Jagd auf Mrs. Pollifax
feiern, da einer von ihnen an den obersten Gerichtshof berufen wurde.«
»Gilbert Montano?« fragte sie.
»Ja, Ma'am. Möchten Sie eine Nachricht für Mr. Reed hinterlassen?«
Mrs. Pollifax überlegte rasch eine Erklärung für die Geschehnisse der letzten Tage. »Ja, sagen Sie ihm bitte«, formulierte sie vorsichtig, »daß seine Frau einen wichtigen Auftrag zu erledigen hat. Und daß Mr. Carstairs - ich buchstabiere, C-a-r-s-t-a-i-r-s, sie noch einige Tage braucht. War das zu schnell für Sie?«
»Nein, Ma'am. Ich habe alles notiert. Soll ich es Ihnen vorlesen?«
»Ja, bitte.«
Nachdem das erledigt war, legte sie auf. Sie war ziemlich enttäuscht, daß sie Cyrus nicht hatte erreichen können. Andererseits, sagte sie sich, hatte er während der letzten Tage bestimmt mehrmals versucht, sie zu erreichen, ebenso vergebens und enttäuschend für ihn. Es war deshalb nur fair, daß es ihr nicht besser erging. Er würde in ein leeres Haus heimkommen - ein Haus mit Brotkrumen und leeren Ölsardinendosen in der Rumpelkammer, ohne Ehefrau und möglicherweise auch ohne Wagen, falls Pete noch keine Zeit gehabt hatte, ihn abzuholen und zurückzubringen. Der einzige Trost war, daß er im Kühlschrank Salami und ein Hühnchen finden würde, ebenso die kunstvoll garnierten und auf einer Platte arrangierten Sandwiches. Ihr erschien der Garten-Club in ferner Vergangenheit zu liegen.
Sie hielt Bishop an, als er durchs Büro rannte, und bat ihn um Willies Telefonnummer in Maine. Willie mußte direkt neben dem Telefon gesessen und auf einen Anruf gewartet haben, denn er hob bereits beim ersten Läuten ab. »Willie, hier Emmy Reed«, sagte sie. »Wie geht es Boozy Tim?«
Willie ließ sich Zeit mit der Antwort. »Ich bin in ständiger Verbindung mit dem Krankenhaus, Emmy. Er wird es schaffen, aber er ist dem Tod wirklich nur um Haaresbreite entkommen. Diese beiden Bengs haben ihn dermaßen unter Drogen gesetzt, daß ihn das beinahe umgebracht hat. Er ist noch ziemlich verwirrt, aber der Arzt ist bei ihm. Sie mußten dem armen Kerl den Magen auspumpen. Jake und Pogo sind ebenfalls bei ihm.«
»Eine wirklich erfreuliche Neuigkeit. Sie werden den Rummel heute nacht abbauen?«
»Ja — schade, daß Sie nicht dabei sein können. Übrigens, Sie waren mißtrauisch, was Lubo betrifft Die Polizei brachte ihn zum Reden. Sie ließ ihm keine Ruhe, bis er auspackte.« Willie gluckste. »Er war ein mathematisches Genie und hat sich in den Achtzigern eine Computerfirma aufgebaut - stand ziemlich hoch im Kurs in der Wall Street -, doch dann trieb die japanische Konkurrenz ihn in den Bankrott. Der verrückte Kerl entschied sich, mit seinem früheren Leben Schluß zu machen und ein wenig Spaß zu haben.«
»Oh, ein Aussteiger!« sagte Mrs. Pollifax.
»Nein, eher ein Verrückter.« Willie lachte. »Aber ich versprach, Ihnen etwas zu verraten, nicht wahr? Über Anyeta Inglescu?«
»Ja — kennen Sie sie?«
»Ob ich sie kenne? Sie ist meine Großmutter. Ja develesa, Emmy.« Er legte auf.
Auf dem Flug nach New Haven ertappte sich Mrs. Pollifax mehrmals beim Gähnen. Und wieder saß sie neben diesem einnehmenden Kind, das sie in ihrer Rumpelkammer entdeckt hatte, und hatte ganz plötzlich das Gefühl, als würde dieser Augenblick sich wiederholen. Aber sie saß ja im Flugzeug mit Carstairs, was ihr allerdings auch ein wenig merkwürdig vorkam. Er war nicht gerade mitteilsam gewesen, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, warum er sich spontan bereit erklärt hatte, Kadi und ihrem Freund zu helfen, ganz zu schweigen von seinem Interesse an Ubangiba. Bishop hatte flüchtig erwähnt, daß er seit einigen Tagen wie besessen von diesem Land war, wußte aber ebenfalls nicht, warum. Zweifellos tat sich dort etwas, oder Carstairs drehte durch. Aber sie war überzeugt, daß Carstairs nie durchdrehte.
In der Polizeidirektion bestand Carstairs auf einem abgelegenen Zimmer an der Gebäuderückseite, und sie bekamen eines mit Aktenschränken an drei Wänden und in einer Ecke hoch aufgestapelten Pappkartons. Stühle wurden geholt, und Mrs. Pollifax sowie Kadi warteten in einer spannungsgeladenen Stille, während Carstairs mehrmals ans Telefon gerufen wurde, von wo er jedesmal sichtlich zufrieden zurückkehrte.
Er war gerade wieder bei ihnen, als eine protestierende Stimme auf dem Korridor laut wurde, und andere, die den Protest zu unterdrücken versuchten. Die Tür flog auf, und zwei Polizisten brachten Sammat Jusufu herein. Als die zwei ihn losließen und er die drei
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