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Jagdszenenen aus Niederbayern

Jagdszenenen aus Niederbayern

Titel: Jagdszenenen aus Niederbayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Sperr
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Barbara hält Nachlese. Danach darf jeder der will noch nach Kartoffeln suchen.
    Sie ist allein auf dem Feld. Am Weg hantiert der Georg an einem Traktor herum. In seiner Nähe machen ein paar Tagelöhner Brotzeit. Das Feld ist leer. Barbara hat schnell gegessen und ist weggegangen von den anderen, mit denen sie nicht mehr reden will, seit das Gespräch um Abram geht. Ein Flugzeuggeschwader brüllt am Horizont und überquert rasch den Himmel. Die Amerikaner halten ein Manöver ab.
    Barbara schaut auf und sieht den Flugzeugen nach. Und erschrickt. Der Abram kommt auf sie zu. Abram stellt den Koffer neben ihr ab. Sie sieht ihn nicht an und will wissen, ob er Arbeit hat. Ob er aus dem Dorf verschwinden wird, weil die Leute schon über ihn reden.
    Er soll gehen, ihr zuliebe. Sie will nicht, daß er dableibt.
    Er kann für sich allein leben. Er ist alt genug. Abram schweigt. Er hat keine Arbeit. Er ist nicht gern so. Er kann nicht so weiterleben wie bisher. Er hat mit der Tonka ein Verhältnis angefangen. Und er wird sie heiraten. Er hat den festen Entschluß dazu. Er wills versuchen.
    Es wird dann keinen Anlaß mehr geben, gegen ihn zu sein.
    Die Tonka liebt ihn und er wird sich bemühen. Er versteht nicht, warum seine Mutter so gegen ihn ist.
    Barbara regt sich auf. Sie versucht weiterzuarbeiten. Sie will nicht, daß die Leute sie mit ihm zusammen sehen.
    Er soll sich eine anständige Arbeit suchen. Er soll gehen. Vielleicht kann man das Unheil doch noch abwenden.
    Er soll andere Leute in Ruhe lassen. Das mit der Tonka wird doch nichts. Er hat kein Recht, daß er dableibt. Leute wie er haben kein Recht. Weil er gegen die Natur lebt.
    Jetzt redet auch der Abram. Sie kennt seine Vorwürfe schon: Daß er nicht mit anderen Kindern spielen durfte und nicht tanzen gehen, später, mit den Mädchen. Daß sie ihn ständig überwacht hat und an sich gebunden. Und jetzt will sie ihn nicht mehr haben. Er weiß nicht, wo er hin soll. Er hat keine Arbeit.
    Der Georg kommt. Alle kommen näher. Barbara bekommt Angst. Die Leute. Und sie und der Abram.
    Sie verlangt vom Abram, daß ers öffentlich sagt, daß er mit Männern verkehrt. Es wissen sowieso schon alle. Wenns wahr ist, kann ers zugeben. Er solls laut und deutlich sagen. Was er ist. Daß er so einer ist. Abram sieht die Leute an. Die Leute sagen nichts. Und warten. Abram schweigt.
    Schließlich nimmt er seinen Koffer und geht weg. Der Georg siehts als Beweis an, daß der Abram nichts gesagt hat. Sonst hätt er Nein gesagt. Der Georg weiß jetzt Bescheid.
    Und außerdem ist er der Meinung, daß man nicht von selber so wird.
    Und die Barbara wird schon nicht so unschuldig sein, wie sie jetzt tut. Man sieht ja, wie sie ihn behandelt. Barbara arbeitet weiter. Sie zittert, daß ihr die Kartoffeln aus der Hand fallen.
    Und sie versucht, nicht zu zeigen, daß sie Angst hat. Alle meinen, der Abram muß weg.
     
6
     
    Abram versteht seine Mutter nicht. Warum hat sie es den Leuten gesagt. Aber vielleicht ist es gut, wenn es die Leute wissen. Alles. Er muß sich eben beherrschen. Es kann nur Unglück bringen, wenn er das macht, was er will. Er hat im Gefängnis sogar überlegt, ob er sich kastrieren lassen soll. Man hat ihm das empfohlen. Wenn wieder etwas passiert, dann wird ers machen. Er hat sich das fest vorgenommen. Aber er will sich ändern.
    Abram geht mit seinem Koffer zu Tonka. Sie wäscht im Hof hinter dem Haus. Sie sieht ihn und läuft ihm entgegen, sie freut sich, daß er wieder da ist, sie umarmt ihn, sie will einen Kuß von ihm. Abram küßt sie.
    Tonka will, daß er mit ihr an den Fluß geht. Sie muß ihm was Wichtiges sagen. Aber er will nicht. Er will gleich seinen Koffer auf den Schmellerhof bringen. Tonka weiß nicht, wie sies ihm sagen soll, daß sie ein Kind von ihm kriegt. So zwischen Tür und Angel.
    Abram küßt sie noch einmal verlegen. Und immer, wenn der Abram gehen will, fällt der Tonka noch was ein.
    Sie fragt ihn, ob er Kinder mag. Aber er antwortet nicht richtig, und so kann sies ihm nicht sagen. Ihre Hände sind noch feucht von der Waschlauge. Es ist still auf dem Hof.
    Schließlich sagt Abram, daß es möglich ist, daß die Leute über ihn zu reden anfangen. Aber es stimmt alles nicht. Er liebt nur sie. Tonka sagt, daß es ihr egal ist, was die Leute reden. Daß sie Vertrauen hat zu Abram. Jetzt rückt sie damit heraus, daß ihre Eltern nicht mehr wollen, daß sie sich mit Abram trifft. Und daß im Dorf manche sagen, daß der Abram die Tonka verdirbt und

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