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Jagd auf Jesse James

Jagd auf Jesse James

Titel: Jagd auf Jesse James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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Servierjacke Cocktails für die Gäste, die am Tresen lehnten.
    Lassiter stellte sein Gepäck ab und bestellte einen Mint Julep. Während der Barkeeper mit einem Stößel das Mundeis in einem Zinnbecher zerkleinerte, sah Lassiter sich um.
    Das Barabteil war zwar klein, aber gemütlich eingerichtet. Es gab eine Sitzecke mit Polstersesseln, einen klobigen Spieltisch mit Intarsien auf der Platte und einen dicken Samtvorhang, hinter dem er eine Waschgelegenheit vermutete. Ein halbes Dutzend Öllampen mit farbigen Schirmen sorgten dafür, dass das Abteil in anheimelndes Licht getaucht wurde.
    »Bitte sehr, Sir.« Der Barmann legte einen Untersetzer hin und stellte den Zinnbecher darauf.
    »Danke.« Lassiter nahm den Minzestängel vom Rand und nippte genüsslich an dem Drink.
    Die Männer, die neben ihm standen, nahmen das Gespräch wieder auf, das sie unterbrochen hatten, als er sich zu ihnen gesellt hatte.
    »Wo haben sie die Tote gefunden?«, fragte ein Mann mit ergrauendem Yankeebart.
    »Auf dem Hinterhof eines Saloons«, sagte sein Nachbar, ein Endvierziger mit roten Pausbacken, der einen piekfeinen Anzug trug. »Der Mörder hat ihre Leiche unter einem Haufen Brennholz versteckt. Ein herumstromernder Köter hat sie vorgezerrt.«
    »Brrr!« Der Graukopf schüttelte sich.
    Lassiter spitzte die Ohren. Ein unwohles Gefühl beschlich ihn. Sofort hatte er die Fotografie auf dem Schreibtisch von Don Miles vor seinem inneren Auge. Nicht auszudenken, wenn es sich bei der Toten um die Tochter seines Kontaktmannes handelte. Lassiter weigerte sich, den Gedanken zu Ende zu spinnen.
    »Bisher ist ihre Identität nicht geklärt«, fuhr der andere fort. »Ein Jammer! Niemand scheint das arme Ding zu vermissen. Dabei sind Frauen in dieser Gegend Mangelware. Es ist, als wäre die Kleine vom Himmel gefallen.«
    »Sicher eine Herumtreiberin«, sagte der Pausbäckige.
    »Ja, sicher.« Die Männer verfielen in brütendes Schweigen.
    »Eine Frage, Gents«, mischte Lassiter sich ein, »dieses tote Mädchen, von dem sie eben sprachen, in welcher Stadt ist sie entdeckt worden?«
    »Maryville, Missouri.«
    Lassiter ließ seinen Drink sinken. Maryville lag nördlich von St. Joseph, nur wenige Meilen entfernt.
    »Wissen Sie noch mehr über diese Leichensache?«, hakte er nach.
    »Nein, der Artikel in der Zeitung war nur sehr kurz, knapp fünf Zeilen.«
    »Über die Herkunft der Toten ist nichts weiter bekannt?«
    »Nicht die Bohne.« Der Rotwangige seufzte. »Sie hatte weder Papiere, noch irgendwelche anderen Utensilien bei sich. Wenn man der Zeitung glauben darf, war sie nicht älter als Mitte Zwanzig. Das Scheusal, das ihr das angetan hat, sollte geteert und gefedert werden.«
    Der andere Mann nickte stumm.
    Lassiter rang um Fassung. Er wurde dieses beklemmende Gefühl, das ihn befallen hatte, einfach nicht los.
    Er entschied, nicht in St. Joseph, sondern in Maryville auszusteigen. Wenn es sich bei der Toten tatsächlich um Jona Miles handelte, würde er dafür sorgen, dass ihre sterblichen Überreste unverzüglich zu ihrem Vater nach Kansas City überführt wurden.
    Der Appetit auf Mint Julep war ihm vergangen.
    Er bezahlte den Drink, dankte dem Pausbäckigen für die Auskunft und begab sich zu seinem Abteil zurück. Als er die Tür aufschob, ließ der Bursche mit der Augenklappe gerade seinen Colt um den Zeigefinger wirbeln.
    »Dein Spiel ist aus, Jesse!«, grölte der und zielte auf einen seiner Mitläufer. »Peng! Peng! Peng!«
    Die Burschen brachen in kollektiven Jubel aus. »Peng! Peng! Peng!«
    Lassiter war heidenfroh, als der Zug Maryville erreichte. Er stieg aus und fragte einen Eisenbahner nach dem Marshal’s Office . Gleich würde er wissen, ob es sich bei dem tot aufgefundenen Mädchen um eine Fremde oder um die Tochter seines Kontaktmannes handelte.
    Lieber Gott, lass es eine andere sein , dachte er, als er in das Büro trat.
    ***
    Jona Miles wurde wach, als sie die Türangeln quietschen hörte.
    Sie schlug die Augen auf und fand sich unter einer Decke auf einem Plüschsofa liegend. Neben ihr hing Calamity Jane in einem Ohrensessel und schnarchte wie ein Grizzly im Winterschlaf. Zu ihren Füßen lag eine leere Whiskeyflasche.
    Ein Schatten fiel über Jona.
    Sie hob den Kopf. Die Gestalt, die gerade in die Kammer kam, zog leise die Tür zu.
    »Uncle Tom?«
    Der Pockennarbige hob die Hände. »Pst!«
    Jona fuhr sich übers Gesicht. Hinter ihrer Stirn hämmerte ein Specht. Sie hatte einen Geschmack im Mund, als hätte sie Lumpen

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