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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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über dem Land. Zur Furcht vor Räubern und Dieben, marodierenden Landsknechten und der Willkür der Fürsten kam die Furcht vor neuen, unerklärbaren Mächten des Bösen. Es war, als würden sich Teufel und Dämonen mit der Schönheit der Schöpfung verkleiden, als würden in Lüsternheit gefallene Hexen sich hinter Masken unschuldigster Mädchengesichter verstecken. Geflüsterten Vermutungen folgten leise Warnungen in vielen Beichtstühlen, dann erste öffentliche Verdächtigungen und schließlich Anklagen und lodernde Feuer, in denen angebliche Hexen verbrannten.
    Jakob Fugger war entsetzt über das, was mit ausdrücklicher Billigung von Papst Innozenz überall hervorbrach. Obwohl die Verfolgungen südlich der Alpen nicht so kalt und grausam erschienen, nutzte auch die Republik von San Marco die unsicheren Zeiten. Mitte Juni brachte ein Tassis-Reiter die Nachricht nach Augsburg, dass der Doge die Königin von Zypern mit der goldenen Staatsgaleere in die Lagunenstadt gebracht hatte.
    »Es war eine großartige, ergreifende Zeremonie«, berichtete der Bote. »Der Doge holte die Adoptivtochter der Republik mit dem Bucintoro von ihrem zyprischen Schiff in der Lagune ab. Sie warteten, bis es Abend wurde, dann legten sie unter einem farbenprächtig den Nachthimmel erhellenden Feuerwerk an der Mole vor dem Dogenpalast an. Oh ja, der Doge selbst geleitete sie über blütenbestreute Teppiche am Campanile vorbei bis in den Palast, und Tausende jubelten ihr zu.«
    »Aber Caterina Cornaro ist doch immer noch die Königin der Zuckerinsel, oder ahne ich eine Intrige?«
    »Das ist sehr schwer zu sagen, aber der Rat der Zehn hat beschlossen, dass sie im Palazzo ihres Vaters am Canal Grande sicherer ist als in den königlichen Palastanlagen von Nikosia. Es sind die Türken, gegen die Zypern jetzt von Venedig verteidigt werden muss …«
    »Es sind fast immer die Türken, die herhalten müssen, wenn irgendein teuflischer Plan begründet werden soll«, sagte Jakob finster. Für einen kurzen, sehnsüchtigen Augenblick dachte er daran, alles liegen und stehen zu lassen, um noch in derselben Stunde mit den schnellsten Pferden der Tassis über die Alpenpässe nach Venedig zu jagen. Sie war da … im Haus ihres Vaters … unter dem Gemälde, das ihn seit Jahren wie ein sündig gewordenes Muttergottesbild begleitete.
    Jakob verachtete die doppelzüngige Republik von San Marco und die unfähige Politik der Habsburger. Er hasste den Papst für seine zwielichtigen Geschäfte und bedauerte die Kirche für den Wahnwitz der allenthalben aufkommenden Hexenverfolgungen.
    Gleichzeitig beneidete er seine Brüder Ulrich und Georg mit ihrem einfältigen, gottgefälligen Familienleben. Tat er das wirklich? Er schüttelte den Kopf und entließ den Tassis-Reiter mit einem frisch geprägten Guldiner. Das Bild Erzherzog Sigismunds auf der Vorderseite mit der spitzen Krone und dem erhobenen Zepter sah eher mitleiderweckend als herrschaftlich aus. Nein, er beneidete weder den Herrn von Tirol noch König Maximilian und erst recht nicht die Krämerseelen in seiner eigenen Familie.
    »Caterina«, flüsterte er zärtlich, als er wieder allein war. Dann lächelte er wehmütig. Er würde nicht nach Venedig reiten. Jedenfalls jetzt noch nicht, denn zuvor wollte er andere Pläne umsetzen …
    Erst im folgenden Jahr kam Jakob Fugger wieder nach Innsbruck. Am liebsten wäre er gleich weiter in den Süden geritten – dorthin, wo Venedig der ehemaligen Königin von Zypern ein Refugium zugewiesen hatte. Jakob kannte inzwischen viele Einzelheiten über Caterinas Aufenthaltsort. Sie herrschte über die Zweiburgenstadt Asolo und eine Handvoll kleiner Ortschaften in den Hügeln zwischen den Flüssen Brenta und Piave südöstlich des Gardasees. Auf diese Weise störte sie in Venedig nicht und stand dennoch unter der Kontrolle der Lagunenrepublik.
    Während des ganzen Weges nach Innsbruck überlegte Jakob, wie er es anstellen könnte, sie kennenzulernen. Doch dann nahmen ihn andere Probleme wieder gefangen. Bereits bei seiner Ankunft teilte ihm der Geschäftsführer der Faktorei seine Sorgen mit.
    »Nicht nur von Frankreich und den Niederlanden droht Maximilian ständig Gefahr, sondern auch von den Nachbarn in Bayern. Herzog Albrecht kümmert sich nicht darum, dass er der Schwager des Habsburgers ist. Er steht im Streit mit dem Schwäbischen Bund und hat nichts dagegen, dass Kaiser Friedrich  III . und Maximilian im Osten auch noch von den Ungarn eingekesselt werden.

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