Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
aus seiner Kehle.
»Finn! Finn!«
In seinem Kopf gellten Schreie höchster Not.
»Finn, mach die Augen auf.«
Er hatte keine Augen mehr.
»Finn.«
Sanfte Lippen berührten seine. Ein feiner, süßer Geschmack füllte seinen Mund. Die Horrorvisionen verflogen so schnell, wie sie gekommen waren. Verwirrt blinzelte er.
»Flashback«, murmelte Feli. »Geht’s wieder?«
»Muss.«
Er kam auf die Knie. Neben ihm lag Che-Nupet auf dem Boden, zitternd und mit zuckendem Schwanz.
»Was ist mit ihr?«
»Ich weiß es nicht. Schnuppel. Schnuppel, du wolltest Tija helfen.«
Tija sah auf, und ein gepeinigtes Lächeln huschte über ihre Lippen.
»Wie nennst du sie?«
»Che-Nupel. Manchmal.«
»Darf sie«, wisperte Che-Nupet und kam auf die Pfoten.
»Che-Nupet«, sagte Tija heiser. »Kannst du etwas für mich tun?«
»Kann ich. Gleich, ne.«
»Sie hat Schmerzen. Sie hat seit gestern keine Mittel mehr dagegen genommen«, erklärte Feli.
»Mach ich. Geht ihr weg, ne.«
»Warum? Sie braucht Hilfe«, begehrte Finn auf.
»Komm, sie wissen, was sie tun.«
Er folgte ihr, aber sah sich noch einmal um.
»Finn!«
»Ich verstehe das nicht. Was ist diese Che-Nupet, Feli? Erst sitzt sie auf dem Baum und traut sich nicht runter, dann macht sie wieder irgendeinen Hokuspokus.«
»Du wirst es einfach akzeptieren müssen. Ich tue es, und dann kommt man wirklich prima mit ihr aus. Wir wissen doch, dass sie Geheimnisse zu hüten hat.«
»Und du auch.«
»Ich?«
Feli schielte, und ein Schmetterling setzte sich auf ihre Stirn.
»Weiber!«
»Ja, so sind wir. Wo ist Ronya?«
»Oh, sie wollte vorne an dem Tor warten.«
»Gut, dann trägst du Tija zu ihr.«
»Meinst du, dass es wirklich klappt?«
»Klappt, ne«, sagte es hinter ihm. »Kommt ihr.«
Auf der Decke des Rollstuhls lag eine wuschelige braune Perserkatze, Verbandsmaterial war auf den Boden geglitten. Sie schnurrte leise.
Finn beugte sich zu ihr hinunter, legte die Decke über sie und nahm sie auf den Arm. Die Erinnerung an Seba packte ihn, und er musste sich auf die Lippen beißen.
»Bald wird alles gut«, flüsterte er und hoffte, dass das auch für ihn galt.
Ronya hatte einen Transportkorb weich ausgepolstert, doch als sie über die Schotterwege zum Dolmen holperten, jammerte Tija leise. Finn streichelte und kraulte die Katze unablässig.
»Ich habe ein schmerzstillendes Medikament dabei«, sagte Feli. »Darf ich es ihr geben, Schnuppel?«
»Mach. Schadet jetzt nicht mehr, ne.«
Finn sah zu, wie sie geschickt eine Spritze aufzog und sie Tija in das Nackenfell piekte.
»Danke«, murmelte Tija.
Sem, Ani und Pepi warteten bereits auf sie.
»Müssen wir warten, bis es dunkel geworden ist?«
»Müsst nicht. Können wir gleich gehen.«
Che-Nupet sprang aus dem Wagen, Feli folgte ihr mit dem Korb.
Ronya blieb hinter dem Steuer sitzen, aber Finn stieg ebenfalls aus und öffnete den Kofferraum. Darin befanden sich zwei prall gefüllte Rucksäcke.
»Hier, ich hoffe, wir haben nichts vergessen.«
»Die Tücher und Majestätens Leberwurst sind drin?«
»Ja, und auch ein Mitbringsel für Nefer.« Finn lächelte traurig. »Ich würde so verdammt gerne mitgehen.«
Sem legte ihm den Arm um die Schulter.
»Wär klasse, Finn. Und – echt, es war schön hier. Ich komm bestimmt mal wieder her. Kümmer dich gut um die beiden Rabauken!«
Ani und Pepi drückten sich an Sems Bein. Er zauselte sie.
»Ich nehme sie gleich mit. Wer von euch beiden will zu Ronya, wer zu mir?«
»Ist die scharfe Chip noch bei dir?«
»Ja, sicher.«
»Okay, ich bin dabei.«
»Hey, und ich?«
»Du hast im Feliday Inn die Auswahl, Pepi.«
Ein kurzes Raufen noch, dann sah Finn zu Feli hin. Sie stellte den Korb mit Tija ab und legte ihm die Arme um die Hals.
»Danke, Finn.« Ein sanfter, sehr zärtlicher Kuss folgte. Er erwiderte ihn mit einem unerwarteten Verlangen.
»Passt auf euch auf, Feli. Ich warte dann beim nächsten Vollmond hier auf dich.«
»Es wird schon gut gehen.«
»Machst du Nase, Finn?«, fragte Che-Nupet.
Er kniete nieder, und die Katze drückte ihm ihre braune Nase auf die seine.
»Du bist seltsam, Schnuppel, aber du hast ein großes Herz. Grüß Amun Hab und Anhor und Nefer und Majestät von mir.«
»Mach ich. Bin ich komisch, ne?«
Er sah in ihre waldseegrünen Augen, und ganz plötzlich war da nicht mehr eine dicke, rotbraune Katze, sondern eine Frau. Eine große Frau, um deren runde Hüften ein gefältelter goldener Rock lag, die schmale Taille blieb frei,
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