt.
"Es gibt eine Reihe Gerüchte darüber", sagte ich.
Sein Lächeln war verhalten.
"Ja, ich weiß. Weiß der Himmel, wie die in Umlauf gekommen sind. Vermutlich hat irgendeine Schwatztante in der Personalabteilung nicht den Mund halten können. Aber das ist mir ziemlich gleichgültig. Eines dieser Gerüchte besagt, daß mein Aufenthalt in jenem Tempel der Grund dafür war, daß ich meinen Job bei einer der größten Nachrichtenagenturen der Welt verlor..."
"Ja, das sagt man."
"Das Gerücht ist wahr."
"Was geschah dort?" fragte ich, während wir die Ladbroke Grove Road erreichten. Ich hatte auf einmal das Gefühl, ganz nahe an etwas sehr entscheidendem zu sein.
Tom stellte den Wagen am Straßenrand ab. Der Regen wurde noch heftiger. In einem gleichförmigen Rhythmus prasselten die Tropfen auf das Dach. Ein ständiges Getrommel.
Tom wirkte nachdenklich. Sein Blick schien ins Nichts gerichtet zu sein. Ich legte vorsichtig meine Hand auf seinen Arm. Er schien es kaum zu bemerken.
"Im Tempel von Pa Tam Ran lernte ich in strenger Abgeschiedenheit lebende Mönche kennen, die mir zunächst mit großem Mißtrauen begegneten... Von ihnen lernte ich besondere Konzentrationstechniken, mit deren Hilfe man die mentalen Energien bündeln kann und..."
"Und was?" hakte ich nach.
Ich sah ihm an, wie schwer es ihm fiel weiterzusprechen.
"Diese Mönche glauben an die Wiedergeburt. Der menschliche Geist ist nach ihrer Lehre nur vorrübergehend mit einem Körper verbunden. Wenn der Körper stirbt, bleibt die Seele erhalten und begibt sich auf eine Art Wanderschaft, um irgendwann wieder im
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