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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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hergeschickt, um seinen Vater zu beleidigen, nicht wahr?« sagte Osborne und riß an der Klingelschnur.
    »Mr. Osborne«, sagte Dobbin mit versagender Stimme, »Sie sind es, der das beste Wesen der Welt beleidigt. Sie sollten sie lieber schonen, Sir, denn sie ist Ihres Sohnes Frau.«
    Und mit diesen Worten entfernte sich Dobbin, da er fühlte, daß er nichts weiter sagen könnte. Osborne sank in seinen Stuhl und sah ihm wild nach. Auf das Klingeln hin betrat ein Angestellter den Raum; und kaum hatte der Hauptmann den Hof verlassen, in dem Mr. Osbornes Büro lag, als Mr. Chopper, der Buchhalter, ihm ohne Hut nachgerannt kam. »Um Gottes willen, was ist passiert?« rief Mr. Chopper und ergriff den Hauptmann an den Rockschößen. »Der Alte ist in Ohnmacht gefallen. Was hat: Mr. George bloß angestellt?«
    »Er hat vor fünf Tagen Miss Sedley geheiratet«, erwiderte Dobbin. »Ich war sein Brautführer, Mr. Chopper, und Sie müssen sein Freund bleiben.«
    Der alte Buchhalter schüttelte den Kopf. »Wenn das Ihre Neuigkeit ist, Hauptmann, dann steht es schlimm. Das wird ihm der Alte nie verzeihen.«
    Dobbin bat Chopper, er möchte ihn in dem Hotel, in dem er abgestiegen sei, die weitere Entwicklung wissen lassen, und ging gedankenvoll und wegen der Vergangenheit und Zukunft beunruhigt westwärts.
    Als die Familie am Russell Square sich diesen Abend zum Essen versammelte, fand sie den Hausherrn zwar an seinem gewöhnlichen Platze sitzend, aber mit dem düsteren Gesicht, die dem ganzen Kreis stets den Mund verschloß. Die Damen und Mr. Bullock, der mit ihnen speiste, fühlten, daß die Nachricht Mr. Osborne bereits zu Ohren gekommen war. Sein finsterer Blick veranlaßte Mr. Bullock, sich still und ruhig zu verhalten, dabei war er aber außerordentlich freundlich und aufmerksam, gegen Miss Maria, die neben ihm saß, und gegen ihre Schwester, die ihren Platz oben am Tisch hatte.
    Deshalb saß Miss Wirt allein an ihrer Tischseite, und ein Stuhl zwischen ihr und Miss Jane Osborne blieb unbesetzt. Das war Georges Platz, wenn er zu Hause aß; sein Gedeck lag, wie gesagt, immer dort, da man ihn ständig zurückerwartete. Nichts geschah während des Essens, was die Stille hätte unterbrechen können, nur das schwache vertrauliche Geflüster des lächelnden Mr. Frederick und das Geklapper des Tafelsilbers und Porzellans war zu vernehmen. Die Dienstboten gingen auf leisen Sohlen hin und her und erfüllten ihre Aufgaben. Begräbniswärter konnten kaum düsterer dreinblicken als die Osborneschen Bedienten. Den Rehrücken, zu dem der alte Herr Dobbin eingeladen hatte, zerlegte er in tiefstem Schweigen, aber seine eigene Portion wurde fast unberührt wieder abgetragen, obgleich er viel trank und der Butler unermüdlich sein Glas füllte.
    Schließlich – gegen Ende des Essens – heftete er seine Augen, nachdem er der Reihe nach alle angestarrt hatte, eine Weile auf Georges Gedeck. Dann deutete er mit der linken Hand darauf. Seine Töchter sahen ihn an und verstanden entweder die Geste nicht oder wollten sie nicht verstehen, und auch die Diener wußten zunächst nicht, was sie bedeuten sollte.
    »Nehmt das Gedeck weg«, sagte er schließlich und erhob sich mit einem Fluch. Dann stieß er seinen Stuhl zurück und begab sich in sein Zimmer.
    Hinter Mr. Osbornes Speisezimmer befand sich wie üblich noch ein Raum, den man hier im Hause Studierzimmer nannte und der das Heiligtum des Hausherrn war. Hierhin pflegte sich Mr. Osborne an Sonntagvormittagen zurückzuziehen, wenn er keine Lust hatte, zur Kirche zu gehen, und hier verbrachte er dann den Morgen in seinem karmesinroten Ledersessel mit Zeitunglesen. Einige verglaste Bücherschränke standen dort mit den klassischen Werken, wie zum Beispiel dem »Jahresregister« 1 , dem »Herrenmagazin« 2 , »Blairs Predigten« 3 sowie Hume und Smollett. Vom Jahresanfang bis zum Ende nahm er nie einen dieser Bände vom Regal herab. Aber keiner in der Familie hätte je gewagt, eines der Bücher zu berühren, ausgenommen an jenen seltenen Sonntagabenden, an denen man keine Gesellschaft gab und an denen die große scharlachrote Bibel und das Gebetbuch aus der Ecke genommen wurden, wo sie neben einem Exemplar des Adelskalenders standen. Jedesmal rief dann die Klingel die Dienstboten ins Speisezimmer, und Osborne las seiner Familie mit lauter, schriller, hochtrabender Stimme die Abendandacht vor.
    Kein Mitglied des Hauses, weder seine Kinder noch die Dienstboten, betrat diesen Raum ohne ein gewisses

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