Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
was draußen vor sich ging. Er machte es sich bequem und zog den Gizmo aus der Tasche.
Acht Minuten
MAR folgte der Walherde, die langsam und singend durch den Tiefseegraben glitt. Unter sich auf dem Meeresboden erblickten die drei Insassen immer wieder versunkene Schiffe und Teile von Schiffsladungen, die im weiten Umkreis der Wracks verstreut herumlagen.
»Warum beschafft ihr euch das Geld, das ihr für die laufenden Kosten von eWolfe braucht, nicht einfach, indem ihr MAR zu diesen alten Wracks runterschickt?«, fragte Marty. »Ich wette, dort drinnen lagert kistenweise Beutegut.«
»Das haben wir auch schon diskutiert«, sagte Ted. »Steht auf unserer Liste. Irgendwann kommen wir hierher zurück und nehmen den Canyon genauer unter die Lupe. Aber zuvor muss ich mir eine Art Luftschleuse ausdenken, irgendeinen Mechanismus, der es mir erlaubt, unter Wasser aus der Tauchkugel aus- und wieder einzusteigen. Bislang haben wir nur die Molekül-Disruptoren, um die Kugel zu öffnen und zu schließen. Aber durch das Loch in der Hülle würde MAR sofort volllaufen wie eine Wasserbombe. Wir selbst hätten kein Problem damit, denn in unseren Wasseranzügen wären wir gut geschützt. Und auch die Instrumente sind vollständig wasserdicht. Aber wie sollen wir das Wasser wieder rausdrücken und das Loch danach verschließen? Da muss ich mir wirklich etwas einfallen lassen. Na, aber jetzt stehen erst einmal andere Dinge auf der Prioritätenliste …«
»Entschuldigung, dass ich unterbreche …«, ließ sich Lepod vernehmen.
»Ja, schießen Sie los.«
»Wir haben Gesellschaft hinter uns.«
Ted und Marty drehten sich um und sahen in perfekt hochauflösender Qualität mindestens sechs rötliche Riesengeschosse wie Formel-1-Wagen hinter ihnen herrasen – Kalmare.
»Sie jagen tatsächlich in Gruppen!«, rief Lepod aufgeregt. »Ich dachte, sie …«
Ted schob ein paar Regler und Bedienungselemente zurück und noch im selben Moment schoss die Tauchkugel raketengleich nach oben. Die Insassen hatten das Gefühl, als würden ihre Mägen in die Füße rutschen. Lepod fing augenblicklich an zu würgen.
»Bloß nicht kotzen, ich hab euch doch gewarnt«, sagte Ted.
Als wäre das so einfach zu kontrollieren, dachte Marty und versuchte krampfhaft den Magensaft runterzuschlucken, der in ihm aufstieg.
»Na, hab ich euch nicht gesagt, dass unser goldenes Kügelchen ein ziemlicher Flitzer ist?« Sichtlich stolz stoppte Ted MAR etwa siebzig Meter über dem Meeresboden und schaltete die starken Scheinwerfer ein.
Und dann sagte er erst mal nichts mehr, denn das, was sich da unter ihnen abspielte, war einfach überwältigend: Es war wohl der gewaltigste Ringkampf, dem je ein Mensch beigewohnt hatte. Die Wale schossen mit peitschenden Schwanzflossen umher und attackierten ohne Unterlass die nicht minder aggressiven Riesenkalmare. Jedes Mal, wenn die gigantischen Leiber aneinanderklatschten, wirbelte vom Meeresboden eine riesige Sedimentwolke auf und vermischte sich mit der Tinte, die die Kalmare zu Tarnzwecken ausstießen. Trotz ihrer starken Scheinwerfer sahen die MAR-Insassen deshalb bald nicht mehr als das jähe Aufblitzen von Schwanzflossen, Zähnen, Armen und Saugnäpfen.
»Filmen Sie das?« Lepod konnte vor lauter Aufregung nur noch krächzen.
»Klar«, beruhigte ihn Ted. »Schon erstaunlich: So viel Gewalt auf so begrenztem Raum hab ich noch nie gesehen.«
Doch so plötzlich, wie das Spektakel begonnen hatte, war es auch wieder vorbei. Als die Sicht klarer wurde, sahen sie, dass sich nur noch drei Wale und ein Kalmar im Kampfring tummelten. Den drei Walen hingen Reste von Kalmararmen aus den Mäulern. Ein vierter Wal lag auf dem Meeresgrund: Gleich vier Kalmare hielten ihn mit ihren langen Armen und Tentakeln im Schwitzkasten. Von den vier anderen Walen fehlte jede Spur.
»Vielleicht haben sie sich im Kampfgetümmel aus dem Staub gemacht«, sagte Lepod. Da sich sein Mageninhalt im Inneren seines Helmes verteilt hatte, fiel ihm das Sprechen nicht ganz leicht. »Vielleicht sind sie aber auch auf dem Weg zur Oberfläche, um Luft zu holen. Die Frage ist, ob die Kalmare unsere Tauchkugel gejagt haben oder ob sie eigentlich hinter den Walen her waren und die Tauchkugel lediglich ihren Weg gekreuzt hat.«
»Keine Ahnung«, gab Ted zu.
Marty war noch immer überwältigt von dem Tempo und der Wucht, mit der die Wale und Kalmare aufeinander losgegangen waren. In Dokumentarfilmen wirkten Wale immer so entspannt und cool. Aber von
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