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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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hin?«
    »Hinters Haus. Richtung Holzstapel.«
    Joe drehte sich um. Sheridan und Lucy hatten ihr Frühstück unterbrochen und sahen ihn an. Dann schaute Lucy weg und aß weiter. Sheridan dagegen blickte ihm in die Augen und nickte triumphierend.
    »Nimm lieber deine Pistole mit.«
    Joe lächelte schwach. »Iss lieber weiter.«
    »Worum geht’s hier eigentlich?«, fragte Marybeth.
    »Um Monster.« Sheridan machte schon wieder große Augen. »Im Holzstapel hockt ein Monster.«
    Plötzlich waren erneut laute Motorengeräusche zu hören. Diesmal rasten gleich mehrere Wagen von Saddlestring her über die Bighorn Road in die Berge. Joe dachte, was Marybeth aussprach: »Irgendwas ist los. Komisch, dass niemand angerufen hat.«

    Er nahm den Hörer ab - das Telefon funktionierte.
    »Vielleicht, weil du der Neue bist. Die Leute hier haben sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass Vern Dunnegan nicht mehr dabei ist.« Joe wusste sofort, dass Marybeth diesen Satz bereute.
    »Was wird denn jetzt mit dem Monster, Dad?«, fragte Sheridan beinahe entschuldigend aus der Küche.
     
    Joe schnallte sein Pistolenhalfter über den Bademantel, setzte den schwarzen Stetson auf und trat auf die hintere Veranda. Er war überrascht, wie kühl und frisch der Herbst schon war. Als er das geronnene Blut zwischen seinen zu großen Pantoffeln sah, schien ihm die Luft gleich noch kälter. Joe zog den Revolver, öffnete die Trommel und vergewisserte sich, dass er geladen war. Dann blickte er kurz über die Schulter.
    Sheridan, Lucy und seitlich hinter ihnen Marybeth standen wie gerahmt im Esszimmerfenster. Seine drei Mädchen - verschieden groß, verschieden alt, doch alle mit dem gleichen, fast schmerzhaft schönen blonden Haar. Ihre grünen Augen schauten ihn an, und ihre Gesichter wirkten ganz erwartungsvoll. Er wusste, wie lächerlich er aussah. Schwer zu sagen war dagegen, ob sie auch sehen konnten, was er sah: Blutflecken auf dem alten Betonweg, der mitten über den Hof führte, und plattgedrücktes, bereiftes Gras, wo jemand - oder etwas - sich gewälzt zu haben schien. So flach wie das Gras und die froststarren Herbstblätter waren, sah es fast nach dem Nachtlager eines Hirschs oder eines Wapitis aus.
    Die Pistole mit beiden Händen im Anschlag, wich Joe einer jungen Kiefer aus und näherte sich durchs offene Tor des altersschwachen Zauns langsam dem Holzstapel.

    Dann atmete er heftig ein und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Sein Herz klopfte in den Ohren, und auch das klang fast wie Pow-WHOP.
    Ein großer, bärtiger Mann lag ausgestreckt auf dem Holzstapel, die Pranken überm Bauch. Ein Bein hing seitlich herunter. Sein Kopf lag auf einem dicken Scheit, und der Mund war gerade weit genug geöffnet, dass man zwei gelbe Zahnreihen sehen konnte, die Maiskörnern auf dem Kolben ähnelten. Seine Lider schienen nicht ganz geschlossen, und wo man feuchte, spiegelnde Augen erwartete, war eine trübe, trockene Membran, die wie zusammengeknitterte Frischhaltefolie aussah. Langes Haar und Vollbart waren blutverfilzt und wirkten fast wie Dreadlocks. Über das dicke, beige Lederhemd und die Jeans des Mannes war Blut in dicken, dunklen Streifen geflossen. Es war Ote Keeley, und Ote sah tot aus.
    Joe streckte die Hand vor und berührte Otes fleischige, bleiche Pranke. Sie war kalt und starr. Vom geronnenen Blut in Haar und Kleidung und der wächsernen Haut abgesehen, schien Ote sehr bequem zu liegen, als würde er sich im Ruhesessel entspannen, Bier trinken und sich im Fernsehen ein Footballspiel der Denver Broncos anschauen.
    In einer Hand hielt er den Henkel einer Kühlbox aus Plastik, deren Deckel fehlte. Joe kniete sich hin und spähte hinein. Die Box war so gut wie leer. Nur ein Häufchen Kot lag darin, klein und tropfenförmig. Die Innenwände der Box waren zerkratzt, offenbar von Krallen. Was immer da drin gewesen war, hatte verzweifelt rausgewollt und es schließlich auch geschafft.
    Joe erhob sich und sah, dass neben der Koppel noch ein weiterer Apfelschimmel stand. Die Zügel hingen ihm
vom Zaum. Das Pferd war scharf geritten worden und hatte so viel Gewicht verloren, dass der Gurt verrutscht war und der Sattel kopfüber unterm Bauch hing.
    Joe starrte in das leere Gesicht des Toten und dachte an den Junitag, an dem Ote ihm mit Joes eigener Pistole ins Gesicht gezielt und den Hahn gespannt hatte. Obwohl Ote sich eines Besseren besonnen, theatralisch geseufzt und - den Finger am Abzugsbügel - die Waffe gedreht und ihm mit dem Griff

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