Jagd auf Roter Oktober
gelehrt. Nun konnte Ethan Allen gehen. Ihre Raketenrohre waren schon vor Monaten mit Ballast gefüllt und versiegelt worden, und man hatte alle Wartungsarbeiten aufs Allernotwendigste beschränkt, während die Bürokraten im Pentagon über ihre Zukunft stritten. Man hatte erwogen, sie für miniaturisierte Cruise Missiles umzurüsten wie die neuen russischen Oscars, dann aber den Plan aus Kostengründen fallen gelassen. Ethan Allen war technisch überholt. Die Hülle des S-5-W-Reaktors und die inneren Installationen waren von zahllosen Neutronen bombardiert und, wie kürzlich eine Materialprüfung ergeben hatte, dabei gefährlich brüchig geworden. Die Lebenserwartung des Systems betrug nur noch drei Jahre. Ein neuer Reaktor käme zu teuer. Ethan Allen war am Ende.
Das Wartungspersonal setzte sich aus Mitgliedern der letzten Besatzung zusammen, vorwiegend alte Seebären kurz vor der Pensionierung und ein paar Jungs, die Instandsetzungsfertigkeiten erwerben sollten.
Admiral Gallery war früh am Morgen an Bord gekommen. Das fanden die Bootsleute nicht sonderlich bemerkenswert, denn er war vor langer Zeit Ethan Allens erster Skipper gewesen, und Admirale schienen immer ihre ersten Schiffe zu besuchen – bevor sie verschrottet wurden. Gallery hatte einige der dienstälteren Bootsleute wiedererkannt und sie gefragt, ob das Boot noch einen Funken Leben in sich habe. Ja, hatten sie einstimmig erklärt. Der Admiral hatte das Innere vom Bug bis zum Heck inspiziert und war stehen geblieben, um mit knorrigen, arthritischen Fingern über das Periskop zu fahren, an dem er früher den seltenen ›Angriff‹ gegen ein Schiff, das sein U-Boot jagte, geleitet hatte – nur zur Übung. Drei Jahre lang hatte er Ethan Allen kommandiert.
Gallery wusste, dass sie es schaffen würde. Für sein Boot hätte er sich zwar ein schöneres Ende gewünscht, aber Kriegsschiffe fanden selten einen würdigen Tod. Ethan Allen erfüllte mit ihrem Tod wenigstens noch einen Zweck, sagte sich Gallery auf dem Rückweg zu CoMSUBLANT.
Zwei Stunden später fuhr am Liegeplatz von Ethan Allen ein Lastwagen vor. Dem Steuermannsmaat an Deck fiel auf, dass er von dem Luftstützpunkt der Marine in Oceania kam. Komisch, dachte er. Noch sonderbarer war, dass der Offizier, der ausstieg, weder Delphine noch Schwingen trug. Der Offizier veranlasste, dass ein Arbeitstrupp vier lange, geschossförmige Gegenstände vom Lastwagen ins U-Boot schaffte. Sie waren so groß, dass sie kaum durch die Torpedoladeluken gingen, und es dauerte eine Weile, bis sie an Ort und Stelle waren. Anschließend kamen Laderoste aus Kunststoff und Metallbänder zur Befestigung. Diese Zylinder sehen wie Bomben aus, dachte sich der Bordelektriker, aber dazu sind sie zu leicht. Eine Stunde später erschien ein Tanklaster. Das U-Boot wurde geräumt und sorgfältig gelüftet. Dann zogen drei Männer Schläuche zu jedem Zylinder. Als sie mit der Befüllung fertig waren, lüfteten sie den Rumpf erneut aus und ließen bei den Zylindern Gasdetektoren stehen. Inzwischen wurde die Umgebung von bewaffneten Marineinfanteristen bewacht, die dafür sorgten, dass niemand sah, was auf Ethan Allen vorging.
Als das Laden bzw. Füllen abgeschlossen war, ging ein Stabsbootsmann nach unten, sah sich die Zylinder näher an und schrieb sich ihre Bezeichnung PPB-76A/J67I3 auf. Ein Kollege schlug in einem Katalog nach und machte eine unangenehme Entdeckung – Pave Pat Blue 76 war eine Bombe, zwar nicht so stark wie die Kernsprengköpfe, die Ethan Allen einst getragen hatte, aber doch gefährlich genug, wie die Besatzung fand. Die Leuchte, die Raucherlaubnis signalisierte, blieb dunkel, obwohl niemand einen entsprechenden Befehl gegeben hatte.
Kurz darauf kam Gallery zurück und nahm sich jeden Bootsmann einzeln vor. Die jungen Leute wurden mit ihren Sachen an Land geschickt und der Ermahnung, sie hätten an Bord der Ethan Allen nichts Außergewöhnliches gesehen, gehört oder gemerkt. Das Boot würde auf Befehl von oben auf See versenkt werden. Das sei alles. Und wer das verriet, könne sich auf eine zwanzigjährige Dienstzeit in Alaska gefasst machen.
Bei Sonnenuntergang erschienen die Offiziere, der Rangniedrigste war ein Lieutenant Commander. Zwei Captains mit vier Ärmelstreifen kümmerten sich um den Reaktor, zwei andere um die Navigation, zwei Commander übernahmen die Elektronik. Der Rest verteilte sich, um die vielfältigen Aufgaben zu übernehmen, die auf einem U-Boot anfallen. Alle waren ehemalige
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