Jagd auf Mrs. Pollifax
wovon ich Sie heute nachmittag bei Willie wegriß.«
Eine Terrine mit dampfendem Chili wurde mit den nötigen Tellern und Bestecken vor sie gestellt, dazu gab es Maismuffins und Butter, außerdem eine Thermoskanne mit Kaffee.
Mrs. Pollifax griff nach einem Löffel und sagte: »Zuerst müssen Sie das mit Boozy Tim verstehen.«
»Wie bitte?«
»Boozy Tim war unheimlich lieb«, warf Kadi sofort ein. »Und ihm ist Gott erschienen, wissen Sie.«
Nachdem das erklärt war, fügte Mrs. Pollifax hinzu. »Ihm wurde schließlich klar, daß der Mann, der ihm nach dem ›HeRube‹-Ruf auf den Fuß getreten war - der Mann mit dem Weihnachtsmannbart -, Jasnas Vater sein mußte. Vielleicht seine Haltung oder sein Gang, wenn er sich unbeobachtet fühlte ...«
Kadi unterbrach sie. »Ich würde es Boozy Tim allerdings auch zutrauen, daß er unter Jasnas Wohnwagen gekrochen ist, um zu lauschen, oder verstohlen durchs Fenster spähte. Und nachdem er vermutete, daß Jasnas Vater gar nicht blind war ...«
»Aber sein Bart war nicht wirklich weiß«, warf nun Mrs. Pollifax ein. »Sobald jemand Willie darauf aufmerksam machte, daß der Mann sich verkleidet haben könnte, marschierte Boozy Tim in die Stadt und kaufte zwei falsche Barte, um mit ihnen zu experimentieren und herauszufinden, wie man einen echten schwarzen Bart für nur etwa eine Stunde weiß kriegen könnte. Bedauerlicherweise vertraute er sich niemandem an, und offenbar war der Mann, den er verdächtigte, genau der, den wir suchten ... Wir vermuten, daß Jasna und ihr Vater Boozy Tim knebelten und nicht gerade sanft mit ihm umsprangen - es war Blut auf dem Tisch - und ihn im Dunkeln zu ihrem Wohnwagen schleppten, um zu überlegen, was sie mit ihm tun könnten. Ihr Plan war, ihn zu töten, aber es sollte wie ein Unfall aussehen - als hätte er sich erboten, für Jasnas Vater einzuspringen. Und Jasna hätte dann eben bei ihrem Auftritt unglücklicherweise danebengetroffen ...«
»Und ihn so getötet«, schloß Kadi grimmig. »Was dazu führte, daß Jasna die Sache ausbaden mußte, nachdem ihr Vater entkommen konnte. Ich habe eine Skizze von Jasna . angefertigt«, sagte sie zu Carstairs.
»Und das macht sie großartig«, versicherte ihm Mrs. Pollifax. »Es könnte helfen, Jasna zu identifizieren.«
»Weiß Gott, wir können Hilfe brauchen. Denn nur nach dem Namen Jasna...«
Kadi kramte im Rucksack nach ihrem Zeichenblock und schlug das Blatt mit Jasnas Bild auf. »Das ist sie.«
Carstairs betrachtete die Skizze eingehend und runzelte die Stirn, dann reichte er sie seinem Assistenten und sagte: »Bishop, holen Sie das Dossier über Olga Broniewski. - Die Broniewskis«, erklärte er den Damen, »waren in Europa im Showbusineß, und von ihrem malträtierten Haar abgesehen, könnte das durchaus Olga sein!« Bishop ließ sein Chili stehen, um im Aktenschrank zu suchen.
»Wenn diese Jasna wirklich Olga ist, dürfte ihr bärtiger blinder Vater ihr Ehemann Tamas sein«, sagte Carstairs nach einigem Nachdenken.
Mrs. Pollifax blickte auf. »Ehemann?«
Carstairs nickte. »Mitte Dreißig, ein skrupelloser Kerl - ein gefährliches Paar die beiden. Gewöhnlich treten sie in Wanderzirkussen auf.« Nach einem kurzen Blick auf die zwei Fotos, die Bishop ihm entgegenstreckte, nickte er. »Sehen Sie sich die Bilder an.«
Mrs. Pollifax tat es und nickte bestätigend. »Kein Zweifel, das ist Jasna, wenngleich mit längerem Haar.«
Kadi starrte auf die Fotografie des Mannes und stammelte: »D-das soll ihr blinder Vater sein? Er ist jung und ausgesprochen gutaussehend!«
»Eine Lektion für Sie, was gute Verkleidung und eine perfekte Maske fertigbringen«, sagte Carstairs amüsiert. »Das erklärt jedenfalls, wie er unbemerkt entkommen konnte. Ich nehme an, nachdem er seiner Frau geholfen hatte, Boozy Tim die Drogen zu spritzen oder einzugeben, ihn für den Auftritt anzukleiden und an die Wurfwand zu binden, stutzte er seinen Bart und schlenderte durch den Ausgang. Für die Polizisten dort war er lediglich ein junger Mann, der zu seinem Wagen ging oder nach seiner Freundin Ausschau hielt...«
»Aber wo ist die Verbindung?« wollte Mrs. Pollifax wissen.
Carstairs ignorierte die Frage. »Haben Sie sonst noch irgendwelche Bilder, Kadi?«
»Ich habe ein Foto oder vielmehr einen Schnappschuß von Sammy.« Sie griff in den Rucksack und holte ihre Brieftasche heraus.
Carstairs streckte die Hand nach dem Foto aus, aber sein Blick verweilte einen Moment auf Kadis Gesicht. Mrs. Pollifax dachte unwillkürlich,
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