Jagd auf Roter Oktober
Unterseeboote. Die Reparatur allerdings hatte über ein Jahr in Anspruch genommen, und als Politowski wieder in See stach, waren bereits zwei weitere Alfas in Dienst gestellt worden. Am zweiten Tag der Probefahrten fiel die Hochdruckturbine aus und war nicht zu reparieren. Der Austausch des Aggregats dauerte sechs Monate. Und da es in der Folge noch drei weitere Missgeschicke gegeben hatte, galt das U-Boot als vom Pech verfolgt.
Chefingenieur Wladimir Petschukotschow war treues Parteimitglied und überzeugter Atheist, aber auch Seemann und daher zutiefst abergläubisch. Früher wäre sein Schiff beim Stapellauf und dann bei jedem Auslaufen gesegnet worden: bärtige Popen, Weihrauch und Gesänge. Er hatte ohne Zeremonie losfahren müssen und bedauerte das. Ein bisschen Glück hatte er nämlich nötig, denn der Reaktor machte ihm Kummer.
Der Reaktor des Alfa -Bootes war klein, weil er in einen relativ engen Rumpf passen musste. Seine Leistungsabgabe war im Verhältnis zu seiner Größe hoch und seit vier Tagen bei hundert Prozent gehalten worden. Sie jagten mit 42,3 Knoten auf die amerikanische Küste zu, so schnell, wie der acht Jahre alte Reaktor es erlaubte. Petschukotschow fand es unverantwortlich, das Boot so hart zu treiben, selbst wenn noch alles einwandfrei funktionierte. Kein Alfa -Reaktor war je solchen Belastungen ausgesetzt worden, nicht einmal ein neuer.
Die Kühlmittelpumpe des Primärkreislaufs begann bedrohlich zu vibrieren, was dem Ingenieur ganz besonderen Kummer machte. Es gab zwar eine Ersatzpumpe, doch deren Einsatz würde einen Fahrtverlust von acht Knoten bedeuten. Die hohe Leistungsausbeute des Alfa -Reaktors wurde nicht mittels eines Natrium-Primärkreislaufs erzielt, wie die Amerikaner annahmen, sondern durch einen wesentlich höheren Betriebsdruck als auf jedem anderen Schiffsreaktor und durch einen revolutionären Wärmetauscher, der den Wärmewirkungsgrad auf einundvierzig Prozent hochtrieb – ein Wert, der weit über dem in Reaktoren anderer U-Boote lag.
Dieser Sachverhalt und die vibrierende Pumpe beunruhigten den Chefingenieur immer mehr; vor einer Stunde hatte er dem Kapitän vorgeschlagen, die Fahrt zu vermindern, damit seine Ingenieure Reparaturen vornehmen konnten. Es lag wahrscheinlich nur an einem ausgeschlagenen Lager und Ersatzteile waren genug an Bord. Die Pumpe war reparaturfreundlich. Der Kapitän hatte geschwankt und wollte dem Ersuchen schon stattgeben, doch dann hatte sich der Politoffizier eingemischt und auf ihren dringenden und eindeutigen Befehl hingewiesen – sie sollten ihre Position so rasch wie möglich erreichen. Jede Abweichung sei »politisch unverantwortlich«.
Petschukotschow fluchte in sich hinein. Er stand allein am Hauptsteuerpult, das sich im Maschinenraum befand, achtern von dem Raum, der Reaktor, Wärmetauscher und Dampferzeuger enthielt. Der Druck im Reaktor betrug zwanzig Kilogramm pro Quadratzentimeter, wurde aber nur zu einem Bruchteil von der Pumpe erzeugt. Der Hochdruck führte zu einem höheren Siedepunkt des Kühlmittels. In diesem Fall wurde das Wasser auf 900 Grad Celsius erhitzt, mehr als genug zur Dampferzeugung. Oben in der Reaktorhülle bildete sich eine Dampfblase, die erheblichen Druck auf das darunter stehende Wasser ausübte und weitere Dampfbildung verhinderte. Wasser- und Dampfdruck standen in feinem Gleichgewicht. Das Wasser war wegen der in den Brennstäben stattfindenden Reaktion gefährlich radioaktiv. Die Brennstäbe regulierten die Reaktion. Auch hier war die Steuerung heikel; die Stäbe nahmen bestenfalls knapp ein Prozent des Neutronenflusses auf, aber dies reichte aus, um eine Reaktion entweder in Gang zu bringen oder zu verhindern.
Petschukotschow vermochte das alles im Schlaf herzusagen. Er konnte aus dem Gedächtnis ein akkurates Schema der ganzen Reaktoranlage aufzeichnen und sofort feststellen, was die kleinste Abweichung der Instrumentenanzeige bedeutete. Er stand kerzengerade am Steuerpult, behielt die zahllosen Instrumente im Auge, hatte eine Hand am Schnellschlussschalter und die andere an den Bedienungselementen für das Notkühlsystem.
Die Vibration war nun hör- und spürbar. Es musste sich um ein ausgeschlagenes Lager handeln, das sich zunehmend selbst zerstörte. Wenn die Kurbelwellenlager schadhaft waren, würde sich die Pumpe festfressen, was Anhalten und Auftauchen bedeutete, ein Notfall, aber kein wirklich gefährlicher. Die Reparatur der Pumpe, falls überhaupt möglich, würde dann Tage anstatt
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