Jakob der Reiche (German Edition)
Krämer, zu noch größerem, wie ich annehme«, knurrte der König ungnädig.
Jakob zuckte nur die Schultern. Wieder vergingen einige Augenblicke, in denen keiner der beiden Männer ein Wort sprach. Dann lächelte Maximilian kurz und nickte. »Ich gebe Euch ein Jahr, Meister Fugger«, erklärte er, nun wieder ganz förmlich. »Dann wollen Wir das wertvollste der österreichischen Erblande in Unserem Besitz haben. Wir wollen den Thron und die Herrschaft von Tirol. Und das ohne Mord und Totschlag und ohne Krieg wie in Burgund und den Niederlanden und auch ohne das, was Ihr dem armen Sigismund mit Bozen und der Republik Venedig eingebrockt habt.«
Tiroler Intrige
Die Nacht auf Kronberg veränderte einiges für das Augsburger Handelshaus. Nach seiner Rückkehr nach Augsburg berichtete Jakob im Familienkreis von seinem Gespräch mit dem König. Je mehr er erzählte, desto säuerlicher wurden die Gesichter seiner älteren Brüder. Sie saßen im neuen, kunstvoll ausgemalten Kontor des großen Hauses am Rindermarkt. Es befand sich im ersten Stock wie bei den Kaufmanns-Palazzi in Venedig, und von seinem Platz aus konnte Georg die kleine Kirche von Sankt Anna sehen.
»Weißt du eigentlich, was deine leichtsinnigen Gespräche für uns bedeuten?«, fragte Georg griesgrämig. »Jeder Feldzug und jeder Streit, den der Habsburger – aus welchen Gründen auch immer anfängt –, belastet ab sofort auch unsere Kasse.«
»Georg hat recht«, stimmte Ulrich besorgt zu. »Es war schon riskant genug, wie du bisher überall Anteile gekauft und Geld verliehen hast. Vielleicht waren gewisse Darlehen an den Kaiser unvermeidlich. Aber jetzt bindest du uns auf Gedeih und Verderb an eine Politik, bei der wir selbst nicht mitbestimmen und immer nur reagieren können, wenn es bereits zu spät ist.«
»Wer sagt dir das?«, widersprach Jakob. »Habe ich nicht immer ein paar Stunden oder Tage vor allen anderen gewusst, wo wir eingreifen müssen? Hat uns auch nur ein einziger Baumgartner, Hochstetter oder ein Gossembrot oder Rehlinger etwas von dem abgenommen, was ich erhandelt habe? Gewiss, es gibt noch immer Dutzende im Dunstkreis des kaiserlichen Hofes, die mir und uns Konkurrenz machen. Aber ich werde sie ausstechen, und zwar einen nach dem anderen.«
»Wenn du das vorhast, verlagerst du den Handel und Wettbewerb von den Märkten und Messen in die Hinterzimmer der Gasthäuser und in die Gemächer der Fürsten und ihrer Beamten.«
»Was spricht dagegen?«, trumpfte Jakob auf. »Genau das ist doch der allein sinnvolle und vernünftige Fortgang unseres Geschäfts. Wir ziehen schon lange nicht mehr mit der Rückenkiepe von Markt zu Markt. Nur noch selten begleitet einer von uns dreien eine Warenladung. Wir handeln stattdessen, indem wir Lieferungen und Bezahlungen versprechen. Ich muss weder das Silbererz aus dem Berg noch die daraus geschmolzenen und geprägten Münzen zwischen den Fingern spüren, um durch zwei oder drei Gespräche oder schriftliche Verträge einen Gewinn zu erzielen. Genauso wird es bei den Geschäften mit und für Maximilian sein.«
Er blickte sie abwechselnd an. »Ihr müsst begreifen, dass wir keine Handwerker und Krämer mehr sind! Alles, was wir bisher vielleicht noch in unseren Lagerhäusern gesammelt, gezählt und irgendwann weiterverkauft haben, wird in Zukunft hauptsächlich auf dem Papier stehen – in Urkunden und Verträgen, die ihr hier in diesem großen Kontor Ort für Ort in einzelne Fächer legen könnt. Kontrakte und Vereinbarungen auf Papier statt Ballen und Säcke, Fässer und Körbe, versteht ihr?«
»Wir verstehen sehr wohl«, sagte Georg unwirsch. »Und eines Tages wirst du wahrscheinlich noch mit Gütern handeln, die du gar nicht besitzt und die auch nie jemand gesehen hat.«
»Das halte ich nicht für ausgeschlossen«, antwortete Jakob, ohne auf die Ironie und den Spott seines Bruders einzugehen. »Auch das Paradies hat noch niemand gesehen, und doch bringt es der Kirche Sonntag für Sonntag einen hübschen Gewinn.«
Nach einem arbeitsamen Herbst und einem schweren Winter, in dem kaum noch Fernhandel möglich war, kam ein Jahr, in dem Gott es gut mit den Menschen meinte. Die Felder und die Bäume blühten schön und reich wie nie zuvor, und die Sommersaat nahm keinen Schaden durch Ungeziefer oder Vögel. Es gab kaum Krankheiten, das Vieh gedieh, und auf den Märkten wurden Händler und Krämer die Waren schnell zu einem guten Preis an zufriedene Käufer los.
Dennoch lag eine dumpfe Angst
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