Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
gesehen. Wir wissen nicht, aus welchem Loch sie gekrochen kommen. Keiner traut sich mehr umherzustreifen. Daher hat man mir geraten, dich zu fragen.«
Glücklich sah der sandfarbene Kater nicht aus, fand Feli. Aber er nickte zustimmend.
»Ich werde es versuchen herauszufinden.«
»Wie stellst du das an?«, wollte Feli wissen.
»Ich glaube nicht, dass du das verstehst, Menschenmädchen.«
Nefer knurrte leise. Amenti sah ihn fragend an.
»Gib ihr Antwort, Amenti. Sie versteht mehr, als du denkst.«
»Wie du meinst.« Er wandte sich Feli zu und dozierte: »Das Land ist von Adern durchzogen wie ein lebendiger Leib. Wasser, Erze, geronnenes Gestein, uraltes Leben. Manches sammelt sich in Höhlen, in Senken oder in Flüssen. Wasser sieht man meistens, Erze selten, Gesteinsschichten nur, wenn sie sich zu Gebirgen auftürmen. Jede dieser Adern besitzt seine eigene Schwingung, die die Fähigen unter uns zu verspüren wissen. Wir verfolgen ihren Verlauf, erkennen, wenn sich Spannungen ergeben, Kavernen zusammenbrechen, Risse sich auftun. Nicht alles ist gefährlich, manches natürlich. Andere Stellen führen zu tieferen Schichten, zu Bereichen, die einst von Wissenden und Weisen erschaffen wurden.«
»Durchgänge zu den Grauen Wäldern.«
»Dorthin und auch zu anderen Gefilden. Nicht alle wissen davon, manche glauben, es seien nur alte Mythen, Sinnbilder aus der Welt der Träume.«
»Und doch scheinen alle Trefélingeborenen zu wissen, dass es eine Welt der Menschen gibt.«
»Manchen ist das nicht sonderlich recht, aber ja, wir wissen es. Dieser Teil der Geschichte ist noch jung. Und unsere Neugier ist groß.«
Feli lächelte, und ihre Schnurrhaare fächerten sich dabei nach vorne auf.
»Nicht nur Katzen sind neugierig.«
»Sieht so aus.«
Auch Amenti lächelte. Wenn er einen aufmerksamen Zuhörer hatte, schien er aufzutauen. Also stellte sie weiter Fragen.
»Du spürst also die Erdströme. Mit den Pfoten?«
»Sie sind sensibel, ja. Aber siehst du hier?«
Er hob eine Pfote und wies auf die langen Tasthaare hin.
»Vibrissen, ich weiß.« Feli betrachtete ihre eigenen Pfoten. Auch sie konnte unsichtbare Strömungen fühlen, wenn sie sich darauf konzentrierte. Als Mensch, mit einem Pendel. Es wäre einen Versuch wert, es mal mit den neuen Sinnesorganen zu testen.
»Wonach suchst du, wenn du die Stellen finden willst, aus denen die Schlangen kommen?«
»Nach einer alten Verwerfung, die in die Grauen Wälder führt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass irgendwo eine Höhle eingebrochen ist, sich eine Schicht verschoben hat …«
»Oder jemand eine Stelle aufgekratzt hat?«
»Heiliger Sphinx, nein. Das würde keiner von uns wagen.«
Feli sah zu Nefer hin. Der aber schüttelte nur leicht den Kopf. Gut, der Namenlose würde nicht erwähnt werden.
»Amenti, zeig mir eine der Adern, die du verfolgen willst. Ich glaube, ich kann dir bei der Suche helfen.«
»Tatsächlich?«
»Auch wir Menschen haben unsere Qualitäten.«
Nefer schnaubte belustigt. Aber er stimmte zu: »Die hat sie. Versucht es, je schneller wir fündig werden, desto besser.«
»Nun gut. Folge mir, Feli.«
Sie lief hinter ihm her, und mitten in einem Feld von violettem Heidekraut blieb er stehen und tastete vorsichtig mit der Vorderpfote den Boden ab. Dann hob er die Nase und ließ die Barthaare vibrieren.
»Stell dich hier hin und sage mir, was du erkennst.«
Feli betrat die gleiche Stelle und konzentrierte sich. Auf was, das wusste sie nicht recht. Normalerweise hätte sie ein Pendel an ihrem Finger schaukeln lassen. Eine Weile fiel ihr überhaupt nichts Ungewöhnliches auf. Der Wind streifte ihr durch das Fell, der Boden war warm, die Kräuter ein wenig kratzig, Bienen summten zwischen den Blüten …
Summten.
Es summte an ihrem Ohr. Besser, es vibrierte ganz sanft in ihrem Ohr. Der Ring schien ein Eigenleben zu entwickeln. Sie hörte auf ihn, und während sie das tat, setzte ein feines Kribbeln in ihren Pfoten ein. Sie tastete über den Boden, folgte der Spur einige Schritte weit und drehte sich dann um.
»Wasserader.«
Amenti wirkte erstaunt.
Nefer grinste.
»Erstaunlich. Dann begleite mich, Feli.«
»Ja, aber du musst für mich jagen, Amenti. Das kann ich nämlich nicht besonders gut.«
»Das wird sich machen lassen.«
»Es werden euch zwei Grenzwächter begleiten«, sagte Nefer.
Sie folgten ihren Empfindungen für das Land. Amenti wandte sich als Erstes dem Roc’h Uhel zu und untersuchte ihn gründlich. Feli übte sich darin,
Weitere Kostenlose Bücher