Jakob der Reiche (German Edition)
der Burgherr kopfschüttelnd. »Wenn das bei Königen und Kaisern üblich ist, dann wundert mich nicht mehr, wenn Weber wie die Fugger durch solche Stoffe reich geworden sind.«
»Eine einzige Kanone aus gegossener Bronze kostet mehr als hundert Ellen weißen Leinens«, gab Jakob Fugger sofort zurück. Er überprüfte jeden einzelnen Platz mit seinen Tellern und Löffeln, die er selbst aus Frankfurt mitgebracht hatte. Zu allem Überfluss legte er auch noch einige jener zweizinkigen Gabeln, wie sie neuerdings in Venedig Mode waren, mitten auf die Tafel.
»Wird das Rindfleisch rechtzeitig gar?«, fragte er den Hausherrn. »Ich will nicht, dass der Tafelspitz zerkocht. Er muss auf der Zunge zergehen, aber er darf nicht zerfallen.«
»Die Köche, die du mitgebracht hast, lassen keinen anderen an meine Töpfe«, schnaubte der Schlossherr noch immer etwas unwillig. Ohne die schönen silbernen Kölner Münzen, die er für all das bekommen hatte, hätte er niemals zugelassen, dass der junge Fugger von der Lilie seine ehrwürdige Trutzburg in einen Platz für Mummenschanz verwandelte.
Zwei der Köche steckten ihre Köpfe durch einen runden Türbogen.
»Was machen unsere Schwäne?«
»Sie sind gebraten und schön zart. Wir können jederzeit ihr weißes Federkleid über die Braten ziehen.«
Jakob nickte. Dann ging er zusammen mit dem Burgherrn in den Innenhof. Hier lagen Holzbohlen bereits so gestapelt, dass sie schnell mit etwas Glut und Stroh zu einem großen Feuer angezündet werden konnten. Oben an den Dächern wehten Fahnen und lange Wimpel im goldenen Abendlicht. Und dann näherte sich auch schon der Lärm der Jagdgesellschaft. Jakob nickte dem Burgherrn zu. Der klatschte in die Hände, und an den Fenstern tauchten Musikanten mit Drehleiern, Flöten und Zinken, Schellen, kleinen Trommeln und Hörnern auf.
Weitere Fenster öffneten sich, und junge Mädchen ließen langes Haar nach unten wallen. Jakob gab ein Handzeichen, dann zogen sich die Schauspielerinnen wieder zurück und verschlossen ihre Fenster.
»Jetzt kann er kommen«, sagte Jakob Fugger. Er faltete die Hände und spielte mit den Daumen. Diesmal sollte der letzte Ritter merken, wer ihn zum Turnier gebeten hatte und mit ihm die Lanze brach.
Die kleine Burg des Raubritters hatte noch nie zuvor ein derart feierliches und zugleich fröhliches Gelage erlebt. Es war ein gelungenes kleines Fest – nicht zu vergleichen mit den steifen Banketten und Gelagen in den Städten bei den Reichstagen. Und doch schienen unter den geschickten Anweisungen des bürgerlichen Handelsherrn aus Augsburg all jene Werte und Erinnerungen wieder aufzuleben, die verloren schienen, seit die Erfindung des Schießpulvers den ritterlichen Kampf von Mann zu Mann, das Hohelied der Minne und die Tugenden des Adels hinweggeblasen hatte.
Jakob sorgte für üppige Speisen von allerfeinster Art. Er nahm von dem, was er in Rom oder Venedig gesehen und gekostet hatte, und ließ weg, was nicht zur ritterlichen Lebensart gehörte. Noch bis zum Schluss hatte ihn Conrad Peutinger unten in der Stadt am Main beraten.
Maximilian genoss in vollen Zügen, was ihm an diesem Abend auf Burg Kronberg angeboten wurde. Er kannte sie, die uralten Geschichten von der Tafelrunde am Hof von König Artus, vom Zauberer Merlin und den getreuen Paladinen am Hof Karls des Großen. Ausgewählte Musikanten spielten und sangen Lieder von Tristan und Isolde und von den Rittern auf der Suche nach dem Gral.
Der Platz an der erhöht aufgestellten Tafel des Königs reichte für ihn und zwölf weitere Gäste. Diese blickten über alle anderen hinweg zur Fläche in der Mitte, auf der die Musikanten auftraten, während entlang der Wände die Tische für die minderen Gäste standen. Selbst wie auf einer Bühne sitzend, schauten die Vornehmen dem Dargebotenen fröhlich tafelnd zu.
Durch die geöffneten Seitenfenster zum Burghof flackerte der Lichtschein des großen Freudenfeuers in den Saal hinein, während das rote Licht der Abendsonne von der anderen Seite durch die Fenster in den meterdicken Mauern schien. Der kleine Burgsaal füllte sich wie mit dem warmen Widerschein einer längst vergangenen Zeit.
Jakob saß neben dem Ritter von Kronberg zur Rechten des Königs. In der ersten Stunde ließen sich alle die vorzüglichen Speisen und Getränke munden. Auch die Gesänge der Musikanten fanden große Zustimmung. Dann, als die Jagdgesellschaft und die Begleiter Maximilians sich zufrieden zurücklehnten und die inzwischen
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