Jagd auf Mrs. Pollifax
hatte ich ja vergessen, Sammy! Sie sind König Sammats Enkel!« Auch er wandte sich jetzt an Mrs. Pollifax. »Du wirst das sicher sehr aufregend finden, Sammy ist nämlich königlichen Geblüts!«
»Königlichen Bluts!« quiekte Kadi regelrecht und klatschte begeistert in die Hände. »Wenn ich das meiner Clique zu Haus erzähle!«
Sammat tat, als unterdrücke er ein Lachen. »Halb so wild.« Er ignorierte Mr. Leclercs finsteren Blick und sagte: »Es steht ein Wagen für uns bereit, ich nehme Sie gleich mit!«
»Aber Sammat...«
»Die Limousine ist groß genug«, wies Sammy Leclerc zurecht. »Mr. Carstairs ist ein alter Freund. Ich lasse ihn doch nicht einfach hier stehen!«
»Das gefällt mir nicht!« sagte Mr. Leclerc warnend, und sein Gesichtsausdruck verriet Mrs. Pollifax, daß Mr. Leclerc nicht nur arrogant war, sondern auch skrupellos sein konnte. Sammy wandte ihm den Rücken zu, und während er neben Carstairs zum Ausgang schritt, fragte er: »Wie viele Jahre ist es her, Sir?«
»Zu viele! Ah, Devereaux, da sind sie ja ... Wir wurden in den Palast eingeladen, und das ist der alte Freund der Hopkirks, von dem ich Ihnen erzählt hatte! Sammy, das ist Monsieur Devereaux.«
Clarence Mulimo war verschwunden, und Mr. Leclerc sah sich einer Überzahl von Leuten gegenüber, so daß er nichts unternehmen konnte. Zusammen gingen sie durch den Ausgang, über dem ein weiteres riesiges Bild von Simoko prangte, in den strahlenden Sonnenschein von Languka. Mrs. Pollifax bemerkte, daß Mr. Leclerc Carstairs verstohlen musterte, vielleicht sogar mißtrauisch, was nicht verwunderlich wäre, wenn er irgend etwas mit Chigi-Schrotverwertung und Kadis Verfolgung zu tun hatte. Jedenfalls schienen Sammy und Clarence unter seiner Aufsicht zu stehen.
Das, was Mr. Leclerc ein Empfangskomitee genannt hatte, wartete vor dem Flughafengebäude. Nie zuvor hatte Mrs. Pollifax eine so griesgrämige Personengruppe gesehen. Offenbar waren diese Leute gegen ihren Willen für diesen Empfang zusammengetrommelt worden, und nun hielten rotuniformierten Polizisten sie in Schach. Sammat, der den Blick über die Gesichter hinter der Absperrung schweifen ließ, rief erfreut: »Laraba!« Er schritt eilig auf eine magere, barfüßige Frau in rotem T-Shirt, langem schwarzem Rock und gepunktetem Kopftuch zu. Ihr bisher unbewegtes Gesicht strahlte auf, sie lachte und erwiderte Sammys Umarmung.
Seufzend murmelte Kadi: »Verdammt, ich würde sie auch gern umarmen, das ist Laraba, und ich bin als Blondchen in schreiender Kleidung maskiert.«
»Eine Freundin?«
»Eine sehr gute! Sie und Rakia, die Krankenpflegerin meines Vaters, hatten mich versteckt und aus Ubangiba geschmuggelt.«
Die bisher verdrossenen Gesichter der Leute wurden plötzlich viel freundlicher. Ein paar Männer lösten sich aus den Reihen und rannten zu Sammy, um ihm die Hand zu schütteln. Mr. Leclerc machte schließlich gereizt darauf aufmerksam, daß der Wagen auf sie wartete. Ihm entging, daß Sammat, als er zu ihnen zurückkehrte, Kadi angrinste und im Vorbeigehen zuflüsterte: »Laraba läßt dich grüßen und heißt dich willkommen. Sie hat deine Verkleidung sofort durchschaut.« Kadi lachte.
Das Gras um das Flughafengebäude war giftgrün wie künstlicher Rasen, und die weiße Pullmanlimousine wirkte neben den fast schrottreifen Privatwagen und Taxis, die gegenüber dem Eingang parkten, völlig deplaziert. Was sind wir doch für eine seltsame Gruppe, dachte Mrs. Pollifax. Stover und Devereaux mit Pokergesicht, Leclerc nahe daran, vor Wut aus der Haut zu fahren, Kadi und Sammat strahlten einander an, und wer wußte schon, was Carstairs dachte oder empfand? Als sie die Limousine erreicht hatten, gab es leichte Schwierigkeiten damit, wer wo sitzen sollte. Mr. Stover erklärte sich von selbst dazu bereit, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, aber Mr. Leclerc sah sich gezwungen, sich mit einem Notsitz zufriedenzugeben, was ihn nur noch wütender machte.
Als sie den Flughafen hinter sich gelassen hatten, dachte Mrs. Pollifax, daß die Straße zur Stadt einst pompös geplant gewesen sein mußte, denn sie fuhren durch die breite Allee, die sie vom Flugzeug aus bemerkt hatte und die vom Flughafen in gerader Linie zum Palast verlief. Leider hatten Jahre der Vernachlässigung, Staatsstreiche und Aufruhr jegliche Pracht zunichte gemacht. Die staubigen Bäume vermochten die Elendshütten dahinter kaum zu verbergen, und die Mauern einst prächtiger Villen waren voller Einschußlöcher.
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