Jakob der Reiche (German Edition)
Kaiser geben kann, auch rund ist.«
In diesem Augenblick bekreuzigten sich Hunderte von Menschen auf dem Münsterplatz von Konstanz und in den Fenstern der umliegenden Häuser. Es war, als hätten sie geahnt, dass mit der Hitze des außergewöhnlichen Tages ein goldenes Wunder über die Stadt und den Reichstag hereinbrechen würde.
Die Kunde vom unerwartet reichen Goldsegen für König Maximilian verbreitete sich in Windeseile in alle Richtungen. Nicht nur im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, sondern auch an den anderen europäischen Königshöfen, in Rom und in den Signorien Italiens wurde darüber gerätselt, warum der sonst so sparsame Fugger auf einmal derart großzügig mit seinem Reichtum war.
Aufgeregt berichteten die italienischen Abgesandten bis nach Venedig, dass sie mit eigenen Augen gesehen hätten, wie das viele Gold in der Sonne blinkte. Dabei wusste jeder, dass es überhaupt nicht nötig gewesen wäre, die Münzen bis zum Reichstag nach Konstanz zu bringen. Es hätte vollkommen gereicht, dem König nur eine unterschriebene, bestätigte Darlehensurkunde zu übergeben.
Erst in den Wochen nach dem theatralischen Ereignis begriffen die Fürsten und Abgesandten der deutschen Städte, wie genial Jakob Fugger sein Eingreifen geplant und inszeniert hatte. Wer drei Wagenladungen mit Gold ohne große Vorbereitungen und nur mit einer verhältnismäßig kleinen Bedeckung durch Süddeutschland und die Schweiz transportieren und wer dann vor aller Augen den Goldschatz seinem König übergeben konnte, der musste nicht nur voll und ganz auf dessen Seite stehen, sondern auch über geheime Geldquellen verfügen.
»Wer weiß, vielleicht hat sogar Papst Julius selbst das Gold gestiftet«, tuschelten einige, »damit der römische König endlich seinen Zug zur Krönung beginnen kann.«
Jakob äußerte sich nicht zu derartigen Vermutungen. Er verschwieg auch, dass allein Fürstbischof Melchior von Meckau fünfundzwanzigtausend Gulden zu der gesamten Summe beigetragen hatte. Während der letzte Ritter plötzlich im Gold schwelgte, sorgte Jakob dafür, dass auch Bianca Maria Sforza als Königin nicht länger mit ihren mageren zweihundert Gulden Monatsgeld auskommen musste. Auch Paul von Lichtenstein und einige wichtige Würdenträger des königlichen Hofes erhielten neue Zusagen für monatliche Zahlungen.
Vollkommen unbemerkt von der Öffentlichkeit wurden in diesen Tagen Verträge über den Verkauf bestimmter Ländereien aus dem Besitz des Hauses Habsburg ausgehandelt. Am 27. Juli überschrieb der römische König Maximilian die Grafschaft und das Schloss Kirchberg an der Iller an Jakob Fugger und Erben. Zu diesem stattlichen Besitz gehörten die Stadt Weißenhorn und die Herrschaften Wullenstetten, Pfaffenhofen, Illerberg und weitere Kirchspiele und Dörfer.
»So, Jacopo, jetzt musst du nur noch fressen, was ich dir als Gegenleistung für deine achtzigtausend in den Schlund werfe«, sagte Maximilian ohne Gram nach seiner Unterschrift. »Du bekommst sämtliche Hoheitsrechte, die Lehen, die Gerichtsbarkeit und meinetwegen auch noch die hohe Jagd, die ich normalerweise als mein eigenes Recht behalte.«
»Mir wäre eine Grafschaft in der Nähe Augsburgs eigentlich lieber gewesen, Majestät«, entgegnete Jakob sachlich. »Diese Ortschaften bei Ulm sind doch recht weit von unserem Handelshaus entfernt.«
»Wirst du jetzt auch noch wählerisch?«, fragte Maximilian drohend. »Du solltest weder meine Großmut noch die Freundschaft eines Kaisers mit seinem Bankier überspannen, Meister Jakob Fugger! Ich gebe zu, dass in den Dörfern, um die es hier geht, manches verwahrlost ist, aber dann musst du eben gute Leute einsetzen. Und noch etwas muss dir bei unserem Handel klar sein: Du hast zwar einen Kaufvertrag, aber wir beide wissen, dass du mir deine Kisten voller Gold nur geliehen hast. Sobald ich dieses Darlehen abgetragen habe, existiert der Kaufvertrag nicht mehr.«
»Das würde heißen, dass ich auf einen Streich alles verliere, was ich in der nächsten Zeit auf den Besitztümern neu ordne und investiere. Das ist mir nicht sicher genug. Ich schlage vor, dass für Kirchberg nur fünfundzwanzigtausend Gulden angerechnet werden. Das entspricht etwa auch dem wahren Wert. Und der Vertrag soll eine Laufzeit von zwanzig Jahren haben. Zuvor soll nichts zurückgekauft werden.«
»Der Kerl ist unverschämt und beißt die Hand, die er doch küssen sollte!«, schnaubte Maximilian erneut ärgerlich. Trotzdem setzte er
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