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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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will dir was Wichtiges sagen.«
    Ihr Kopf tauchte aus der Decke auf.
    »Sheridan - was passiert ist, tut mir wirklich leid. Ich entschuldige mich bei dir und deiner Mom. Sie hat mich sehr erschreckt, und ich hab geschossen, ohne zu wissen, wer gerufen hat. Wirklich! Glaub mir das! Bitte!«
    Hörte er sich nicht an, als sagte er die Wahrheit?
    »Ich hab den Krankenwagen alarmiert. Er ist unterwegs. Deine Mom wird wieder gesund. Ich hab gerade mit ihr gesprochen. Es geht ihr bald wieder wunderbar. Es sieht viel schlimmer aus, als es ist. Sie sorgt sich nur um ihr kleines Mädchen. Du sollst zurückkommen. Sie vermisst dich sehr. Sie macht sich furchtbare Sorgen.«
    Mann, konnte der lügen! Erst hatte er ihre schwangere Mutter niedergeschossen, dann sie verfolgt. Verschwinde - das war das Letzte, was Mom ihr gesagt hatte. Und Sheridan vertraute ihren Worten. Viel mehr als denen von Wacey Hedeman.
    »Sheridan, sag was, damit ich weiß, dass es dir gut geht. Deine Mama muss das doch erfahren.«

    Er machte noch eine Weile so weiter. Sie hörte zu, blieb aber still und bewegte sich nicht. Endlich atmete sie wieder ruhiger, und ihr Brustkorb tat nicht mehr so weh. Die Decke war dick und warm und roch nach Lizzie und nach Dads Ledersattel. Das tröstete sie.
    Seine Stimme wurde strenger. Er forderte nun, dass sie antwortete. Von ihrer Mutter war jetzt keine Rede mehr. Das hieß doch, dass er die ganze Zeit gelogen hatte! Also hatte sie richtig vermutet. Er wollte wissen, ob sie ihm wirklich alles über ihre »kleinen Freunde« erzählt habe. Seit zwei geschlagenen Tagen versuche er, diese Miller-Wiesel zu finden, aber außer ein paar »verdammten Scheißhäufchen« sei nichts im Brennholz gewesen.
    »Beweg deinen kleinen Hintern her, Sheridan. Wenn nicht, bekommst du größeren Ärger, als du dir je ausgemalt hast!« Jetzt klang er wie ein Verrückter.
    Als sie seine letzten Worte hörte, beschloss sie, sich keinen Zentimeter von der Stelle zu rühren. Erwachsene konnten unglaublich dumm sein. Er hatte sie schon beinahe davon überzeugt gehabt zu antworten - und dann die Beherrschung verloren.
    »Na gut«, fuhr er fort. »Wenn du nicht sofort - sofort, Sheridan! - runterkommst, rat ich dir sehr, die ganze Nacht haargenau an Ort und Stelle zu bleiben!«
    Das war neu. Sie spitzte die Ohren. Er schrie in die Dunkelheit. Und seine Stimme wurde heiser.
    »Sheridan, gleich tauchen hier jede Menge Leute auf. Viele Lichter, viel Polizei. Komm ja nicht hier runter, bevor sie wieder weg sind. Wenn doch, Sheridan, werden noch viel mehr Leute sterben. Du als Erste. Und dann geb ich deiner Mutter den Rest. Genau wie ich jetzt diese ganzen beschissenen Wiesel brate!«

    Das war das Erste, was sie ihm wirklich glaubte.
    Sie sah hoch - die Felswand vor ihr glühte. Orangene Lichtfetzen flackerten über den Stein, und für einen Augenblick war sie überzeugt, ein Wunder zu erleben.
    Dann kletterte sie auf den Felsblock, unter dem sie gesessen hatte, und sah hinunter. Sie war überrascht, was für eine Strecke sie zurückgelegt hatte und wie deutlich sie erkennen konnte, was unten geschah.
    Der Holzstapel brannte, und die Flammen schlugen lichterloh in die kalte Nachtluft. Wacey stand im grellen Schein des Feuers auf dem Hof. Er schaute noch immer den Hang hinauf, ja es schien, als würde er sie direkt ansehen. Aber hier oben konnte er sie ja gar nicht erkennen. Dazu war sie viel zu weit weg. Und sie lag doch auch ganz flach auf dem Stein.
    Er wandte sich ab und ging rein. Und sie war viel zu weit weg, um ins Haus blicken und ihre Mutter sehen zu können.

30
    Als Joe mit seinem Pick-up über die Hügelkuppe kam, sah er aus der Entfernung, dass sein schlimmster Albtraum Wirklichkeit geworden war. Wohl jeder Vater denkt zwangsläufig bisweilen an ein solches Ereignis, aber Joe hatte diese Ängste bisher immer rasch wieder in sein Unterbewusstsein verabschiedet. Doch manchmal springen solche Horrorvisionen - egal, wie stark sie verdrängt wurden - in schrecklichen Momenten von der Kette. So wie jetzt.

    Sein Haus und die Straße davor lagen in rhythmischem Leuchtgewitter. Grellrote und grellblaue Lichter rotierten auf den Autos der Polizei und der Feuerwehr von Saddlestring und auf den Rettungswagen. Orangene Flammen schlugen hinterm Haus in den klaren Nachthimmel, und das Feuer war so mächtig, dass es den ganzen Hang beleuchtete.
    Dann stieg mitten aus diesem Chaos ein mit Landescheinwerfern gespickter Rettungshubschrauber auf und hob sich

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