Jake Djones und die Huter der Zeit
zehn Uhr nachts, und die meisten der Wachen schliefen. Nur am Rand des Lagers standen drei Wachposten mit ihren Laternen im Mondlicht.
Jake hielt sich in den Schatten der Zelte verborgen und beobachtete Minas Pavillon. Drinnen flackerte Kerzenschein, und Jake sah wie in einem Schattenspiel, wie Talisman Kant und Mina Schlitz zu Abend speisten. SchlieÃlich erhob sich Kant, machte eine Verbeugung und ging. Jake wartete, bis er an seinem Planwagen angelangt war, die kleine Leiter hinaufkletterte und hinter dem Vorhang verschwand. Jetzt war der Moment zu handeln.
Mit zitternder Hand zog Jake den Feuerstein hervor, den Nathan ihm gegeben hatte. Er kniete sich hin, entzündete damit ein Bündel trockenes Gras und steckte mit der knisternden Flamme das Zelt in Brand, hinter dem er sich versteckt hatte. Die Zeltplane fing sofort Feuer, und wenige Momente später erleuchteten die Flammen den gesamten Lagerplatz.
Alles geschah gleichzeitig: Die Soldaten kamen Befehle brüllend aus ihren Zelten gestolpert, die Wachposten rannten zum Lager zurück, und alle machten sich sofort daran, den sich schnell auf die anderen Zelte ausbreitenden Brand mit Wasser aus dem Fluss zu bekämpfen.
Als Jake Mina im Morgenmantel aus dem Pavillon auf die brennenden Zelte zueilen sah, huschte er wie ein Schatten durch die Dunkelheit, um die Rückseite von Minas Pavillon herum und schlüpfte hinein.
Das Zelt war nur spärlich möbliert. Mit rasendem Puls lieà Jake den Blick durch den Innenraum schweifen, auf der Suche nach dem kleinen silbernen Kästchen. Er sah einen einfachen Sekretär, eine kleine Kommode und mehrere Tierpelze, die auf dem Boden ausgebreitet lagen. Auf dem Sekretär stand eine Porzellanschale mit grüner Tinte, darin ein Federkiel und daneben ein frisch beschriebenes Stück Pergament. In der Ãberschrift entdeckte Jake ein vertrautes Wort:
Gästeliste der Superia-Konferenz, Schloss Schwarzheim
Darunter stand eine lange Liste mit Namen aus vielerlei Gegenden: Italien, Spanien, Russland, Niederlande ⦠und daneben Bemerkungen wie: Gold, Zinn, Getreide, Pelze und so weiter. Jake faltete das Pergament und steckte es ein.
Doch eigentlich war er wegen etwas ganz anderem hier. Das silberne Kästchen! Eilig durchsuchte er die Schubladen der Kommode â nichts. Seine Anspannung wuchs; er wirbelte herum, und da sah er es endlich, mitten auf Minas Feldbett. Er öffnete die kleine Kassette. Zwei Glasbehälter kamen zum Vorschein, der eine zylindrisch, ohne erkennbare Ober- oder Unterseite und versiegelt, mit einer zähen, bienenwachsähnlichen Flüssigkeit darin, der andere ein kleines, mit einem Korken verschlossenes Fläschchen, in dem sich ein weiÃes Pulver befand. Jake nahm es heraus und betrachtete den Inhalt genauer. Das Pulver sah aus wie Talkum.
Da sah er ein weiteres kleines Kästchen neben Minas Kopfkissen, und als er die rote Schlange bemerkte, die lautlos daraus hervorkroch, lieà er vor Schreck das Fläschchen mit dem Pulver fallen. Glücklicherweise blieb es ganz, und Jake wollte es gerade aufheben, da fauchte die Schlange plötzlich, und er hörte das Geräusch sich nähernder Schritte. Gerade noch rechtzeitig kauerte er sich in eine dunkle Ecke und bedeckte sich, so gut es ging, mit einem der Tierfelle.
Mina kam herein, zog ein Paar Lederhandschuhe aus ihrer Kommode und wollte schon wieder nach drauÃen gehen, als sie plötzlich innehielt, als hätte sie gemerkt, dass etwas fehlte. Ganz langsam drehte sie sich um, sah das verkorkte Fläschchen auf dem Boden liegen und die geöffnete silberne Kassette auf ihrem Bett. SchlieÃlich fiel ihr Blick auf ihre rote Schlange, die sich auf den Boden fallen lieà und züngelnd auf einen eigenartig aufgehäuften Pelz zukroch.
Durch einen schmalen Spalt beobachtete Jake aus seinem Versteck heraus die Schlange. Dann hörte er das schaurige Geräusch, mit dem Mina ihr Schwert aus der Scheide zog.
Mit einem Schrei sprang Jake unter der Tierhaut hervor, stieà die Kommode um, sodass sie Mina den Weg versperrte, und stürzte sich zwischen den Zeltplanen hindurch ins Freie. DrauÃen riss Jake drei Spannleinen aus ihrer Verankerung, sah, wie der Pavillon in sich zusammensank, und rannte los â doch er kam nicht weit, denn ein Bein hatte sich in den losen Leinen verfangen. Hastig machte er sich los, sprang wieder auf die Beine und sprintete auf das rettende Dickicht des
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