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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Smith
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Lebensraums angepasst haben. Mit der Vielzahl der Rezeptoren wird das wenige Licht, das es in der Tiefe gibt, maximal ausgenutzt. Weshalb man tatsächlich sagen kann: Ja, Kalmare können im Dunkeln sehen.«
    »Dann müssen sie ziemlich dumm sein«, überlegte Marty. »Denn die Wale nähern sich ihnen ja nicht gerade mit Tarnkappen, die kommen total auffällig daher – als hausgroße, bezahnte Wesen. Warum wagen sich die Kalmare trotzdem aus dem Verborgenen?«
    »Das ist noch nicht erforscht«, antwortete Lepod. »Ich vermute, sie tun es deshalb, weil die Wale nicht immer siegen. Tatsächlich haben die Kalmare gegenüber den Walen einen entscheidenden Vorteil: Sie müssen nicht zum Atmen an die Oberfläche. Wenn ein Kalmar seine Arme in der richtigen Weise um einen Wal schlingt, kann er seinen Gegner so lange festhalten, bis der erstickt. Ein Pottwal kann bis zu anderthalb Stunden unter Wasser bleiben. Nun wissen wir natürlich nicht, wie lange diese Walherde hier schon durch den Canyon taucht, aber lassen wir es mal eine Stunde sein. Also bräuchte ein Kalmar sich nur eines der Tiere zu schnappen und es eine halbe Stunde festzuhalten – der erhöhte Sauerstoffbedarf des Wals während des Kampfes wäre da noch nicht einmal eingerechnet.
    Ohne Zweifel: Wale jagen Riesenkalmare. Aber genauso gut kann man sagen: Riesenkalmare gehen auf Walfang. Dabei wissen wir so gut wie gar nichts über die Jagdmethoden von Architeuthis. Gut möglich, dass auch sie sich zu Gruppen zusammentun. Drei oder vier Riesenkalmare können mit Leichtigkeit einen einzelnen Wal überwältigen. Der hätte nicht die geringste Chance. Und so ein erlegter Wal kann eine Gruppe von Riesenkalmaren mehrere Tage lang ernähren. Sie weiden ihn aus und lösen das Fleisch vom Skelett. Der Kadaver wiederum zieht andere Meeresbewohner an, die sich die Kalmare dann ebenfalls einverleiben. Deshalb kann man also sagen: Das Risiko eines Kampfes lohnt sich für beide Seiten – für die Wale wie auch für die Kalmare.«
    »Trotzdem werden wir auf diesem Tauchgang wohl nicht herausfinden, wie sie jagen«, wandte Ted ein, »denn in fünfundzwanzig Minuten geht’s zurück an die Oberfläche.«
    »Dieser Canyon ist extrem tief«, wagte Lepod einen neuen Vorstoß. »Vielleicht verhindern die Steilwände ja den Funkkontakt mit der ›Coelacanth‹.«
    »Nein, die Erklärung greift nicht«, sagte Ted. »Wir benutzen keine gewöhnlichen Funksignale. Mehr kann ich Ihnen aus Geheimhaltungsgründen dazu leider nicht sagen.«
    »Das ist verständlich«, erwiderte Lepod. »Aber vielleicht können Sie mir ja sagen, wie Sie den Riesenkalmar am Leben zu halten gedenken, falls es Ihnen gelingen sollte, ein Exemplar einzufangen? Ich habe Dr. Wolfe öfters danach gefragt, aber er hat sich jedes Mal äußerst bedeckt gehalten. Dabei bin ich ja extra an Bord geholt worden, um Sie in dieser Aufgabe zu unterstützen. Natürlich hat sich die ganze Anreise für mich schon allein wegen dieses atemberaubenden Tauchgangs gelohnt. Trotzdem: Ich möchte selbstverständlich auch darüber hinaus gerne behilflich sein, doch das kann ich nur, wenn ich Ihre Pläne kenne.«
    Ted lachte. »Um die Wahrheit zu sagen, sind Sie hier, weil es Ihr Plan ist. Wir haben Ihren Plan geklaut. Vor drei Jahren haben Sie einen Fachartikel über ein Druckbecken für Riesenkalmare veröffentlicht.«
    »Für Baby-Riesenkalmare«, präzisierte Lepod. »Eines Tages wird es Forschern gelingen, einen jungen Riesenkalmar zu fangen. Für diese Gelegenheit habe ich das Druckbecken konzipiert.«
    »Im Maßstab und in der Größe haben wir Ihre Erfindung noch etwas … nun ja … optimiert«, sagte Ted. »Tatsächlich ist der Moonpool nichts anderes als ein riesiges Druckbecken. Ein geschlossenes System, in dem wir nahezu jeden atmosphärischen Druck erzeugen können, je nachdem welcher Druck benötigt wird. Wir hoffen nun einen Kalmar in den Pool zu locken und die Bedingungen im Pool denen hier unten anzugleichen. Auf dem Weg zurück in die Vereinigten Staaten werden wir dann schauen, ob wir den Kalmar nach und nach an Druckbedingungen gewöhnen können, die sich für Ausstellungszwecke besser eignen. Sollte das nicht klappen, dann haben wir einen identischen Pool bei Northwest Zoo & Aquarium. Der eignet sich zwar nicht, um den Kalmar einem breiten Publikum zu präsentieren, aber zumindest könnte er darin so lange überleben, bis uns eine andere Lösung eingefallen ist. Und da es sich letztlich um Ihre Idee handelt, können

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