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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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schwerfällig über das Dach des Hauses. Erst als der Helikopter aus den Rauchschwaden, die schwarz in den schwarzen Nachthimmel wehten, heraus war, gewann er rasch an Höhe.
    Joe wäre vor Schreck fast das Herz stehen geblieben, denn er hatte für einen Augenblick vergessen, dass sich seine Familie in Eagle Mountain befand. Aber nachdem er sich gesagt hatte, dass seine Angehörigen doch gar nicht in der Nähe sein konnten, war er gespannt, was es zu sehen gab.
    Er trat das Gaspedal durch und beschleunigte. Der Pferdeanhänger schlingerte träge hinter ihm. In den wenigen Minuten bis zur Ankunft gingen Joe verschiedene Szenarios durch den Kopf. Die elektrischen Leitungen im Haus waren schon immer schlecht gewesen - vielleicht hatte ein Kurzschluss einen Brand ausgelöst, und im Rettungshubschrauber lag ein verletzter Feuerwehrmann. Oder ein betrunkener Jäger, den irgendwas auf die Palme gebracht hatte, war zu Joes gerade unbewohntem Haus gefahren, hatte den Holzstapel angezündet und dabei was von den Flammen abbekommen. Oder die, die das Miller-Wiesel ausgerottet hatten, waren ihm auf die Bude gerückt, und dabei war etwas
schiefgegangen. Das alles war möglich, ergab aber keinerlei Sinn.
    Im grellen Rot- und Blaulicht konnte Joe zum Schluss kaum noch den Weg erkennen. Einige Wagen blockierten die Einfahrt, andere waren vor dem Haus an der Straße geparkt. Joe hielt auf dem Seitenstreifen gegenüber und sprang aus dem Auto. Er ließ den Motor laufen und die Tür offen.
    Ein paar Hilfssheriffs in kurzen dunklen Jacken und Stetsons verglichen auf dem Rasen ihre Notizen. Niemand schien Joe zu bemerken. Durchs Panoramafenster sah er Männer im Wohnzimmer und in der Küche stehen. Im ganzen Haus war Festbeleuchtung. Joe hatte das Gefühl, er spiele in einem Film mit - als Mr Unsichtbar. Von draußen sah er Barnums niedergeschlagenes Gesicht. Der Sheriff telefonierte.
    Als Joe die Haustür öffnete und in den Flur trat, versperrte Wacey ihm plötzlich den Weg. Joe sah an seiner abgespannten und zugleich panischen Miene, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Er versuchte, an Wacey vorbeizukommen, aber der zeigte ihm deutlich, er solle nicht weiter ins Haus kommen.
    »Lass mich durch, Mensch!«
    »Joe - jemand hat Marybeth niedergeschossen.«
    Joe erstarrte. Diese Worte schlugen wie eine Bombe ein.
    Wacey legte Joe die Hände auf die Schultern, um ihn zu beruhigen und an Ort und Stelle zu halten.
    »Joe, ich bin vor einer halben Stunde hier vorbeigekommen und hab gesehen, dass hinterm Haus ein großes Feuer brennt. Marybeths Wagen stand in der Einfahrt, und die Haustür war offen, also bin ich reingegangen.
Ich hab sie in der Küche auf dem Fußboden gefunden. Das Fenster hat ein Einschussloch, und jemand hat die Hintertür eingetreten.«
    Joe hatte das Gefühl, ihm drehten sich die Eingeweide um. »Wer …«
    »Das wissen wir nicht.« Waceys verzweifeltes Gesicht beunruhigte Joe noch mehr.
    »Geht’s Marybeth gut? Warum war sie überhaupt hier?«
    »Sie lebt, aber wir wissen noch nicht, wie schlimm es ist. Der Rettungshubschrauber fliegt sie nach Billings. In einer halben Stunde dürfte sie im OP sein.«
    Joe starrte an Wacey vorbei ins Haus. Der Fußboden in der Küche war voller Blut. Wie viele Liter mochten das wohl sein? Ein Polizeifotograf nahm die Fensterscheibe und den Boden auf.
    »Joe?«
    Der sah wieder Wacey an.
    »Joe, hast du irgendeine Vorstellung, wer das getan haben könnte? Wollte dir jemand ans Leder? Hattest du Ärger mit Jägern oder so?«
    Joe schüttelte den Kopf. Er wollte keine Zeit damit verschwenden, Wacey zu erzählen, was er bei seinem zweiten Besuch im Jagdlager herausgefunden hatte. Schließlich wusste er nicht, ob das etwas mit dem zu tun hatte, was Marybeth passiert war.
    »War sie allein?«, fragte er. »Oder hatte sie die Kinder dabei?«
    »Gott sei Dank war sie allein«, sagte Wacey. »Mann - es tut mir so leid, dass dir das passieren musste. Wirklich.«
    »Meine Güte«, seufzte Joe.

    »Sie war ganz allein«, bekräftigte Wacey. »Aber mach dir keine Sorgen, Joe. Wir kriegen raus, wer das getan hat. Die schnappen wir vermutlich heute noch. Ich schätze, es waren betrunkene Jäger.«
    Joe nickte, hörte aber kaum hin.
    »Wacey, kannst du mir helfen?«
    »Logisch, Joe.«
    »Ich muss nach Billings fahren. Hilfst du mir beim Abkoppeln des Pferdeanhängers und rufst dann meine Schwiegermutter in Eagle Mountain an und erzählst ihr, was passiert ist? Ich melde mich bei ihr und den

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