Jagd auf Roter Oktober
alle, die zu uns wollen, ohne dass die Mannschaft etwas merkt.«
»Hmm.« Tyler dachte darüber nach. »Klingt plausibel. Aber warum sollten wir das Boot zurückgeben? Wir sind doch nicht in Japan. Wenn jemand hier eine MiG-25 landet, behalten wir die doch auch.«
»Es geht hier nicht um einen verirrten Jäger, sondern um ein Boot, das eine Milliarde Dollar wert ist. Und noch mehr, wenn man die Raketen und Sprengköpfe hinzurechnet. Und wie der Präsident sagt, ist es vor dem Gesetz das Eigentum der Russen. Wenn sie also herausfinden, dass wir es haben, werden sie es zurückverlangen. Gut, woher wissen sie, dass wir es haben? Jene Besatzungsmitglieder, die nicht um Asyl bitten, werden nach Hause wollen. Wer heim will, den lassen wir auch heim. Und als Nächstes fragen Sie mich jetzt bestimmt, weshalb wir die Crew nicht einfach verschwinden lassen.«
»Das ist mir in der Tat durch den Kopf gegangen«, sagte Tyler.
»Uns auch. Aber das kommt nicht in Frage. Hundert Menschen verschwinden lassen? Selbst wenn wir das wollten, könnten wir es heutzutage nicht geheim halten. Das brächten noch nicht einmal die Sowjets fertig. Und zu Friedenszeiten tut man so etwas einfach nicht.«
»Wenn also die Mannschaft nicht wäre, würden wir das Boot behalten …«
»Ja, wenn wir es verstecken könnten. Und wenn eine Sau Flügel hätte, könnte sie fliegen.«
»Verstecke gibt es genug, Admiral, zum Beispiel hier in der Chesapeake Bay. Oder wir schaffen es ums Kap Hoorn und bringen es in einem kleinen Atoll unter. Die gibt’s zu Millionen.«
»Tyler, die Mannschaft wird aber Bescheid wissen und ihren Vorgesetzten davon erzählen, wenn sie wieder daheim ist«, erklärte Greer geduldig. »Und dann wird Moskau sein Boot zurückverlangen.«
»Trotzdem, es wäre besser, wenn wir es behielten, erprobten und auseinander nähmen –«, sagte Tyler leise und starrte in die Flammen der Eichenscheite. Wie schaffen wir das? dachte er. Und dann kam ihm ein Gedanke. »Admiral, wie wär’s, wenn wir die Besatzung von Bord holten, ohne dass sie merkt, dass wir das U-Boot haben?«
»Lautet Ihr voller Name Oliver Wendell Tyler? Nun, Sohn, wenn Sie nach dem Entfesselungskünstler Houdini und nicht nach einem Bundesrichter getauft worden wären, nähme ich Ihnen das ja ab –« Greer sah den Ingenieur scharf an. »Was schwebt Ihnen denn vor?«
Greer lauschte gespannt. Tyler erklärte.
»Wenn wir das schaffen wollen, müssen wir sofort die Navy hinzuziehen, Sir. Ganz besonders sind wir auf die Unterstützung von Admiral Dodge angewiesen. Sofern ich die Geschwindigkeit dieses Bootes richtig berechnet habe, müssen wir uns beeilen.«
Greer stand auf und ging einige Male um die Couch herum, um seinen Kreislauf wieder in Gang zu bringen. »Hm, interessant. Der Zeitfaktor macht es aber so gut wie unmöglich.«
»Dass es einfach ist, habe ich nicht behauptet, Sir. Aber wir haben eine Chance.«
»Rufen Sie daheim an und richten Sie Ihrer Frau aus, dass sie heute Nacht auf Sie verzichten muss, Tyler. Wenn ich mir die Nacht um die Ohren schlage, können Sie das ruhig auch tun. Die Kaffeemaschine steht hinter dem Schreibtisch. So, ich rufe jetzt erst den Richter an und dann reden wir mit Sam Dodge.«
USS Pogy
»Pogy, hier Schwarze Möwe 4. Unser Treibstoff wird knapp. Müssen zurück ins Nest«, meldete der taktische Koordinator in der Orion und reckte sich. Er hatte zehn Stunden lang an der Konsole gesessen. »Sollen wir euch was mitbringen? Over.«
»Klar, zwei Kasten Bier«, erwiderte Commander Wood. Dies war der neueste Witz, den sich die Männer in der P-3C mit den U-Boot-Besatzungen machten. »Danke für die Daten. Out.«
Die Orion drehte auf und wandte sich nach Südwesten. Beim Abendessen würde ihre Besatzung für die Freunde auf dem U-Boot ein oder zwei Bier zusätzlich stemmen.
»Mr. Dyson, gehen Sie auf sechzig Meter. Ein Drittel Fahrt.«
Der Wachhabende gab den Befehl weiter. Commander Wood trat an den elektronischen Kartentisch, der die taktische Lage darstellte.
USS Pogy lag dreihundert Meter nordöstlich von Norfolk und erwartete die Ankunft zweier sowjetischer U-Boote der Alfa -Klasse, deren Weg schon von Island her von Anti-U-Boot-Flugzeugen verfolgt worden war. Pogy war nach einem Unterseeboot benannt, das sich im Zweiten Weltkrieg ausgezeichnet hatte. Sie war seit achtzehn Stunden auf See und hatte eine Generalüberholung hinter sich. Praktisch jeder Gegenstand an Bord war entweder fabrikneu oder von Grund auf
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