Jakob der Reiche (German Edition)
sich eine Menge bunt gekleidetes Volk im Burghof und in den Korridoren.
»Der Schroffenstein kann es noch nicht sein«, meinte Peutinger. »Der soll wohl Nachfolger werden, aber er hat noch kein Gefolge und muss in Trient erst einmal zum Priester und dann zum Bischof geweiht werden, ehe er die Diözese übernehmen kann.«
»Jetzt erkenne ich die Fahnen und die Farben des Gefolges«, sagte Jakob, während sie von Bediensteten zu den Gästeräumen im ersten Stock der Hofburg geleitet wurden. »Ich sehe überall Sattelknechte, Musiker, Bereiter, Gardisten, Harnischschläger und Büchsenmeister. Sie gehören zum Gefolge des Fürstbischofs Matthäus Lang!«
»Lang hier?«, fragte Peutinger verwundert. »Dann ist auch Kaiser Maximilian nicht weit!«
Im selben Augenblick hörten sie Trompeten aus dem Tal und sahen, wie sich in einer Staubwolke mehrere Haufen Landsknechte unter den kaiserlichen Bannern talabwärts bewegten. Einige waren beritten, andere marschierten zu Fuß. Wieder andere hingen an den Bremsen der Trosswagen und Räderlafetten mit blinkenden Kanonenrohren, aus denen eiserne Kugeln anstelle der bis dahin üblichen Steinkugeln verschossen werden konnten. Jakob legte die Hand über die Augen. Er sah fahrbare Pulvermühlen, Kastenwagen mit gestapelten Hellebarden und Spießen, Kisten mit Pfeilen, Sturmhauben und Schwertern.
Obwohl es warm war, trugen die Kriegsknechte des Bischofs neue, glänzende Eisenhelme. Die meisten hatten getriebene Brust- und Rückenpanzer aus Eisen angelegt. Die neuen, durch Kerbungen verstärkten Harnische aus den Werkstätten von Fuggerau und anderen Waffenschmieden in Tirol konnten nicht einmal von Kugeln oder Armbrustbolzen durchschlagen werden.
»Wollen wir ihnen nachreiten?«, fragte Peutinger, doch Jakob schüttelte den Kopf.
»Sie kommen heute bestenfalls bis Bozen. Wir holen sie leicht ein, ehe sie aus den Alpen heraus sind. Für mich ist es heute wichtiger, mit dem Kardinal zu sprechen, der mit darüber zu entscheiden hat, was aus dem Geld der Diözese Brixen in unserer Gesellschaft wird.«
»Wolltest du nicht –?«
»Nach Asolo?«, unterbrach Jakob den Freund. Dann nickte er. »Die kaiserlichen Wagen und Kanonen brauchen einige Tage, bis sie an Bozen und Trient vorbei sind und dann nach Osten abbiegen können.«
»Für gute Reiter geht es schneller«, entgegnete Peutinger besorgt.
»Willst du mir Angst einjagen?«, fragte Jakob. »Wir übernachten heute hier, sprechen mit Lang über die Forderungen der Diözese und reiten morgen in aller Frühe weiter.«
Das Gespräch beim Nachtmahl mit dem Fürstbischof von Gurk verlief angenehm und in voller Übereinstimmung. Jakob Fugger musste dem Mann, der einer verarmten Augsburger Patrizierfamilie entstammte, nicht viel erklären.
»Wenn Brixen also keine Ansprüche auf das eigene und bei euch angelegte Vermögen erhebt, willst du uns Zinsen zahlen«, fasste der Fürstbischof zusammen.
»Das ist mein Angebot.«
»Weiß der Heilige Vater, wie viel die Gesellschaft der Fugger von der Lilie insgesamt von unserem verstorbenen Bruder Melchior erhalten hat?«
»Nein«, sagte Jakob. »Die eigentliche Schuld macht mir auch keine Sorgen. Johannes Zink und ich werden mit Julius II . sicherlich handelseinig. Am besten wäre es, wenn der Vatikan mit dem Kaiser in einen Rechtsstreit ginge, um herauszufinden, wem Meckaus Erbe tatsächlich gehört.«
»Ich würde dann natürlich Maximilian beraten«, warf Conrad Peutinger ein.
»Wir wollen gar nicht lange wie die Kater um den heißen Brei herumstreichen«, meinte Matthäus Lang und schmunzelte. »Ich sorge dafür, dass von hier aus keine Forderung nach sofortiger Rückzahlung kommt. Und da Zinsen nun einmal verboten und des Teufels sind, will ich diese Diözese nicht in die Sünde treiben.« Er sah Jakob mit vom Wein geröteten Wangen an. »Die Zinsen aus dem Meckau-Darlehen gehen ab sofort an mich!«
»Sind sie dann keine Sünden mehr?«, fragte Conrad Peutinger scheinheilig.
»Gewiss«, meinte der Kardinal schmunzelnd, »deswegen werde ich diesen verbotenen Zins auch nur für sehr sündige Vergnügen ausgeben.«
Am nächsten Tag kamen sie schnell bis nach Bozen. Dann aber verstopfte der Heerwurm des Kaisers die Straße bis Trient. Es gab kaum Ausweichmöglichkeiten, und manch ein Handelswagen stürzte abgedrängt in die Schlucht des Eisack.
Kaiser Maximilian und sein Hofstaat waren nirgendwo zu sehen. Sie hörten, dass er bereits in Richtung Padua vorausgeritten sein
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