Jahrmarkt der Eitelkeit
herzlich gern ihr Ohr geliehen; aber der fette Bursche konnte sich nicht durchringen, sein großes Geheimnis preiszugeben, und wandte sich nur, zum Verdrusse seiner Schwester, mit einem abgrundtiefen Seufzer ab.
Dieses Geheimnis hielt Amelias sanftes Herz in ständiger Aufregung. Wenn sie auch nicht mit Rebekka über den zarten Gegenstand sprach, so entschädigte sie sich doch durch lange und vertrauliche Unterredungen mit Mrs. Blenkinsop, der Haushälterin, die dem Kammermädchen einige Andeutungen machte, welche es wiederum, wahrscheinlich ganz nebenbei, gegenüber der Köchin erwähnte; diese nun trug zweifelsohne die Neuigkeit in allen Kaufmannsläden herum, so daß Mr. Joes Heirat jetzt von einer beträchtlichen Anzahl Personen aus der Russell-Square-Umgebung besprochen wurde.
Mrs. Sedleys Meinung war natürlich, daß ihr Sohn sich durch die Heirat mit der Tochter eines Künstlers erniedrige. »Aber, mein lieber Gott, Madame«, rief Mrs. Blenkinsop, »wir waren doch auch nichts anderes als Krämer zu der Zeit, als wir Mr. S. heirateten, der kleiner Angestellter bei einem Börsenmakler war, und wir hatten zusammen keine fünfhundert Pfund, und doch sind wir jetzt reich genug.« Amelia teilte ganz und gar diese Ansicht, zu der sich nach und nach auch die gutmütige Mrs. Sedley bekehren ließ.
Mr. Sedley blieb neutral. »Soll Joe doch heiraten, wen er will«, wiederholte er; »das ist nicht meine Angelegenheit. Das Mädchen hat kein Vermögen, aber Mrs. Sedley hatte auch keins. Sie scheint gutmütig und gescheit zu sein, und vielleicht gelingt es ihr, ihn in Ordnung zu halten. Lieber sie, meine Liebe, als eine schwarze Mrs. Sedley und ein Dutzend mahagonibrauner Enkelkinder.«
So schien denn alles zu Rebekkas Glück zu lächeln. Als sei es selbstverständlich, ergriff sie Joes Arm, wenn man zum Essen ging; sie saß neben ihm auf dem Bock seines offenen Wagens (und fürwahr, er war ein gewaltiger Stutzer, wenn er so dasaß und prächtig gekleidet heiter seine Grauschimmel lenkte). Obgleich niemand ein Wort von der Heirat sprach, so schien es doch jedermann eine ausgemachte Sache zu sein. Alles, was sie noch brauchte, war der förmliche Antrag. Ach! Wie sehr vermißte Rebekka jetzt eine Mutter, eine liebe, zärtliche Mutter, die das Geschäft in zehn Minuten abgewickelt und im Laufe eines kleinen, zarten Gespräches unter vier Augen den verschämten Lippen des jungen Mannes das interessante Geständnis entlockt hätte!
So standen die Dinge, als der Wagen über die Westminsterbrücke fuhr.
Die Gesellschaft kam zur festgesetzten Zeit an den Königlichen Gärten an. Als der majestätische Joe aus dem knarrenden Fahrzeug stieg, begrüßte die Menge den dicken Herrn stürmisch, der daraufhin errötete und sehr groß und gewichtig wirkte, als er mit Rebekka am Arm davonschritt. George nahm sich natürlich Amelias an. Sie sah so glücklich aus wie ein Rosenstock im Sonnenschein.
»Dobbin«, sagte George, »sei doch bitte so gut und kümmere dich um die Schals und die anderen Sachen.« So mußte der ehrliche Dobbin sich begnügen, während George und Miss Sedley davongingen und Joe sich mit Rebekka durch das Gartentor zwängte, seinen Arm den Schals zu geben und am Eingang für die ganze Gesellschaft zu bezahlen.
Bescheiden folgte er ihnen; er war kein Spielverderber. Um Rebekka und Joe kümmerte er sich keinen Pfifferling. Amelia dagegen hielt er sogar des brillanten George Osborne für würdig, und während er das hübsche Paar die Wege auf und ab gehen sah und des Mädchens Vergnügen und ihre Bewunderung bemerkte, beobachtete er ihre unschuldige Glückseligkeit mit einer Art väterlicher Freude. Vielleicht fühlte er auch, daß er gern etwas anderes als einen Schal am Arm gehabt hätte (die Leute lachten über den linkischen jungen Offizier mit dieser weiblichen Bürde), aber William Dobbin hatte keinen Hang zu selbstsüchtigen Plänen; und wie sollte er unzufrieden sein, solange sein Freund sich gut unterhielt? Und dabei nahm Hauptmann Dobbin von allen Herrlichkeiten des Gartens keine Notiz; nicht von den hunderttausend Lampen, die ständig brannten; nicht von den Geigern mit Dreispitz, die unter einer vergoldeten Muschel in der Mitte des Gartens hinreißende Melodien spielten; nicht von den Sängern, die mit lustigen und sentimentalen Balladen das Ohr entzückten; nicht von den Volkstänzen, die stramme Londoner und Londonerinnen mit Sprüngen, Stampfen und unter Lachen tanzten; nicht von dem Ausrufer, der
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