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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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reichlich zum Abwischen von Mund und Händen benutzten Leinentücher von den Tischen genommen wurden, lösten neue Spielleute die ersten ab.
    Wie der Zeremonienmeister am Hof hob Jakob Fugger die linke Hand. Im selben Augenblick öffnete sich die Doppeltür zum Hof, und aus den Vorräumen sprangen italienisch gekleidete junge Mädchen in die Mitte des Saals. Die ersten vier waren allegorisch wie die vier Jahreszeiten gekleidet. Die Frühlingsmaid trug bunte Bänder im Haar und dazu Stoffblumen, die wie Maiglöckchen aussahen. Die Sommergöttin schien eine nackte Venus darzustellen, obwohl sie züchtig mit Krongarben und rotem Klatschmohn bekleidet war. Die Herbstfee trug ein weites, wallendes Gewand in der Farbe gelben Laubes mit dunkelroten Rändern und aufgesteckten Ranken. Das Mädchen, das den Winter darstellte, kam wie eine Nymphe mit weißen Schleiern, in die Schneeflocken und bunte Sterne eingewebt waren.
    Einen derartigen Auftritt holder Weiblichkeit hatte es im ganzen Reich noch nie zuvor gegeben. Maximilian war derart überrascht, dass er die jungen Mädchen mit offenem Mund und großen Augen anstarrte. Dann lachte er laut und zufrieden, beugte sich vor und nickte Jakob Fugger anerkennend zu.
    »Ihr habt es also nicht vergessen«, rief er vergnügt. »Bunt gedruckte Kalenderblätter habt Ihr mir damals in Eurem Haus in Augsburg gezeigt. Ja, jetzt erinnere ich mich. Ist das hier alles Euer Werk?«
    »Ich wollte Euch nur eine kleine Freude machen, Majestät.«
    »Dieser Abend ist Euch bei Gott wunderbar gelungen, Meister Fugger. Ich nehme an, dass Ihr noch allein mit mir sprechen wollt, vielleicht sogar über Sigismund und sein Tirol. Doch damit will ich mir den Abend nicht verderben. Man spiele zum Tanz. Kommt, Meister Jakob, lasst uns tanzen. Die schönen Jungfrauen verzehren sich bereits nach uns.«
    Doch diesmal schüttelte Jakob den Kopf. »Ich tanze nicht, Majestät«, sagte er und musste zugleich an das Fest im Vatikan denken, das der Kardinal della Rovere mit seinen Cortegiane vor vielen Jahren gegeben hatte.
    Spät in der Nacht, als fröhliches Geschrei, Musik und Trunkenheit die ganze Burg erfüllten, legte Maximilian endlich die Pause ein, auf die Jakob Fugger schon lange gewartet hatte. Der König führte seine Tanzpartnerin leicht schwankend, aber in höfischer Haltung zu einer der Bänke am Rande des Saals. Plötzlich umschlang er sie heftig, als müsse er an ihr Halt suchen, und setzte sie taumelnd ab, nicht ohne ihr die Hand ins Mieder zu schieben. Er verabschiedete sich mit einer galanten höfischen Verbeugung, lachte laut, drehte sich um, legte seinen Arm um Jakob Fugger und schob ihn zu einer der Türen links neben dem Podest, am dem sie zuvor gesessen und getafelt hatten.
    Der Gang hinter der Holztür war nur alle fünf Schritt von einem Kienspan dürftig erleuchtet. Mit sicherem Gefühl stampfte Maximilian die steinerne Wendeltreppe empor, die zur obersten Plattform des Bergfrieds führte. Schließlich sahen sie den sternenbedeckten Nachthimmel über sich. Von unten klang der Lärm des Festes bis zu den Zinnen herauf.
    »Und nun zu dir, Jakob Fugger aus Augsburg«, sagte Maximilian viel zu laut. Jakob hob die Hände zu einer abwehrenden Handbewegung. Aber der Kaiser war kein Mann, der sich in irgendeiner Weise von einem anderen beschwichtigen ließ.
    »Ich muss dir danken, Jakob«, sagte er wohlwollend. »Genau genommen muss ich dir schon mein halbes Leben lang danken. Für die Ausstattung auf dem Weg zu meiner geliebten Braut Maria hat sich mein Vater bereits erkenntlich gezeigt, indem er euch das Wappen von der Lilie schenkte. Aber danach, Jakob, danach warst du es, der mir einige Male sehr geholfen hat. Deine Silbergeschenke für das kaiserliche Heer sind unvergessen, und ganz besonders danke ich dir für deinen Anteil am Lösegeld für meine Befreiung in den Niederlanden.«
    Er lehnte sich etwas zurück, stützte sich mit beiden Händen an den Zinnen des Turmes ab und betrachtete versonnen den Mond, der silbern über den schwarzen Wäldern des Taunus stand. In der Ferne leuchteten die Lagerfeuer in den Mainauen.
    »Manchmal erkennt man die Dinge erst, wenn man nicht mehr mitten in den Ereignissen steht«, sagte Maximilian. »Ich weiß natürlich, dass raffgierige Kaufleute wie du nicht einen einzigen Heller fortgeben, wenn sie ihn nicht zuvor anspucken, damit er wiederkommt und weitere mit sich bringt …«
    »Ich werfe Tag für Tag mehr als einen Heller in Opferstöcke und erwarte

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