Jägerin des Herzens
sogar das einzige Mal. Du wolltest dein eigenes Glück opfern und mich heiraten, nur um meinen verletzten Stolz zu retten.«
»Bist du deshalb mit mir über all die Jahre befreundet geblieben?«, fragte Zachary überrascht. »Bei all den eleganten, wichtigen Leuten, die du kennst habe ich mich immer gefragt warum du dich gerade mit mir abgibst.«
»O ja«, erwiderte sie, »Taugenichtse, Verschwender, Diebe. Ich habe schon besondere Freunde. Offenbar ziehe ich auch königliche Hoheiten und Politiker an.« Sie lächelte ihn an. »Du bist der einzige anständige Mann, den ich kenne.«
»Die Anständigkeit hat mich nicht besonders weit gebracht was?«, bemerkte er düster.
Lily blickte ihn überrascht an und fragte sich, warum Zachary, der unverbesserliche Idealist, auf einmal so niedergeschlagen aussah. Es musste wirklich etwas vorgefallen sein. »Zach, du hast so viele wundervolle Eigenschaften. Du bist attraktiv …«
»Aber ich sehe nicht gut aus«, sagte er.
»Intelligent …«
»Aber nicht schlau. Nicht die Spur.«
»Schlauheit entsteht für gewöhnlich aus Bosheit, und davon besitzt du glücklicherweise wirklich nicht die Spur.
Und jetzt hör auf, mich zu veranlassen, hier dein Loblied zu singen; sag mir, warum du hergekommen bist.« Sie blickte ihn prüfend an. »Es ist wegen Penelope, nicht wahr?«
Zachary erwiderte ihren Blick. Er runzelte die Stirn und stieß einen langen Seufzer aus. »Deine Schwester und deine Eltern sind bei Wolverton in Raiford Park und treffen die Vorbereitungen für die Hochzeit.«
»Es sind nur noch wenige Wochen«, überlegte Lily und wärmte ihre nackten Zehen am Kaminfeuer. »Ich bin nicht eingeladen. Mutter hat Angst ich könnte eine Szene machen.« In ihrem Lachen klang Melancholie mit. »Wie kommt sie bloß auf eine solche Idee?«
»Deine Vergangenheit empfiehlt dich nicht gerade …«, versuchte Zachary zu erklären, und sie unterbrach ihn mit amüsierter Ungeduld.
»Ja, das weiß ich natürlich.«
Sie redete seit einiger Zeit nicht mehr mit ihrer Familie. Die Verbindung war schon vor Jahren von ihr selber abgebrochen worden. Sie wusste gar nicht was sie eigentlich bewogen hatte, sich gegen die Anstandsregeln aufzulehnen, die ihrer Familie so am Herzen lagen, aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Sie hatte Fehler gemacht die ihr nie verziehen werden würden. Die Lawsons hatten sie gewarnt dass sie nie wieder zurückkommen könnte. Damals hatte Lily ihnen ins Gesicht gelacht, jetzt jedoch empfand sie Bedauern. Wehmütig lächelte sie Zachary an. »Selbst ich würde nichts tun, um Penny in Verlegenheit zu bringen. Oder, Gott verhüte, die Aussicht gefährden, einen reichen Earl in der Familie zu haben. Mutters größter Traum.«
»Lily, hast du Penelopes Verlobten jemals kennen gelernt«
»Hmmrn … nicht wirklich. Ich habe einmal in Shropshire bei der Eröffnung der Moorhuhn-Saison einen Blick auf ihn geworfen. Groß und schweigsam, so kam er mir vor.«
»Wenn er Penelope heiratet macht er ihr das Leben zur Hölle«, erwiderte Zachary dramatisch, um sie zu sofortigem Handeln zu bewegen.
Lily ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie zog ihre dunklen, geschwungenen Brauen zusammen und betrachtete ihn mit fast wissenschaftlicher Kühle. »Zunächst einmal, Zach, es gibt kein ›Wenn‹, Penny wird Wolverton heiraten. Sie würde die Wünsche meiner Eltern nie missachten. Außerdem ist es kaum ein Geheimnis, dass du sie liebst …«
»Und sie liebt mich!«
»… und deshalb könntest du möglicherweise die Situation zu deinem eigenen Vorteil übertreiben.« Sie hob vielsagend die Augenbrauen. »Hmm?«
»In dieser Angelegenheit übertreibe ich keineswegs! Wolverton wird grausam zu ihr sein. Er liebt sie nicht wohingegen ich für sie sterben würde!«
Er war jung und melodramatisch, aber auf jeden Fall war er aufrichtig. »Oh, Zach!« Lily empfand Mitgefühl für ihn. Früher oder später liebte jeder jemanden, den er nicht haben konnte. Glücklicherweise war für sie einmal genug gewesen, um ihre Lektion zu lernen. »Du erinnerst dich vielleicht dass ich dir schon vor langer Zeit geraten habe, Penny dazu zu überreden, mit dir fortzulaufen«, sagte sie. »Entweder das oder sie zu entehren, damit meine Eltern eurer Verbindung zustimmen müssen. Aber jetzt ist es zu spät. Sie haben eine fettere Taube als dich gefunden.«
»Alex Raiford ist keine Taube«, erwiderte Zachary düster. »Er ist eher ein Löwe – ein kaltes, wildes Geschöpf, das deine
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