Jagdszenenen aus Niederbayern
gewußt, daß er da ist, daß es ihn gibt, daß sie einen Sohn hat. Sie konnte sich eingewöhnen in Reinöd, und alle waren mit ihr und ihrer Arbeit zufrieden. Sie hat viel Arbeit und ist froh darüber. Sie kommt nicht so sehr zum Denken. Hier möchte sie nun endlich eine Bleibe finden.
Sie versucht, zu beten, aber es gelingt ihr nicht. Sie
will nicht mehr daran denken. Aber sie muß.
Vielleicht war es falsch, daß sie dem Bürgermeister gesagt hat, sie ist Abrams Mutter. Vielleicht hätt sie nichts sagen sollen.
Aber vielleicht hat der Abram Arbeit und wird gehen.
Vielleicht.
Dann kann er machen was er will. Sie würde sich nicht drum kümmern. Er könnte sein Leben leben, ohne daß sie für seine Fehler büßen muß. Und sie würde ihn manchmal besuchen. In der Stadt.
Barbara erschrickt. Jemand hat ans Fenster geklopft.
Die Metzgerin fragt, ob die Barbara mithelfen will beim Wurstmachen.
Die Barbara ist froh, aus der Küche herauszukommen. Auch wenn es der Bürgermeister nicht gern sieht, daß sie mithilft, wo schwarzgeschlachtet wird. Sie geht mit.
Sie sagt auch der Metzgerin, daß der Abram ihr Kind ist. Sie gehen in die Metzgerei.
Die Metzgerin überprüft, was gearbeitet wurde. Seit ihr Mann tot ist, muß sie schwarzschlachten. Alle wissen das. Aber das Geschäft geht so schlecht, daß sie sich keinen Metzger leisten kann. Die Paula ist eine weitläufige Verwandte der Metzgerin. Ihre Familie ist in der Stadt umgekommen, und die Metzgerin hat die Stelle der Eltern übernommen. Aber sie bereut es schon.
Die Paula hat ihren eigenen Kopf und tut was sie will.
Sie will nicht mehr arbeiten. Sie arbeitet die ganze Woche in der Fabrik, und da will sie wenigstens am Sonntag ihre Ruhe.
Sie ist stolz darauf, daß sie als Mädchen Arbeit gefunden hat. Trotz der Arbeitslosigkeit. Im Dorf sind viele neidisch drauf.
Sie geht, ohne sich um die Proteste der Metzgerin zu kümmern, in ihr Zimmer hinauf. Sie will mit der Tonka tanzen gehen.
Barbara bindet sich eine Metzgerschürze um und macht Paulas Arbeit.
Schweigend binden sie die Würste ab. Füllen neue Därme.
Knocherl erzählt hin und wieder eine Geschichte.
Zenta will ein Radio kaufen, falls ihr Mann seine Lungengeschichte überlebt.
Barbara redet nicht.
Sie überlegt. Wie sies machen soll, daß sie dableiben kann im Dorf.
Sie will die Leute bitten, daß man Maria zwingt, dem
Abram keine Wohnung mehr zu geben. Und wenn er keine Wohnung mehr hat, muß er weg. Er wird schon was finden, wo er leben kann. Und allen Leuten muß man das sagen, daß er nirgends mehr wohnen kann.
Sie nimmt sich vor, mit der Metzgerin darüber zu reden.
Paula kommt herunter, um sich vor dem Reklamespiegel zu frisieren.
Sie hat wieder ein neues Kleid an. Zenta und die Metzgerin sehen sich mißbilligend an. Was das gekostet hat.
Die Metzgerin kann gegen diese Verschwendung nichts machen. Paula ist nicht ihr Kind. Die Paula hat sich im Krieg geschworen, daß sie jeden Sonntag zum Tanzen geht, wenn der Krieg aus ist. Und das tut sie auch.
Die Paula sagt, daß der Abram die Tonka heiratet. Barbara erschrickt. Hat er ihr das wirklich versprochen? Er muß ja. Sie kriegt ein Kind von ihm. So. Barbara hört zu arbeiten auf für einen Moment. Dann arbeitet sie weiter. Und sagt nichts mehr. Ein Kind.
Sie glaubt nicht an das Verhältnis zur Tonka. Sie will was tun. Sie will Tonka warnen. Er wird sie nicht heiraten. Sie muß was tun.
Barbara weiß, daß sie nun nicht mehr im Dorf bleiben kann. Und da sagt sie der Metzgerin alles. Wie der Abram ist. Und was er macht. Und was man gegen ihn machen soll.
Die Metzgerin hat Angst, daß der Abram eines Tages auf den Franzi losgeht. Der Franzi ist ihr einziges Kind. Zwei Söhne und den Mann hat sie im Krieg verloren. Aber die Barbara kann nichts dafür. Der Knocherl, die Zenta und die Metzgerin sind dafür, daß man mit der Schmellerbäuerin spricht. Daß sie ihn kündigen muß.
Sehr spät am Abend kommt die Barbara nach Hause. Sie geht gleich in ihre Schlafkammer. Sie läuft in ihrem kleinen Zimmer auf und ab und betet Rosenkränze. Sie tritt leise auf, damit niemand aufwacht im Haus.
Die Bretter knarren, und im Bett ist es Barbara auch zu heiß.
Sie kann nicht schlafen. Sie weiß aus Erfahrung, wie nun alles weiterläuft und daß sie auch dieses Dorf wieder verlassen muß.
Barbara überlegt, ob sie nicht gleich verschwinden soll, aber sie hat Hoffnung, daß Abram Arbeit gefunden hat in der Stadt.
Oder daß man erreicht, daß er
Weitere Kostenlose Bücher