Jagd auf Roter Oktober
instand gesetzt worden, was aber nicht bedeutete, dass alles einwandfrei funktionierte.
Bei den ersten Probeläufen nach der Überholung hatte Pogy ihre Höchstgeschwindigkeit von dreiunddreißig Knoten erreicht. Damit war sie langsamer als die Alfas , auf die sie lauschte, aber wie alle amerikanischen U-Boote war sie darauf spezialisiert, verstohlen zu operieren. Die Alfas konnten nicht wissen, wo sie sich befand und dass sie ein leichtes Ziel für ihre Waffen abgeben würde, insbesondere, da die Orion der Pogy exakte Entfernungsbestimmungen übermittelt hatte, die sich sonst bei einer Sonar-Ortung nur mit Verzögerung berechnen lassen.
Lieutenant Commander Tom Reynolds, der stellvertretende Kommandant und Koordinator der Feuerleitung, stand lässig am elektronischen Kartentisch. »Sechsunddreißig Meilen zum nahen, vierzig zum entfernten Objekt.« Auf dem Schirm wurden sie als Pogy -Köder 1 und 2 bezeichnet.
»Fahrt zweiundvierzig Knoten?«, fragte Wood.
»Ja, Captain.« Reynolds hatte den Funkverkehr übernommen, bis Schwarze Möwe 4 zu ihrem Stützpunkt zurückgeflogen war. »Sie holen alles aus ihren Booten heraus und rauschen direkt auf uns zu. Wir haben sie klar im Visier. Was haben die vor?«
»Laut CINCLANT eine Suchaktion nach einem vermissten Boot.« Sein Tonfall verriet, was er von dieser Behauptung hielt.
»Wer’s glaubt –« Reynolds zuckte die Achseln. »Ich habe noch nie gehört, dass ein Alfa so dicht vor unserer Küste operiert. Sie, Sir?«
»Nein.« Wood runzelte die Stirn. Alfas waren schnell und laut. Die sowjetische taktische Doktrin schien ihnen vorwiegend Verteidigungsaufgaben zuzuweisen; als Abfang-U-Boote konnten sie die strategischen Boote schützen und dank ihrer Schnelligkeit amerikanische Jagd-U-Boote angreifen, um sich dann einer Gegenattacke zu entziehen. Wood hielt diese Doktrin für unvernünftig, aber das konnte ihm nur recht sein.
»Womöglich wollen sie Norfolk blockieren«, schlug Reynolds vor.
»Da haben Sie vielleicht nicht Unrecht«, meinte Wood. »Wir verhalten uns auf jeden Fall ruhig und lassen sie vorbeirasen. Wenn sie den Kontinentalsockel erreichen, müssen sie das Tempo sowieso drosseln, und dann zuckeln wir ihnen schön leise hinterher.«
»Ave«, sagte Reynolds.
Wenn sie feuern mussten, dachten beide Männer, würden sie herausfinden, wie hart die Titaniumhüllen der Alfas wirklich waren und ob sie tatsächlich dem Explosionsdruck von mehreren hundert Kilo hoch brisanten Sprengstoffs standhielten. Zu diesem Zweck war für den Torpedo Mark 48 eigens ein speziell geformter Sprengkopf entwickelt worden, der auch mit der ebenso starken Typhoon-Hülle fertig werden sollte. Beide Offiziere verwarfen diese Gedanken. Ihr Auftrag lautete: Erfassen und Beschatten.
E. S. Politowski
Pogy-Köder 2 war in der sowjetischen Marine als E. S. Politowski bekannt. Das Jagd-U-Boot der Alfa -Klasse hieß nach dem Chefingenieur der russischen Flotte, die im russisch-japanischen Krieg um die ganze Welt gefahren war, nur um in der Meerenge von Tschuschima versenkt zu werden. Eugenij Sigismondowitsch Politowski hatte dem Zaren so tüchtig und treu wie jeder andere berühmte Offizier gedient, aber in seinem Tagebuch, das erst Jahre nach seinem Tod in Leningrad auftauchte, die Exzesse und Korruption des Zarenregimes heftig gegeißelt. Dies machte ihn zu einem angemessenen Vorbild für sowjetische Seeleute und der Staat hatte eine seiner größten Ingenieurleistungen nach ihm benannt.
Die akustische Signatur der Politowski war von den Amerikanern mit der Bezeichnung Alfa 3 versehen worden, was nicht korrekt war, denn sie war das Erste in der Serie der Alfa-Boote. Schon bei der Jungfernfahrt hatte das kleine, spindelförmige U-Boot dreiundvierzig Knoten erreicht. Eine Minute darauf wurde die Fahrt von einem unglaublichen Missgeschick unterbrochen: Dem Boot war ein tonnenschwerer Wal in die Quere gekommen, und Politowski hatte das arme Tier breitseits gerammt. Der Aufprall hatte zehn Quadratmeter Bugplatten eingedrückt, den Sonardom zerstört, ein Torpedorohr verbogen und beinahe den Torpedoraum geflutet. Hinzu kamen schwere innere Schäden, die alles – von den elektronischen Geräten bis zum Kombüsenherd – in Mitleidenschaft gezogen hatten, und es ging die Rede, dass das Boot verloren gewesen wäre, wenn nicht Marko Ramius das Kommando gehabt hätte. In der Offiziersmesse von Seweromorsk hing nun eine Rippe des Wals und zeugte von der Unverwüstlichkeit sowjetischer
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